HERBERT MAURER Industriegeographie Oberösterreichs Die Leistungsfähigkeit Oberösterreichs als Industrieland, das auf einer soliden agrarischen Grundlage ruht', die es einer günstigen natürlichen Gliederung wie auch dem Fleiß seiner Landbevöl kerung verdankt, wird am besten mit einem gesamtösterreichischen Vergleich charakterisiert. Obwohl unser Land nur 15,9 Prozent der österreichischen Bevöl kerung beherbergt (1961), ist es seinen Industriebetrieben gelungen, im Jahre 1962 22,2 Prozent des Brutto-Produktionswertes aller Industriebetriebe Österreichs zu erarbeiten-, nämlich rund 24 von 107,5 Milliarden Schilling. Während im Bericht der Handeskammer Oberösterreich für 1962® der Anteil der gesamten oberösterreichischen Wirt schaft (Land- und Forstwirtschaft, Ge werbe, Industrie, Handel, Fremdenver kehr usw.) an der österreichischen Güterproduktion auf 23 bis 24 Prozent geschätzt wird, liegt der oberösterrei chische Anteil am Gesamtexportwert bei 26 bis 27 Prozent; die Wirtschaft unse res Landes ist also besonders export orientiert. Der Exportanteil der oberösterreichischen Industrie, auf die allein sich unsere Untersuchung bezieht, be trug 1962 23,3 Prozent'. Ein Export anteil von mehr als 50 Prozent ergab sich unter anderem bei Kunststoffver arbeitungsmaschinen (100 Prozent!), Gablonzer Schmuckwaren, Fräs- und Schneidemaschinen, Bahnbaumaschinen, optischem Glas, Sensen, Brillenfassun gen, Ammonsulfat, Kalzium-Karbonat, Schweißaggregaten, Jagdwaffen (alle über 80 Prozent), bei Stahlblechen, Besteckwaren, Kompressoren, Zellwolle, Leinengarnen, Wälzlagern, Hohlglas, Nitromoncal und Verpackungsfolien (über 60 Prozent), ferner bei Druck-, Pack- und Schreibpapieren, Schnittholz und Zierkeramik (über 50 Prozent)®. Den Brutto-Produktionswerten nach stehen in der Gliederung nach Branchen (Fachverbänden) die Eisenhütten mit einem Gesamtumsatz von 5656 Millio nen Schilling 1962 an der Spitze® (die Angabe des Bruttoproduktionswertes fehlt hier leider in der Statistik), gefolgt von Chemie, Maschinenbau, Nahrungs und Genußmittelindustrie, Fahrzeug industrie, Nicht-Eisen-Metallindustrie, Papiererzeugung, Stein- und kerami scher Industrie (alle über 1000 Millionen Schilling). Den Exportwerten nach stehen Schwer industrie und Bergbau mit 2,922 Millio nen Schilling an der Spitze, gefolgt von Maschinenindustrie-Stahlbau, chemi scher Industrie, NE-Metallindustrie, Papier-Zellulose-Pappenindustrie (alle über 500 Millionen Schilling). Somit vertauschen beim Vergleich beider Rei hungen Chemie und Maschinenbau den zweiten und dritten Platz, während die Schwerindustrie auf jeden Fall die Spitze behauptet (fast dreimal soviel Export wert als die Maschinenindustrie, aller dings einschließlich des Bergbaues, beim Bruttoproduktionswert hingegen rund das Doppelte der Chemie). Die Nicht Eisen-Metallindustrie schiebt sich beim Export auf den vierten Platz vor die Nahrungsmittel- und Fahrzeugindustrie, während die Papierindustrie anstelle des siebten Platzes den fünften im Export einnimmt. Die Industriebetriebe Damit wären einleitend für unsere Betrachtung die wichtigsten Akzente gesetzt und es erhebt sich nun die wirt schaftsgeographisch entscheidende Frage, wo die Produktionsstätten dieser wich tigen Industriezweige liegen, die Ober österreichs Rang als Industrieland be gründen. Die beiliegende Karte vermittelt einen solchen Überblick, es sei aber in diesem Zusammenhang auch auf die Karten blätter des „Atlas von Oberösterreich" Nr. 15, 31 und 32 verwiesen". Auf beiliegender Karte wurden alle Indu striestandorte dargestellt, proportional der Zahl der Industriebeschäftigten. Dazu kommt in Kreissektorendarstel lung nach Bezirken die Aufteilung dieser Beschäftigten nach fünf Branchen- oder Fachverbandsgruppen in jedem der 18 Bezirke. Für die drei Stadtbezirke Linz, Wels und Steyr erübrigt sich also eine Standortdarstellung in Quadrat form. Auch der Flächeninhalt der Kreise ist proportional der Beschäftigtenzahl. Alle weiteren Darlegungen beruhen ebenso wie diese Kartendarstellung auf den für September 1962 gemeldeten Beschäftigtenzahlen der Betriebe, die der Industriesektion der oberösterreichi schen Handelskammer angehören, wobei aber Säge- und Filmindustrie (Fachver bände 9 und 8) sowie Gaswerke (Fach verband 23) außer Betracht blieben. Auch wurden nur die wirklich arbei tenden Betriebe gewertet. Schwierigkeiten ergaben sich auch bei mehrfacher Zugehörigkeit zu den einzelnen Fachverbänden (Branchen). In der Regel lag nur bei einem Teil der meist großen Betriebe eine branchenweise Aufteilung vor, etwa bei der VÖEST und bei STEYR-DAIMLER-PUCH. Hier wurde jede Branche als eigener Betrieb gezählt, ebenso dann, wenn bei mehreren Betriebs standorten getrennte Meldungen vorlagen. Die Zahl der Betriebe ist also in Wirk lichkeit etwas kleiner als 724, während der Tätigkeitsbericht der Handelskammer Oberösterreich für 1962 sogar wesentlich mehr aufweist, obwohl hier nur jeder Betrieb eirunal gezählt wurde'. Dagegen ergibt sich eine weitgehende Über einstimmung bei der Beschäftigtenzahl von 112.102, der im Kammerbericht für Sep tember 1962 zwar 115.893 gegenüberste hen, von welcher Zahl aber ca. 3700 Be schäftigte in Sägewerken, Gaswerken und zeitweise ruhenden Betrieben (was nur für Dezember mit etwas niedrigeren Zahlen ermittelt wurde) abzurechnen sind. Es ist also notwendig, die hier benützten Zahlen „cum grano salis" zu nehmen, da es nicht möglich und auch nicht tunlich gewesen wäre, etwa die Sägewerke zu berücksichti gen und darzustellen oder zur Gänze Groß betriebe nur einer bestimmten Fachgruppe (Branche, Fachverband) zuzuweisen oder einheitlich nur den Hauptstandort eines Betriebes zu berücksichtigen, obwohl ge trennte Beschäftigtenzahlen vorlagen. Zwergbetriebe, von denen keine Beschäf tigtenzahlen vorlagen, blieben ebenfalls unberücksichtigt und dies erklärt, warum die Differenz zum Handelskammerbericht bei der Zahl der Betriebe relativ viel größer ist als bei den praktisch gleichen Beschäftigtenzahlen, auf denen alle Berech nungen und Vergleiche im folgenden be ruhen. Schließlich muß auch noch darauf verwiesen werden, daß es Betriebe gibt, die trotz beträchtlicher Beschäftigtenzahl und maschineller Ausstattung zum Ge werbe zählen, doch sind eben statistische Unterlagen nur auf Grund formaler Zu ordnungen erfaßbar, so daß stets ein Rest bleiben wird, der eine kleine, tolerierbare Differenz zur Wirklichkeit darstellt. Die Verteilung der Industriebetriebe in Oberösterreich entspridit weder dem Extrem krasser Konzentration, wiewohl der Linzer Raum einen Ansatz dazu darstellt, noch dem anderen einer mehr gleichmäßigen Verteilung, was ja kaum je der Fall sein kann. Es handelt sich in Oberösterreich vielmehr um das Auf treten mehrerer Schwerpunkte und Schwerlinien, deren Dominanz aber durch Streuung kleinerer Standorte auch inmitten sonst vorwiegend agrarischer Gebiete gemildert wird. Unser Land ist also auch in diesem Fall ein Land der Mitte zwischen den Extremen. 58
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