Das 15. Jahrhundert bricht mit diesen archaisierenden und altertümlichen Formen und verwendet reichere Lösungen, die dem gleichzeitigen Kirchenbau verwandt sind. Die gotische Burgkapelle aus Schloß Clam aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts ist dreischiffig mit einem einjochigen Chor mit''/8=Schluß, einer Westempore und gehört trotz ihrer I<.lein= heit zum Typus der Dorfkirchen, die hier in einen engen Raum hineingepreßt wurde. Der Grundriß, fast dreieckig, war durch ältere Bauten und das Gelände vorgegeben. Die Fein= heit der Steinmetzarbeit, die Zartheit des Chörleins und seine Lichtfülle stempeln die Kapelle zu einem besonderen Kleinod in der Baukunst des Mühlviertels. In ihr ist die Schönheit der Liebfrauenkirche in Freistadt noch intimer gestaltet, ins Mi= niaturhafte gewandelt worden. Gegen diese „schloßmäßige" Lösung mutet die Burgkapelle der Ruine Pürnstein wehrhaft und archaisch an, obwohl sie gleichzeitig mit Clam entstanden ist (Weihe 1449). Auch hier ist ein kreuzrippengewölbtes Chörlein ausgeschieden. Es mag sein, daß auch andere Burgen des Mühlviertels goti= sehe Burgkapellen besessen haben (Eschelberg, Wildegg, Fal= kenstein, Oberwallsee, Steyregg, Schwertberg usw.), sie gin= gen aber durch Umbauten zugrunde oder liegen heute in Trümmern, und erst eine genaue Vermessung der Reste und die Erforschung der Baugepflogenheiten des oberösterreichi= sehen Burgenbaues werden es ermöglichen, den einen oder anderen Raum als mittelalterliche Burgkapelle zu identifizieren. Die Kapellen im allgemeinen und die Burgkapellen im beson= deren sind seit jeher die Stiefkinder der kunsthistorischen Forschung. Ihre Kenntnis wird jedoch einen tiefen Einblick in die Frömmigkeit des mittelalterlichen Rittertums gewähren, wenn die rührige, aber dornenvolle Arbeit der Burgen= forschung einmal richtig in Gang gekommen ist. GEORG GRÜLL Burgen und Sitze im Bannkreis der Herrschaft Schwertberg Ursachen der Entstehung neuer Herrschaftsformen Eine Umbildung in der Zusammensetzung der Bevölkerungs= Struktur im 15. Jahrhundert gab den Anstoß zur Entstehung neuer Herrschaftsformen, die wir als Wirtschaftsherrschaften bezeichnen können. Den Anlaß zu dieser Strukturveränderung bildeten die Verarmung und das Aussterben der einst so zahl= reichen Rittergeschlechter, die mit dem 15. Jahrhundert ihren Anfang nahmen und bis ins 16. Jahrhundert andauerten. Die vielen Ursachen, die dazu führten, sollen hier nur angedeutet werden. Durch das Aufkommen neuer Waffen, bedingt durch die Erfindung des Schießpulvers, durch die Entstehung bezahU ter Söldnerheere wurden den vielfach vom Heeresdienst und der Fehde lebenden Rittern, die von ihrem kleinen Herrschafts= besitz, der nur ganz geringe Renten einbrachte, allein nicht existieren konnten, ihre Lebensbedingungen entzogen. In gleicher Weise wurden sie von den Posten als Pfleger und Burghauptleute meist vom 16. Jahrhundert an durch ein jurU disch vorgeschultes Personal verdrängt. Eine Erhöhung und Umwälzung der Lasten wehrten ihre Untertanen noch mit Erfolg ab, und erst in der Folgezeit, als dies durch die mäch= tigeren Herrengeschlechter und Prälaten geschah, kam es im 16. und 17. Jahrhundert zu den Bauernkriegen,zu denen auch die konfessionellen Neuerungen und Gegensätze den zünden= den Funken gaben. Aber nicht nur die Ritter auf dem flachen Lande, die auf ihren kleinen Sitzen hausten, auch die ritter= mäßigen Stadtbürger erlagen im 16. Jahrhundert dem robuste= ren Wesen der sie verdrängenden Handelsbürger, die durch einen über neue Wege führenden Fernhandel zu großen Reichtümern gelangt warenL Als weitere Ursachen dieses Strukturwandels mögen noch die Kriegsnöte von den Hus= sitenzügen bis zu den Bruderkriegen der Habsburger, sowie die Änderung im Geldgefüge nach dem Einströmen größerer Edelmetallmengen aus den neu entdeckten Erdteilen, als auch der Rückgang und die Verödung der in günstigeren Zeiten, insbesondere im 12. und 13. Jahrhundert gerodeten Gebiete nach den Pestzeiten des 14. Jahrhunderts und einer darauf folgenden Wirtschaftskrise angenommen werden. Die Entwicklungsgeschichte der Wirtschaftsherrschaft Schwertberg Die Ausbildung der neuen Wirtschaftsherrschaften erfolgte in der Form, daß die den verschuldeten Rittern finanziell weit überlegenen Prälaten und Herrengeschlechter deren Güter, und zwar zuerst einzelne Häuser und Dörfer, später auch deren Sitze samt dem Restbesitz aufkauften. In gleicher Weise bemühten sich diese Herrengeschlechter auch, passend gele= gene Herrschaften vom Landesfürsten im Lehenswege oder durch Verpfändung zu erlangen. Diese Erwerbungen und Güterballungen wurden bis in das 17. Jahrhundert fortgesetzt, wo insbesondere die Umbruchszeiten von 1620 bis 1626 eine günstige Gelegenheit hiezu boten. Ein Musterbeispiel, wie solch eine Um= und Ausbildung zu einer Wirtschaftsherrschaft erfolgte, wurde bereits bei Weinberg aufgezeigt". Hier soll 22
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2