Oberösterreich, 14. Jahrgang, Heft 3/4, 1964

mäßig günstige Entwicklung der Landwirtschaft ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß nach wie vor auch im hochindustrialisierten Bundesland Oberösterreich die beiden tragenden Säulen unserer Volkswirtschaft einander in glück licher Weise ergänzen. Seit jeher spielten die agrarische Urpro duktion und der bäuerliche Bedarf an Geräten und Ver brauchsgütern für die gewerblich-industrielle Entwicklung in Oberösterreich eine maßgebliche Rolle — auch hinsichtlich der exportorientierten Erzeugung. Man denke — um nur zwei Beispiele zu nennen — an die seit Jahrhunderten im Gebiete um Steyr und im Ennstal ansässige Sensen- und Sichelindu strie oder an die gleichfalls vielhundertjährige Tradition der Mühlviertler Leinenweberei. Neben der landwirtschaftlichen Erzeugung waren es vor allem vier Faktoren, die schon in der frühen Zeit des Industrialismus die wirtschaftliche Entfal tung Oberösterreichs bestimmten: Die Salzvorkommen und der Holzreichtum des Alpengebietes, die Wasserkraft der aus dem Gebirge kommenden Bäche und Flußläufe sowie das Erz der benachbarten Steiermark. Zu diesen Grundlagen von der Rohstoffseite und der Energiedarbietung kam die günstige verkehrsgeographische Lage des Landes, insbesondere jene des oberösterreichischen Zentralraumes, die nunmehr auch in der jüngsten Vergangenheit die so umfassende industrielle Ex pansion bewirkte. So wurde etwa mit dem Blick auf die geplante Rhein-Main-Donau-Verbindung und ihren Schnitt punkt mit der kürzesten Transportlinie vom steirischen Erzberg die Linzer Schwerindustrie geschaffen. Linz wurde damit zum größten Donauhafen Österreichs und zu einem der um schlagreichsten Häfen an der gesamten schiffbaren Donau. Immer mehr zu einer Drehscheibe des Handels zwischen West und Ost wird die gleichfalls auf Grund der ver kehrsgeographischen Situation im Linzer Hafen unter Feder führung der Handelskammer Oberösterreich gemeinsam mit Stadt und Land geschaffene erste österreichische Zollfreizone. Andererseits bestimmte etwa die Wasserkraftnutzung des Inns den Standort der Aluminiumwerke in Ranshofen, während für den Ausbau der Lenzinger Chemiefaserproduktion die Nähe des Waldgürtels der Voralpen mit ausschlaggebend war. Es sind also naturbedingte Voraussetzungen, auf denen die dynamischen Schwerpunkte des Wachstums der oberösterrei chischen Wirtschaftspotenz und vor allem der Industrie in den letzten Jahrzehnten basierten. Der Beschäftigtenstand in der gewerblichen Wirtschaft des Bundeslandes erhöhte sich gegenüber dem Jahresdurchschnitt von 1935—37 einschließ lich der Selbständigen und mitarbeitenden Familienangehö rigen von 155.000 auf ca. 312.000 bzw. um mehr als 100 Pro zent. Charakteristisch für diese Zunahme ist die Steigerungs quote bei der Industrie, die nicht weniger als ca. 255 Prozent erreichte. Vor 25 Jahren verzeichneten die oberösterreichi schen Industriebetriebe einen Gesamtbeschäftigtenstand von 32.000 Menschen (inkl. E-Werke). Heute sind in ihren Unter nehmen, deren Zahl sich ebenfalls auf ein Mehrfaches er höhte, inklusive E-Werke 119.465 Beschäftigte tätig. Der oberösterreichische Anteil am gesamtösterreichischen Be schäftigtenstand beträgt ca. 18 Prozent, jener an der Produk tionsmenge rund 24 Prozent. Die Produktivität ist somit in Oberösterreich relativ hoch. Dieser erfreuliche Umstand ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß es sich bei einem Großteil der industriellen Anlagen um neue Einrichtungen handelt. Für die Struktur der oberösterreichischen Industrie ist die Aufgliederung der Beschäftigten nach den Rohstoffbasen ihrer Arbeitsstätten aufschlußreich. Demnach sind etwa 22,4 Pro zent der industriellen Arbeitnehmer Oberösterreichs in der Gruppe Kohle, Salz, Steine, Erden bzw. Bergbau, der Steinund keramischen sowie der chemischen Industrie beschäftigt, 43 Prozent entfallen auf die Eisen- und Metallerzeugung sowie -Verarbeitung, 15,1 Prozent auf die Verarbeitung des wichtigen Rohstoffes Holz und schließlich 19,5 Prozent auf die Veredelung von Produkten aus Pflanzenbau und Tier zucht. Die Bedeutung Oberösterreichs innerhalb der gesamt österreichischen Industrieproduktion ist aus folgender Auf stellung zu entnehmen (Daten von 1963): OberÖsterreichs Anteil an wichtigen österreichischen Industrieprodukten Roheisen 68,1 Roh-Kaolin 65,9 Rohstahl 56,5 Schnittholz 17,0 Stahlbleche 92,7 Zellulose 31,6 Stahlguß 23,9 Papier 28,3 Grauguß 30,3 Sudsalz 54,5 Wälzlager 92,0 Zucker 5,8 Traktoren 82,8 Bier 17,8 Lastkraftwagen 56,8 Kaffeemittel 46,9 Braunkohle 23,7 Baumwoll-, Bauxit 100,0 Zellwollgarne 13,4 Aluminium 78,0 Wollgarne 5,9 Aluminium- Leinengarne 48,3 Halbfabrikate 91,3 Baumwoll-, Zellwoll Stickstoffdüngemittel 100,0 gewebe 114 Zellwolle 100,0 Wollgewebe 26,3 Kohlensäure 18,3 Leinengewebe 39,9 Zement 17,2 Kunst- u. Naturseide Mauerziegel 26,0 gewebe 11,7 Dachziegel 17,0 Glühlampen 29,2 Asbestzementprodukte 100,0 Die Stromerzeugung wurde in der letzten vollständig vor liegenden Statistik 1963 für Oberösterreich mit 26,3 Prozent der gesamtösterreichischen Stromerzeugung ausgewiesen, das waren 4,058.929 MWh. Oberösterreichs Wirtschaft hat jedoch nicht nur eine Schlüs selstellung in der Produktion inne, sondern sie hat sich auch in zunehmendem Maße in den österreichischen Außenhandel eingeschaltet. Vor dem Kriege mit etwa 8 Prozent an der Aus fuhr beteiligt, erhöhte sich der Exportanteil 1963 auf mehr als 25 Prozent. Vom oberösterreichischen Exportwert, der 1963 rund 8,7 Milliarden Schilling erreichte, entfällt der Hauptanteil auf die Industrie. Oberösterreichs Industrieexportwert 1961 1955: 4,12 Mrd. S 1960: 6,75 Mrd. S 1962 1963 7,23 Mrd. S 7,64 Mrd.S 8,15 Mrd. S 100 Prozent der Produktion wurden 1963 z. B. exportiert bei Stahlwerksanlagen, Bahnbaumaschinen und bei KrollhaarVerarbeitungsmaschinen, 95 bei Schmuckwaren nach Gablonzer Art, 87 Prozent bei Jagdwaffen, 81 bei Stickstoffdüngemitteln, 80 bei Werkzeugmaschinen, 79 bei Elektro-Schweißaggregaten, 73 bei Stahlblechen, 70 bei Hohlglas, 68 bei Zell wolle, 64 bei Zellglasfolien, 60 bei Landmaschinen, 59 bei optischem Glas, 56 bei Kugellagern und Papier, 53 bei Lei nengarnen, 52 bei Schnittholz, 51 bei Aluminium-Halbfabri katen, 47 bei Asbestzementrohren, 42 bei Besteck- und Mes serwaren, 41 bei Kaolin, 39 bei Aluminium und Legierungen, 26 bei Lastkraftwagen, 25 bei Zellulose, 22 bei Traktoren, 19 bei Baumwoll- und Zellwollgarnen und bei Leder, 15 bei Pappe und 14 bei Baumwoll- und Zellwollgeweben. In zunehmendem Maße ist jedoch auch das oberösterreichi sche Gewerbe an der Exportentwicklung beteiligt. Die domi nierende Position haben hierbei die Erzeuger von Waren nach Gablonzer Art inne, die sich, soweit sie nach ihrer Ver treibung aus der alten Heimat nach 1945 nach Osterreich einwanderten, in der überwiegenden Mehrheit in Oberöster reich niedergelassen haben. Lediglich der Handelskammer 10

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2