Oberösterreich, 13. Jahrgang, Heft 1/2, 1963

Jubiläen bieten immer wieder die unschätzbare Mögli chkeit, di e Radi en großer E reigni sse in d er Erinnerung bewußt noch einma l ausz uschreiten. Da nn tut sich di e T iefe der Vergangenheit unbehelligt von zei tlichen Verflec htungen p lötz li ch kl arer und deut licher a ls j e auf und aus dem E rl ebn is der Tradition wächst d ie Kraft für eine eigene erfiillte Gegenwart. Die Stadt Gmunden geden kt in diesem J a hr 1963 ei nes Dich te rs, der vor 150 .Ja hren gebo ren wurde und vor 100 J ahren gestorben ist. Ein ha lbes .Ja hrhund er t war ih m a n mensch li cher Zeit zugemesse n, um ein umfassendes VVerk zu vo ll enden. Als Friedrich Hebbe l am 18. März 1813 in Wesse lburen gebor en wurde, deutete ni chts darauf hin , daß ihn j ema ls eine wie immer gear tete Bin dung an Österreich fesse ln würde. Er begann sein Leben in sehr dürftigen Verhäl tnissen, und d ie ersten dreißig J a hre sein es Lebens waren stets von mehr oder weniger großen wir tschaftlichen Sch,vierigkeiten überschattet. Seinem mühsamen Aufstieg blieb kein e Not erspart, wenn auch - und das kennzeichnet im besonderen Hebbels inneres geistiges Wese n - kein e der Demütigungen und keine der bitteren Erfahrungen imstande war, sein Konzept zu ve rschieben und das Z iel zu verdunkeln. ,, ... Ebenfall s fühl' • ich mich j etzt vom Innersten heraus zum Dichter bestimmt", lesen wir in einer Tagebucheintragung des 3 1. Dezember 1836, und weiter das ern sthafte Bekenntn is: ,, ... denn das Ze ugni s, mich r edli ch um den höchsten Maßstab bemüht und diesen streng a n die Dokumente meines poetischen Schaffens gelegt zu haben, darf ich mir geben. Die Kunst ist das einzige Medium, wodurch Welt, Leben und Natur Eingang zu mir finden; ich habe in d ieser ernsten Stunde nich ts zu b itten, a ls daß es mir durch e in z u h a rt es Schicksa l nicht unmö g li c h gemac h t werden möchte, di e Kräfte, die ich für sie in meiner Brust vermute, hervorzukehren! " Viell eicht ist di eser schlichte Satz im Tagebuch des Dichters ein Schl üssel zu seinem ganzen Wesen. Hier zeigt sich nämli ch der tragische Konflikt seines Lebens: die qua lvo ll e Auseina nd ersetzung mit den widerwärtigsten ä ußeren Umständen , der ständige Kampf gegen d ie Not, gegen die E rschwernisse einer mangelnden und verspäteten Schul - bildung, gegen Unverständni s j eglicher Art. Aber gerade diese persön liche, unablässig aufwühlende Dramatik im menschli chen Leben hat Hebbel den \!Veg in di e künstler ische Analogie gewiesen : zum T heate r, zum Drama. 2 ELFRIEDE PRILLINGER Große Erinnerungen einer kleinen Stadt H ebbel und Brahms 111 Gmunden Fotos : H. C. Pr illi ngcr Auch wenn man H ebbels Gedi chte liest, drängt sich d ie - wah rscheinlich unbewußte - dramat ische Kraft vor; selbst in den lyrischesten Momenten lassen die Verse keinen Zweifel darüber, daß Hebbels wahre Berufung und Bedeu tung im Drama liegt. Der Grund hi efür mag woh l wirklich zum größten Teil in dem gigantischen Lebenskampf zu suchen sei n, d en de r Dich ter als Mensch durchzufechten hatte. In übertragenem Sinn hat Hebbel dies wa hrscheinlich selbst so emp funden , denn in seinen Tagebüchern finden wir d ie bezeichnende Stell e: ,, ... E ine E rfahrung von Bedeutung gla ube ich über mich ... gemacht zu haben, näm.lich die , daß es m ir durchaus unmögli ch ist, etwas zu schreiben, was sich nicht wirkli ch mit mein em geistigen Leben aufs innigste ve rkettet ... "

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