Oberösterreich, 13. Jahrgang, Heft 3/4, 1963

Der bisher leider letzte Kontakt Pühringers mit dem Landes theater war die österreichische Erstaufführung des in Ham burg uraufgeführten Schauspiels „Abel Hradscheck und sein Weib" am 16. September 1955. Dieses grausig-düstere Charakterdrama voll erregender Spannung übte in der realistischen Inszenierung Rolf Schneiders einen tiefen Eindruck aus. Arthur Fischer-Co1bi'ie Arthur Fischer-Colbrie, 1895 in Linz geboren und in Linz lebend, vielfach preisgekrönter Dichter, Prof. h. c., ist einer der bedeutendsten und formgewandtesten Lyriker deutscher Zunge. Als Künder der Schönheit des Sternenhimmels ganz im Bann des berühmten Astronomen Johannes Kepler stehend, hat er diesem in seinem dramatischen Gedicht „Johannes Kepler" ein großartiges literarisches Denkmal gesetzt, in dem er sich als gottbegnadeter Dichter von edelster menschlicher Gesinnung erwies. Diese lyrisch dramatische Dichtung wurde im Linzer Landestheater am 22. November 1950 unter allen Anzeichen eines großen literarischen und gesellschaftlichen Ereignisses in Anwesen heit des Landeshauptmanns Dr. Gleißner und des Bürger meisters Dr. Koref uraufgeführt. Der Bruder des Dichters, der leider schon verstorbene, um das Linzer Theaterleben überaus verdiente Schauspieler, Regisseur und interimi stische Theaterleiter Kurt Fischer-Colbrie, war der Re gisseur der mit stärkstem Beifall aufgenommenen Urauf führung. Die dramatische Substanz dieses Sprachkunst werkes war zur Zeit seiner Uraufführung allerdings noch gering. Der Dichter hat jedoch das Drama durch einige wesentliche, dramatisch bewegte Bilder ergänzt und auch die anderen Szenen in ihrem dramaturgischen Aufbau ver bessert, so daß das Manko der geringen dramatischen Substanz in der Buchausgabe von 1960 weitgehend behoben ist. Es wäre eine Ehrenpflicht des Linzer Theaters, diese Neufassung des Kepler-Dramas aufzuführen, vielleicht an läßlich der beabsichtigten Aufstellung eines Kepler-Denkmals, das an den vierzehnjährigen Aufenthalt dieses großen Mannes in Linz erinnern soll. Karl Peter Heiser Der 1903 in Linz geborene Karl Peter Heiser wurde nach dem Besuch des Gymnasiums Schauspieler, Theaterdirektor und dramatischer Schriftsteller. Er lebt derzeit in Maria Schmölln im Innviertel. Von seinen dramatischen Arbeiten fand eine den Weg auf die Bühne seiner Vaterstadt: „Der neue Herr" (Uraufführung in Frankfurt am Main, Öster reichische Erstaufführung in Linz am 18. März 1952). Dieser humorvoll-menschlichen Komödie aus dem russischen Milieu des vorigen Jahrhunderts wurde in Linz unter der Regie des Autors eine vorzügliche, mit reichem Beifall bedachte Bühnenwiedergabe zuteil. Rudolf Bayr Dr. Rudolf Bayr, 1919 in Linz geboren, preisgekrönter Burgtheaterautor, lebt derzeit in Salzburg. Von seiner dramatischen Produktion, aus der besonders die Nach dichtungen antiker Dramen hervorragen, kam in Linz bisher nur eine unbedeutende Komödie auf die Bühne: „Die Liebe der Andrea" (Uraufführung in den Kammer spielen am 12. Mai 1954). Dieses das Sappho-Problem in einer modernen Auffassung behandelnde Stück fand bei der Kritik wenig Anklang. Das Linzer Publikum zollte ziemlich starken Achtungsbeifall, der sich allerdings mehr auf die Leistungen der von Alfred Stögmüller geführten Darsteller bezog. Kurt Klinger Der jüngste unter den bisher im Linzer Theater aufge führten in Oberösterreich geborenen Dramatikern, Kurt Klinger, wurde 1928 in Linz geboren und lebt nach um fangreichen Studien in Linz, Wien und Rom derzeit als Dramaturg in Düsseldorf. Auf dem Gebiet der Dichtung konnte er als Lyriker eine echte Begabung nachweisen. Seine dramatischen Arbeiten hatten jedoch bisher nicht viel Erfolg. Eines seiner Stücke, „Odysseus muß wieder reisen", wurde am 4. Oktober 1954 in den Linzer Kammer spielen uraufgeführt. Es ist ein von Sturm und Drang er füllter, nicht von Homer, sondern von den modernen französischen Dramatikern beeinflußter, unausgegorener literarischer Versuch, dessen Knalleffekte (Odysseus schießt mit dem Revolver auf seinen Sohn) nicht dramatisch, sondern lächerlich wirken. Die Kritiker waren ziemlich einmütig in der Ablehnung des Stückes. Das Publikum aber honorierte die gute, auf die Intentionen des Autors einge hende Bühnenwiedergabe unter der Regie Alfred Stög müllers mit freundlichem Beifall. Karl Wiesinger Karl Wiesinger wurde 1923 in Linz geboren, erlernte den Beruf eines Dentisten, ist aber seit Jahren schon als freier Schriftsteller tätig. Er war einer der Gründer des Linzer Kellertheaters. Seine ersten dramatischen Arbeiten wurden in Linz (Kellertheater), Wien und Köln gespielt. Am Lan destheater hatte er seine erste Uraufführung während der Ära Schroer in den Kammerspielen am 26. Oktober 1959, wobei das Stück mit dem unglücklich gewählten Titel „X tritt 3= 0" herausgebracht wurde. Die vortreffliche Spielleitung des in Linz geborenen, in Wien als Regisseur bekannt gewordenen Edwin Zbonek und die gute Dar stellung konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß Wie singers Bühnenwerk nur ein im wesentlichen kalt lassendes, auswegloses Hirngespinst ist und kein aufrüttelndes Drama, wie es sich der Autor vorstellte. Eine zweite Wiesinger-Premiere fand am 16. Dezember 1960 in den Linzer Kammerspielen statt, wobei die Neu fassung eines bereits in Wien und Köln gespielten Stückes namens „Gras für Büffel" uraufgeführt wurde. Auch diesem Bühnenwerk, in dem mit untauglichen Mitteln versucht wird, das Problem der Weißen in Afrika bühnenmäßig darzustellen und zu lösen, blieb der Erfolg in Linz (ebenso wie in Wien und Köln) versagt. * So bleibt also nichts übrig, als zu hoffen, daß bald einem Bühnenstück eines oberösterreichischen Dramatikers auf dem Linzer Theater ein ähnlicher Erfolg beschieden sein möge wie manchen Dramen von Bahr, Schwayer, Ortner und Billinger. 71

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