Oberösterreich, 13. Jahrgang, Heft 3/4, 1963

Weißen Gans" benannter Einkehrgasthof wurde. Hoch über dem Bogen seines Renaissanceportals trägt dieses Haus eine Gedenktafel, die an die Linzer Aufenthalte Kaiser Josephs II. erinnert. Da stelle ich mir das lebhafte Treiben vor, das auf dem Hofberg herrschte, als gegen Abend jenes Oktobertages vor dem genannten Gasthof, in dem Joseph II. schon drei Jahre zuvor übernachtet hatte, der kaiserliche Wagen angefahren kam. Und ich male mir aus, daß noch zu mitternächtlicher Stunde aus zwei Fenstern des Hauses gedämpfter Lampenschein in das Dunkel der still gewordenen Gasse fiel, ist es doch überliefert, daß der Kaiser lange Uber den Schriften wachte, die ihm sogleich nach seiner Ankunft der Postmeister in drei großen Bündeln überbracht hatte. Am nächsten Vormittag standen die Linzer in den Straßen der Stadt Spalier, denn wie ein Lauffeuer hatte sich die Kunde verbreitet, daß der hohe Gast eine Besich tigungsfahrt unternehme. Und am Nachmittag standen sie noch immer Spalier, um ihren Kaiser zu g'-üßen, der später, als es vorgesehen war, von dieser Ausfahrt zurückkehrte. Denn lange hatte er im Lazarett In der Unteren Vorstadt gewellt, um den Kranken ermunternden Zuspruch und tröstliche Gaben zu schenken, und auch in das Überschwem mungsgebiet bei der LudI (dem nachmals versandeten Überrest einstiger Donauarme) hatte er sich führen lassen, um zu sehen, wie er dort der Not steuern könne. So begann der herbstliche Tag schon zu dämmern, als der Kaiser an der späten Mittagstafel saß, indessen vor dem Hause viele Bittsteller warteten, um empfangen zu werden. Nachdem er am nächsten Vormittag noch den Domkustos zu sich be schieden und ihm eine reiche Spende für die Stadtarmen übergeben hatte, trat er zum letzten Male aus dem Tor seines Linzer Quartiers, um den Reisewagen zu besteigen, der zur Fahrt nach Steyr bereit stand. Der alte, durch den Kaiserbesuch ausgezeichnete Gasthof ist schon seit längerem aufgelassen, während das gegenüber liegende Prachthaus, In seiner Neugestalt ein Werk des heimischen Barockbaumeisters Johann Michael Prunner, der hier gewohnt hat und auch hier gestorben ist, als Hotel „Zur Goldenen Krone" noch immer manchem Besucher der Landeshauptstadt zur stimmungsvollen Alt-Linzer Herberge wird. Als ich meine Wanderung fortsetzte, wurde mir wieder so recht bewußt, daß zu den größten Zierden des alten Stadtkerns die beiden Bauten gehören, die am Beginn des schluchtartig verengten, steil ansteigenden Wegstückes stehen, mit dem die Hofgasse die Höhe des Schlosses erreicht. Das eine dieser beiden Gebäude ist das Stammhaus der Apotheke „Zum Schwarzen Adler", die dort schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts bestand und erst 1850 in das Schlägler Stiftshaus an der inneren Landstraße übertragen wurde. Es bedeutet mir immer eine Augen- und Herzens weide, dieses Alt-Linzer Apothekerhaus zu betrachten, das mit seinen vornehm wirkenden, die Fassade harmonisch gliedernden Pilastern, seinen wohlgefälligen, durch Engels köpfe und Blumengewinde plastisch bereicherten Fensterbekrönungen, mit dem melodischen Schwung seines Eck rondells und schließlich mit seiner traulich anmutenden, zum prachtvollen Portal aufsteigenden Freitreppe ein ge müterfreuendes Bild ergibt. Es hat ein würdevolles Gegen über in dem kunstreichen Renaissancebau, der nach seinem einstigen Besitzer und Erneuerer Dietmar von Losenstein, dem Bauherrn des Linzer Landhauses, Losensteinerhaus genannt wird. Das schöne Wahrzeichen dieses Altstadthauses, dem die imposanten, plastisch umrahmten Fensterreihen des zweiten Geschosses eine monumentale Wirkung geben, ist der wappengeschmückte, auf einer Granitmuschel ruhende J.M.Monsorno (1768-1836), Südterrassc des Linzer Schlos ses, Ac[uarell im Schloß Art stetten.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2