Oberösterreich, 13. Jahrgang, Heft 1/2, 1963

Teil der Kun stfreudigkei t und dem :Mäzenatentum. der Abte. v\/as d er K a ise r im großen als Kunstförderer und Kunstsammler war, woll te der barocke Abt in seinem kleinen Rei che sein . Ivletropolitane oder imperia le Maßstäbe dürfen wir natürlich an die Stiftssammlungen nicht anlegen, aber in der Geschlossenheit des Bewahrten, in der gewachsenen Vielseitigkeit der Bestände, im universalen Konzept sind sie der gleichen Idee der Repräsen tation , einer in Kremsmünster sehr starken H austradition und den Bedürfnissen des Kultus en tsprungen . Mag ma nches andere Stift im einzelnen K remsmünster übertreffen , so ist doch eine gewisse Allseitigkeit hi er bemerkenswert. Kunsth istorisches, Naturhistorisches Museum, Geistliche und v\/eJtliche Schatzkammer, Nationalbib li othek und Staatsarchiv in 1!\fien haben ihre bescheidenen Gegenstücke in Kremsmünster : Kunst-, Rüst- und J agdkammer, Münzen -, Spitzen- und Texti l- , Kupferstichsammlung, Stiftsbibliothek mit der H andschriftenabteilung, Stiftsarchiv; in der Sternwarte, dem barocken H ochhaus: das geologische, paläontologische, physikalische, minera logische, zoologische, a nthropologische (Volkskunde) Kabinett, das neu aufgeste ll te astronomische l\!Iuseum im a l ten Beobachtungssaal. Bemerkenswert ist in Kremsmünster die Ve rwendung des Alten zum festli chen Gebrauch . Es ist zum T eil kein eswegs reines Museumsstü ck. Abgesehen von der (nicht zugänglichen ) sogenannten „Schatzkammer" , a us der neun Zehntel der Stücke während d es Kirchenjahres noch in li turgischem Gebrauch stehen : Aus dem Codex Millenarius - so al t wie das R eichsevangelia r und im Tex t noch ehrwü rdiger - wird einmal im J ahr, am Todestag des bayrischen Gründerherzogs Tassilo, das Evangelium ges ungen ; die Stiftungsurkunde von 777 gewinnt in feie rlicher Tischl es ung neues Leb en; der Tas ·ilokelch , aus dem auch der Abt gewählt wird , steht am „S tiftertag" symbolisch für Tassi lo im R efektorium beim Mah le ; di e Tassiloleuchter sind an diesem T age in liturgische r Verwendung; drei a lte R enaissancePoka le, die sonst a ls Zimelien in der Vitrine stehen, repräsentieren seit J a hrhunderten an Epiphan ie, gefü ll t mit köst li chem "\!\fein, di e H eiligen Drei Könige ; aus zinnernem K elch der gleichen Sammlung wird zu 1!\feihnachten der geweihte Johannes-\t\/e in den Gläubigen kredenz t usw. J a, got i ehe Tafelbilder und Statuen sind wieder in die Kirche, auf den Altar zurückgekehrt, ebenso barocke Altarbil der wieder an ihren ursprünglichen Pla tz in den Pfarreien. Doch das Benediktinerkloster ist keineswegs eine absolute l\!Iona rchie. Es hat auch ein e „Verfassung" . 1\/Ianche geistliche und welt liche Dinge muß der Abt, ma nche kann er der Gesamtheit der M itbrüder, dem K apite l, zur Bera tung und Besch lußfassung vorlegen . Für die V erwaltung d es Klosters und d ie Betreuung gewisser Spa rten ernennt der Abt „Offizia le" . So auch neben Zellerar (Wirtschaftsdirektor), Forstmeister, Rentmeister, Gymnasia l- , Konvikts-, Sternwartedirektor, Kustoden für di e Kirche, die Bib liothek, das Archiv, die Sammlungen. l\!Ieist muß der Mönch diese Sorge zu anderen Aufgaben , etwa a ls Professor am Stiftsgymnasium, noch übernehmen . Die Gedanken zu den Sammlungen wären unvoll ständig, wenn wir nicht der Leistungen di eser Mönche gedenken würden. Es ist ni cht leich t ausz usagen, wie in einer wunderbaren Kontinuität hier gesammel t, geordnet, wissenschaftlich am Materia l gearbeitet wird; wie ein R äd chen ins 38 a ndere greift und in brüde rli cher Gemeinscha ft Neues und Al tes bewahrt wird. ,,Unser H a us" ist ein e Wirklichkeit, wie sie nur in den Stiften in Erscheinung tritt, weil hier ein persön lichstes Verhältnis zu den Personen und Dingen, zur zeitlosen Tradition des Klosters herrsch t. Keine weltliche Gemeinschaft, seien es adelige Familie, Staat, Gemeind e oder sonst eine Gesell scha ft, kann gleiches a ufweisen! Einer legt das \t\/erkzeug oder die Feder hin , we il ihn Gott zu sich ruft, und weiß doch im Letzten, daß sie sein Iv1itbruder im gleichen Sinn , modern er vielleicht, abe r doch in der gleichen L iebe zum geistli chen Va terhaus, wieder aufö immt . Es gib t keine Erbteilungen, nur ein Bewahren . Freili ch auch Verluste, seien es frühere „Aderlässe" der ka ise r.li chen La ndesherren , sei es die v\/irtschaftsnot zwischen den beid en \t\leltkriegen. Verluste, die noch heute schmerzlich empfu nden werden . Nich t weil Gold oder Silb er oder ein Kun stwerk verlorengingen, sondern we il ein Stück des von den Vorfa hren Anvertrauten prei gegeben we rd en muß te. Auch das müssen wi r noch hinzufügen: Seit mehr a ls einem J ahrhundert sind a uch denkma lpAegerische Aspekte , bevor es noch eine staatliche Denkmalpflege gegebe n hat, maßgebend gewesen. Vieles a us den Pfarreien - wenn auch leider nicht a lles - hat sich so du rch die bewahrende Kraft des Klosters bis heu te erh a lten . Es ist j a auch ni cht g le ichgül tig, ob sich zum Beispiel der Tassi lokelch , di e Tass il oleuchter, der Codex Mill enarius am Ort seiner Bestimmung oder in einem staatlichen ~{useum „befinden " . Hier „ lebt" all es noch , hat Sinn und Funktion , ist zum T eil hier „gewachsen", dor t wird es - wenn auch viell eich t glä nzende r und repräsentativer - ,, bewahrt", kon serviert . Doch sei gleich hi er mit großem Dank vermerkt , welch tiefes Verständnis für di e ganz anderen Belange ein er Stiftssamm lung gerade bei den Damen und H erren der staatli chen Museen, der Denkmalp fl ege und des Landesmuseums heute herrscht und wie sehr sie uns - hier sei besonders der R estaurierwerkstätte des Oberösterreichi schen La ndesmuseums und der Unterstützung des Kun sthistorischen Museums gedac h t - einfühl end, beratend und tätig geholfen ha ben und helfen! Ferner ist für die Sammlungen in Kremsmünster a uch die a lte Schul e des Gymn asiums - in dieser Form seit 154-9 - zu berücksich tigen . K aum eine Lehranstalt wird solches Schulungs- und Anschauungsmater ia l für Religion , Geschich te, Kunst- und Naturgeschichte, Physik, Astronomie in di eser Fülle zur H a nd haben, heraufgeführt bis zu den durcha us noch nicht musealen Beständen der modern en Atomph ys ik. Bei a ller Liebe zum H a us, d as sei am Sch lu ß dieser Gedanken wieder betont: Dieses kleine Reich geistlich-weltlicher Art, wie sich das Stift, mit einer gar nicht so unbedeutenden wirtschaftlichen K apazität, darstell t, ist nicht Selbstzweck. Es soll dem großen R eich der Kirche, hier an diesem Pl atz in Europa, im Lande Oberösterreich dienen. Daß es damit auch dem Va terl ande Österreich dient, ist selbstverständli ch. Nicht nur im Hinblick auf eine zum Teil große Vergan - genhei t von fast 1200 J a hren ; auch heute noch. Denn Seelso rge in Pfarrei und Schule, huma nistische Erziehung junger Menschen zu echten Christen, Mitarbeit a n der christlichen Ku ltur und \t\/i ssenscha ft werden zwa r vo n den Bened iktinern in erster Lini e a ls Gottesdienst a ufgefaßt, sind abe r auch Dienst am Vaterlande Österreich .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2