Oberösterreich, 13. Jahrgang, Heft 1/2, 1963

1,5 km östlich desselben an einem 9 km langen, zur Erbauung gelangenden Kanal, der das von der Enns her „umgeleitete" Triebwasser zuführt und nach der Nutzung nicht mehr ins Ennsbett zurück, sondern direkt in die Donau leitet. Bildlich genommen ist der Kanal die Sehne eines Kre isbogens, der von der Enns und der Donau gebi ldet wird, und e r kürzt daher den Weg des Wassers. Der Bau der An - lage erfo lgt in fünf Bauabschnitten, die entlang einer 12 km lang en Linie li egen, we lche sich im allgemeinen von Süden gegen Nord-Nordost erstreckt. Die beiden oberen Bauabschnitte bilden das Wehr und den Stauraum. Die Wehranlage wird 6 km flußabwärts vom bestehenden Werk Mühlrading bei der kleinen niederösterreichischen Ortschaft Thurnsdorf errichtet. Sie staut die Enns 10 m hoch auf und bildet dadurch den Stausee, der flußaufwärts bis Mühlrading reichen wird . Weil das gestaute Wasser über das tiefliegende rechte Flußufer au,streten wü rde, ist zur rechtsufrigen Begrenzung des Stausees der Bau eines 2,5 km langen Staudammes erforderlich, der nach der in der Nähe liegenden Ortschaft ,,Rub ringer Damm" benannt wird . Weiter w ird in der Verläng e rung des Wehres zwischen dem Wehr und dem linken Hochufer der Enns ein ca . 400 m lang er Damm gebaut, der als „ Audamm" bezeichnet wird und den Abschluß des Tales gegen Norden bewirkt. Die 4 Wehröffnungen von je 14 m lichte Weite werden durch hydraulisch bewegte Segmentschützen ve rschlossen. In die rechte Wehrwange gelangt ein Rohrturbinen-Maschinensatz von 860 kW Leistung zur Aufstellung, der das an das Altbett abzugebende Pfli chtwasser (im Sommer 10 m3/ s, im Winter 5 m' / s) abzuarbeiten hat. Sowohl der Betrieb der Wehranlage als auch der des Wehrkraftwerkes wird vo llautoma - tisiert sein und von der Warte des 7 km entfernten Kraft - hauses ferngesteuert werden . Der Bau der ganzen Wehranlage erfo lgt in e iner einzigen Baugrube . Sie ist ennssei tig mit einem Kastenfangdamm und ober- und unterstromig mit je einem Spundwandfangdamm umschlossen . Die Erstellung dieser großen Baug rube ist durch eine ca . 300 m lange Umleitung der Enns e rmöglicht wo rd en, die Ende Jänner dieses Jahres, gerade zur Ze it des größten Frostes, vo rgenommen werden mußte. Der dazu notwendige Bau der vo re rwähn t en Fangdämme quer durch die Enns sowie des Umleitungsgerinnes stellte an die Arbeiterschaft überaus hohe Anforderungen . Die Arbeit stand nämlich unter Zeitdruck und mußte bei strengstem Frost Tag und Nacht sowie auch an Sonn- und Fe iertagen durchgeführt werden. Um einen Begriff von ihrer Schwierigkeit zu geben, sei erwähnt , daß damals der Boden bis zu e iner Tiefe von 1,5 m gefroren war . Für die Verbindung des linken, neu geschaffenen Ufers mit dem rechten wurde über das Umleitungsgerinne eine auch mit schw eren Fahrzeugen befahrbare Brücke gebaut. Ober - halb des Umlei tungsg er in nes wi rd das linke Ennsufer korrigiert, damit eventuell auftretende Hochwässer möglichst günstig abgefü hrt we rd en . Die Betonierungen hab en in der Wehrbaugrube End e März dieses Jahres begonnen. Die b e iden vorerwähnten Staudämme bestehen aus verfestigtem Kies und werden mit Asphaltbeton, der am Fuße des Dammes an e in e Betondichtungsschürze anschließt, ausgekleidet. Wehr und Krafthaus sind auf Schlier zu gründen, we lche r im a llgeme inen a ls wasserundurchlässiger, guter Baugrund anzusprechen ist. Gegen Feuchtigkeitsschwankungen und Frosteinwirkungen ist er allerdings sehr empfindliich, und deshalb muß die größte Sorgfalt beim Aushub angewendet werden . Di e Fundamentsohle darf dabei nur in kleinen Abschnitten f,reigelegt werden , und sie ist innerhal b weniger Stunden mit Spritzbeton wieder zu verschli eßen, damit die schädliche Austrocknung durch Luftzutritt oder die Einwirkung von Feuchtigkeit verhinder t wird . An das Wehr schließt in nordöstlicher Richtung der 7 km lang e Bauabschnitt „Obe rwasserkanal " an . Eine breite Einflußöffnung am recht e n Ufer des Stausees knapp vor dem Wehr bildet die Pforte, du rch die das Wasser in den Kana l einströmt. Folg ende Ang aben mögen die erheblichen Dimensionen d e s Bauw erkes erkennen lassen: Der Kana l wird für e inen maximalen Durchfluß von 340 m3/ s gebaut, und das ist mehr als die Hä lf te der mittleren Niederwasserführung der Donau bei Lin z:, die ca . 570 m3/ s beträgt. Im Jahresdurchschnitt wird der Kanal von 5400 Mill . m3/ s durchflossen werden, und das sind vier Fünftel der normalen Jahreswasserfracht der Enns . Die Bauarbeiten laufen hi er auf vo ll en Touren , und die modernsten Großgeräte sind für die Bewegung der eno rmen Mengen von Kies und Bodenmaterial eingesetzt. Die Dämme des Kana les bestehen so wie die beiden Staudämme am Stausee aus verfestig t em Kies. An der Wasserseit e wi rd das ganze Profil mit Asphaltbeton ausgek leidet, was eine seh r so rgfältig e Arbeit bedingt . De r Bauabschnitt Krafthaus liegt knapp südöstlich der Bundesbahnhaltestelle St. Pan taleon an d er Steilstufe des Geländes . Die Krafthausbaugrube ist von eine r 617 m langen Spundwand umschlossen und besitzt ein Flächenausmaß von ca . 2,4 ha . Bisher wurden aus ihr 150.000 m3 Kies und 20.000 m3 Sch li er ausgehoben . Eine Betonfabrik (Voegeleturm) wurde an ihrem Rande errichtet und besitzt eine Stundenleistung von 60 m3 . Eine vor drei Jahren erbaute große Kiesaufbereitungsanlage, welche schon seinerzeit die Kraft - hausbaustelle Losenstein mit den Betonzuschlagstoffen versorgte und den Aushub aus dem Unterwasserkanal und aus der Baugrube ration e ll verarbeitet , steht für eine wir tschaft - liche Betonerzeugung zur Verfügung. Di e Betonierung des Krafthaustiefbaues wurde am 15. Februar begonnen und schreitet zügig voran . Der Krafthaushochbau ist e in e zwi - schen massiven Baut eilen eingefügte Stahlkonstruktion. Im Krafthaus St. Pantaleon gelangen zwei gleich große KaplanMaschinensätze von je 25.000 kW Leistung zur Aufstellung , von we lch en einer Einphasenstrom (162/J Hz) für Zugförderungszwecke der Bundesbahnen erzeugen wird, während der zweite so wie a ll e übrigen Ennskraftwerke Drehstrom (50 Hz) für die Allg emeinverso rgung zu produzieren hat. Sowohl die beiden Transformatoren als auch die für Ein - phasenstrom und Drehstrom getrennt angeordneten 110-kVSchaltanlagen gelangen in Innenräumen des Krafthauses zur Aufstellung. Den fünften und letzten Bauabschnitt bildet der Unterwasserkanal, der aber bereits zu 80 Prozent im Zuge der für das Werk geleisteten Vo rarbeiten ausgehoben w orden ist . Desgleichen wurden auch die acht Brücken über den Kanal größtenteils bereits im Zuge der Vora rbeiten gebaut. Zur Erhaltung eines ständigen Wasserspiegels im Weich - bilde der Stadt Enns und zum Schutze der Brückenpfeiler der Ennsbrücke wird nach der Inbetriebsetzung des We rkes im Ennsbett unterhalb der Eisenbahnbrücke ein Hilfswehr errichtet werden, das einen 1,5 km lang en Stausee schafft. Die landseitigen Böschungen d es Oberwasserkanales und di e Böschung en des Unterwasserkanales werden einen Bewuchs von geeigneten Gräsern und Sträuchern erhalten, um sie in das Landschaftsbild gut einzufügen . Zur Zeit sind 360 Arbeiter beim Kraftwerksbau St. Pantaleon tätig, und im Sommer dieses Jahres werden 500 erforderlich sein. Das Bauvo lumen umfaßt 2,5 Mill . m3 Erdbewegungen, an Beton gelangen 105.000 m3 zum Einbau und an Asphalt - dichtungsschalen insgesamt 350.000 m' , von welchen 290 .000 m' auf den Oberwasserkanal und 60.000 m2 auf die beiden Staudämme e ntfallen. Das Werk St. Pantaleon wi rd im Mai 1965 den Betrieb aufnehmen und die österreichische Elektrizitätswirtschaft um eine sehr wirtschaft liche, moderne und im Hinblick auf die Haupt verbrauchsgebiete ideal gelegene Energiequelle bereichern . Hartmann 53

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2