Oberösterreich, 12. Jahrgang, Heft 1/2, 1962

Der gegenwörtige Stond des Ennsousbflues Vor kurzem konnte die Ennskraftwerke-AG einen bemerkenswerten Produktionserfolg verzeichnen, denn am 7. April d. J. hatte die aus den modernen Großkraftwerken Mühlrading, Staning, Rosenau, Ternberg und Groß raming bestehende Werksgruppe seit ihrem Bestehen geradeaus 9 Milliarden kWh erzeugt. Hätte man die gleiche Energiemenge in Dampfkraftwerken auf Basis der heimischen Braunkohle produzieren wollen, so wären 10,3 Millionen Tonnen Kohle notwendig ge wesen, und zu ihrer Förderung nach den jetzi gen durchschnittlichen Schichtleistungen rund 6 Millionen Arbeitsschichten. Die mittlere Jahreserzeugung der Ennskraftwerke-AG von 826 Millionen kWh erfuhr eben eine Erhöhung um 166 Millionen kW, weil die sechste Kraftstufe des Unternehmens, das ist das seit Herbst 1958 in Bau befind liche Werk Losenstein, am 30. Juni 1962 mit seinem ersten Maschinensatz den Betrieb auf genommen hat. Losenstein ist, wie die bis her an der unteren Enns erbauten Anlagen, hinsichtlich der Type den Niederdruck-Flußstaukraftwerken zuzurechnen. Der Bau wurde bei einem durchschnittlichen Einsatz von 500 Arbeitern und unter Ver wendung eines großen, modernen Maschinen parks zeitlich und örtlich in drei Abschnitten bewerkstelligt. Gegenwärtig bilden in Losenstein die Mon tagearbeiten den Schwerpunkt der Tätigkeit. Das beigegebene Bild zeigt eine interessante Montagephase, und zwar die am 3. März 1962 vorgenommene Einbringung des Laufrades der Turbine I, das einen Durchmesser von 4,5 Metern und ein Gewicht von 35.000 Kilo gramm besitzt. Der Stausee des Werkes erstreckt sich in einer Länge von fast 9 Kilometern bis zum ober liegenden Werk Großraming. Umfangreiche Arbeiten waren notwendig, um alle Vorkeh rungen zu treffen, die der am 1. Juni 1962 begonnene Einstau erforderte. Der nun ge schaffene Stausee von Losenstein hat einen Inhalt von 6,5 Millionen Kubikmetern und die Stauhöhe beträgt unmittelbar vor dem Werk 16 Meter. Hinsichtlich der 40 zum Ein stau gelangten oder von ihm berührten Lie genschaften ist zu bemerken, daß die Ennskraftwerke-AG bei der Einlösung derselben, trotz vieler Schwierigkeiten, schließlich mit allen Besitzern ein gütliches Übereinkommen erzielen konnte. Die mit Kostenzuschüssen der Ennskraftwerke-AG außerhalb des Stau bereiches errichteten Häuser entsprechen durchwegs den Anforderungen des neuzeit lichen Wohnungsstandards, während die zum Abbruch gelangten Gebäude zumeist völlig veraltert waren und keinerlei historischen Wert besaßen. Im Zuge des Kraftwerksbaues wurden auch 5 Kilometer Bundesstraße neu gebaut und 7 neue Brücken mit großer Tragkraft ge schaffen. Der Reichramingbach ist im Orts bereich reguliert worden und im Verein mit den nach einem Ortsverbauungsplan vorge nommenen Wohnungsneubauten kann von einer im Zuge des Kraftwerksbaues mit gutem Erfolg vorgenommenen Sanierung eines veralterten Ortsteiles gesprochen werden. Der Bau von Losenstein erforderte samt Bau zinsen 410 Millionen Schilling, diese Summe befruchtete fast gänzlich unsere heimische Wirtschaft, weil für dieses Werk nur wenige Importe notwendig waren. Unzweifelhaft ist die Wirtschaftskraft des Gebietes von Losen stein und Reichraming durch diesen großen Bau gehoben worden und den beiden berühr ten Gemeinden sind gesteigerte, künftige Steuereinkünfte gesichert. Auch das Orts- und Landschaftsbild hat durch den Bau gewonnen, weil vom Werk für dessen architektonische Gestaltung viel Mühe aufgewendet worden ist. Nicht nur in Losenstein, sondern auch an der untersten Enns wird gebaut und es haben dort die Vorarbeiten für das Umleitungskraftwerk St. Pantaleon, der siebenten Kraftstufe der Ennskraftwerke-AG, schon beträchtliche Aus maße erreicht. So sind bereits 80 Prozent des Unterwasserkanales ausgebaggert, sechs von den insgesamt neun Brücken über den Kanal sind fertiggestellt und die restlichen drei be finden sich in Bau, alle Grundankäufe für das Werk wurden durchgeführt und die von dem Kanal berührten landwirtschaftlichen Nutz flächen sind kommassiert worden. Weiter ist eine große Kiesaufbereitungsanlage im Werks gelände errichtet worden, die bereits für das Werk Losenstein gearbeitet hat. Die beiden 25.100-PS-Kaplanturbinen sowie die für je 25.000 kW ausgelegten Generatoren sind bei den Erzeugerfirmen bestellt und stehen in Fertigung. Das Werk wird mit einem Maschinensatz Ein phasenstrom zur Versorgung der Bundesbahn und mit einem zweiten Drehstrom für das Verbundnetz erzeugen. Mit den ÖBB ist heuer ein langjähriger StromMeferungsvertrag abgeschlossen worden, nach dessen Bestim mungen das Werk mit dem EinphasenstromMaschinensatz im Mai 1965 den Betrieb aufzu nehmen hat. Die Leistung der großen Anlage wird 50.000 kW und das Jahresarbeitsver mögen 270 Millionen kWh betragen. Als ihre achte Stufe hat das Unternehmen das Projekt Großspeicherkraftwerk Kasten reith verfaßt (225.000 kW Leistung, 1050 Mil lionen kWh Jahresarbeitsvermögen samt Un terliegergewinn), über das im Sommerheft 1959 dieser Zeitschrift eingehend berichtet worden ist. Gegenwärtig ist wegen dieses großen Ausbauvorhabens ein Widerstreitver fahren im Gange, weil die Steiermärkische Landesgesellschaft STEWEAG den gleichen Flußabschnitt nach einem anderen Plan durch eine Kette von fünf Laufkraftwerken erschlie ßen will. Als neunte und letzte Kraftstufe an der mitt leren und unteren Enns plant die Ennskraft werke-AG knapp oberhalb von Steyr das Staukraftwerk Garsten, das mit 29.000 kW Leistung und 133 Millionen kWh Jahres arbeitsvermögen ungefähr die gleiche Größe wie das flußaufwärts liegende Werk Rosenau besitzen wird. Das Projekt wird noch heuer im Sommer die Baureife erlangen und an die Oberste Wasserrechtsbehörde zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung eingereicht werden. 33

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2