Oberösterreich, 14. Jahrgang, Heft 3/4, 1964

Der eine Altarraum ist das Ziel des großen, durch die architektonischen Mittel im Innern sehr verkürzt wirkenden Raumes. Dort, wo das Licht sich sammelt in der östlichen Bucht des Raumes, steht der Altar fest und schwer mit Kreuz und Tabernakel als Opferstätte und Ort der Ver kündigung durch den nahe gerückten Predigtambo. Die Bank für die Liturgen umschließt rückwärts den Altarbereich, dessen Granitboden in einem Ornament aus lichteren Neuhauser und dunkleren Gebhartser Syenitplatten gehalten ist, und nur dieser Boden der Altarstelle wurde leicht überschliffen. Das etwas rauhere Material des Altares, des Predigtambos und der Lektorensäule bringt diese liturgischen Orte noch stärker zur Geltung. Der Grundriß des Altares ist quadratisch, die Altartischplatte mit 214 mal 214 Zentimeter Größe war ein besonders glücklicher Fund in jenem Steinbruch. In dieser Altarstelle ist die engste Verbindung zwischen Opferaltar und Ort der Verkündigung erreicht, die sinnvoll aus der Anlage der Altäre in der engen Verbindung zum gläubigen Volk erwächst, die aber auch, wie es in der liturgischen Konstitution des Zweiten Vatikanums ausgesprochen ist, eine theologische Begründung hat, die in der Entwicklung der Liturgie ihren Ausdruck findet. Auf dem Altar steht der Tabernakel — vielleicht ergibt sich als Folge des Konzils nun eine neue Möglichkeit für den Ort des Allerheiligsten — und dieser Tabernakel wurde von Friedrich Gebhart aus Frankfurt mit einem Kronenmotiv in Bronzeguß versehen mit auf gesetzten Bergkristallen. Hinter dem Altar steht das Prozessionskreuz, das beim festlichen Einzug des Priesters mitgetragen wird, eine Metallätzung, die dann matt ver chromt und deren Vertiefungen eingeschwärzt wurden, so daß das graphische Bild im wechselnden Licht des Tages auf schimmert. Der Linzer Künstler Rudolf Kolbitsch hat auch für die beiden Nebenaltäre Altarkreuze in derselben Technik als Stehkreuze geschaffen und ist einer Serienarbeit dadurch ausgewichen, indem er für den Hochaltar den triumphierenden Christus gestaltete, für die Beichtkapelle den sterbenden und für die Marienkapelle das vollbrachte Erlösungsopfer darstellte. Der Lektorenambo auf der Epistelseite steht gestalterisch in bewußtem Kontrast zum Verkündigungsort des Priesters. Der Altarraum wird flankiert von der Marien säule, die nicht aus statischen Gründen gleichzeitig die Seitenkoncha absondert und die Bewegung des Hauptraumes schließt. Sie trägt das spätgotische Schnitzwerk einer gekrönten Muttergottes mit dem Jesuskind und dokumentiert wie einige andere Werke in diesen Räumen den qualitativen Einklang verschiedener Epochen, der in diesen Fällen mit einer über raschenden Harmonie der Farben zusammengeht. Die Mutter gottes verhält auf einer den Menschen nahen Höhe. In der Seitenkoncha ist der Platz für die Orgel, deren Aufbau in Zusammenarbeit zwischen dem Architekten und der Orgelbauanstalt entwickelt wurde, und vor allem der für die Sänger, die an diesem Ort unmittelbar teilhaben am liturgischen Geschehen. Die Beichte hat ihren Ort in der geräumigen Beichtkapelle, die in dem niedrigen Verbindungstrakt zwischen Kirche und Sakristei gelegen und zum Kirchenhauptraum über die ganze Breite geöffnet ist. Durch sie geht der Priester aus der Sakristei in die Kirche. Nach Osten schwingt dieser Kapellen raum in eine Koncha aus, die ganz in Glas aufgelöst wurde. Rudolf Kolbitsch hat sie in leuchtendem Halbopakglas ge staltet zum Gedenken der Verklärung durch die Passion, die in den Randfeldern noch blutet. Die neue Ordnung des Lichtes und der reinen Farbe, die in diesem Fenster als Weg und Ziel sichtbar wird, ist aber auch ein Gleichnis des Bußsakraments. Die Außenwirkung dieses Fensters, das in der Glasmalereianstalt Schlierbach hergestellt wurde, bei Tag und bei Nacht muß besonders erwähnt werden. Das mystisch empfundene frühbarocke Holzbildwerk eines Gnadenstuhles, von Herrn Gustav Poll der Kirche geschenkt, erinnert den Menschen, daß er von jedem sinnlosen Irrweg umkehren kann, weil der Vater den verlorenen Sohn mit Freude auf nimmt. So ist der Ausdrucksgehalt des Fensters eben auch nicht nur Passion, sondern zugleich Ruhe, Friede und Freude. Deswegen ist es auch möglich, daß in der Weihnachtszeit die mittleren Zonen dieses abstrakten Fensters den Hinter grund für die Krippe von Prof. Walter Ritter bilden; die neue Krippe steht dann auf dem schlichten Tischaltar in dieser Koncha. Gebrannte Tonfiguren auf einem Ziegelaufbau werden die Engelsbotschaft verkünden, Epiphanie wird in der verhaltenen, königlichen Weise byzantinischer Prägung und die Weisen werden zur Anbetung kommen. In diesem Jahr wird die Krippe zum ersten Male die großen und kleinen Pfarrkinder erfreuen. Es läge nahe, von hier nun in die Sakristei zu gehen, um die liturgischen Gewänder von Schwester Augustina Flüeler in Stans zu sehen, die freilich erst in der Funktion in ihrer Bedeutung erkannt werden könnten, einfaches, würdiges Gewand des Priesters zu sein, mit dem die Gebärde ins Überpersönliche gehoben wird. Das geistlose Kopieren seit der Industrialisierung, das Verwenden billiger, geschmack loser Stoffe und die Erfindung eines liturgischen Dekors haben die kirchliche Textilkunst längst in den Abgrund geführt. Die Klosterwerkstätte in Stans am Vierwaldstätter See hat wieder Farbe, Wärme und Kostbarkeit für diese Textilien eingesetzt und im Rückgriff auf die casula romana dem Formenschwund der Kasel bis zur barocken Baßgeige ent gegengewirkt. Es ist selbstverständlich, daß solche Gewänder aus ehrlicher Gesinnung neu erarbeitet am ehesten mit den großen, im besten Sinn vereinfachenden Gedanken neuer Architektur übereinstimmen. Ähnliches muß über die vasa Sacra unserer Zeit gesagt werden. Hanns Angerbauer, Steyr, hat für die Pfarrkirche St. Theresia neue Ziborien mit zweck mäßiger und klarer Gesamtform geschaffen, vor allem auch eine Monstranz in Verbindung von Strahlen- und Scheiben form, in der die Lunula, ein kreisrund geschliffener Berg kristall, exzentrisch angeordnet ist und von der anderen Seite mit einem gleichgeformten Bergkristall verschlossen wird, mit dem die Hostie aber auch der Monstranz ent nommen werden kann. Nach beiden Seiten bietet die Monstranz den gleichen Anblick. Unser letzter Weg führt in die Marienkapelle, die zugleich Werktagskapelle ist, also Gottesdienstraum für die kleine Gemeinde der Wochentage und stiller Betraum; Raum persön licher Begegnung mit Gott, die ja die innere Voraussetzung für die sonntägliche Liturgiefeier der Gemeinde ist. Hier verweist die Schmerzensmutter auf den Umwandlungsprozeß im heiligen Meßopfer durch ihren Sohn. Am Ende steht im Fenster über dem Eingang das Bild der acht Seligkeiten, der Geist der Bergpredigt als Grundbedingung für die Teilhabe an der Verklärung Christi. Hier sollte einmal das theologische Konzept vorweggenommen werden. Es ist in der urtümlichen architektonischen Bewältigung leicht nachvollziehbar: Die silbergrauen Wände, die flache Betonrippendecke, der Boden und der plastisch geformte Blockaltar bilden eine Einheit. Durch die Verwendung von Mauthausner Granit für die Aufmauerung der Wände ist nach dem Willen des Initiators auch ein Mahnmal für die Leiden der Häftlinge im ehemaligen Konzentrationslager geschaffen worden. Das breite Fenster über dem Eingang hat Professor Georg Meistermann zum Thema der acht Seligkeiten gestaltet, die große Struktur des Fensters setzt das Gefüge der Wände fort, allerdings in goldgelben Tönen, in denen eingestreut blaugraue Gläser die Hinweise des Evangeliums in skizzierten Allegorien bringen. Korrespondierend zu diesem Fenster erscheint in dem kleinen Fensterausschnitt links vom Altar in der gleichen zeichnerischen Technik die Gestalt des verklärten Herrn. Auf 21

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