Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

WERNER SARLEY Verkehrsprobleme der Landeshauptstadt Linz Die Brücke der Pferdeeisenbahn über den Haselgraben, Lithogra= phie V. ]. Hafner. Die Linzer Baugeschichte läßt den starken Einfluß er kennen, den der Verkehr auf Entwicklung und Gestalt nicht nur unseres alten Stadtkernes und der einstmals selbständigen Siedlungen Urfahr, Ebelsberg und Klein münchen, sondern auch auf die neueren Siedlungen aus geübt hat. Besonders bemerkenswert ist der überragende Einfluß der in Nord-Süd-Richtung senkrecht zur Donau gerichteten Verkehrsentwicklungen, die auch den Haupt ausschlag für die Entwicklung unseres Stadtkernes zur Brückenkopfstadt gegeben haben. Die städtebauliche Ent faltung als Stromländestadt tritt heute in den Hintergrund und wird eher in Urfahr sichtbar als in Linz. Die von den Alpenpässen in den Raum Linz und von hier in das böh mische Becken führenden Handelsstraßen, die in OstWest-Richtung verlaufenden Heerstraßen und die Donau sind schon seit mehr als 1000 Jahren als Hauptverkehrs träger im Linzer Raum anzusehen. Dagegen gewinnt das nach allen Seiten von Linz als Landeshauptstadt in alle Teile Oberösterreichs ausstrahlende Straßennetz erst in den letzten Jahrhunderten an Bedeutung. Der Teil des Linzer Straßennetzes, der als Ausgangspunkt dieses übergeord neten Straßennetzes anzusehen ist, hatte für die Stadt seit je ziemliche Bedeutung,und es wurden im Laufe der Jahr hunderte immer wieder Versuche unternommen, diese städtischen Straßen den jeweiligen Anforderungen anzu passen; im mittelalterlichen Stadtkern allerdings mit wenig Erfolg, da man sich zu größeren Durchbrüchen durch den engen Stadtkern nicht entschließen konnte. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzt die neuzeitliche Stadtentwicklung und letzten Endes die Entwicklung der Stadt zur Großstadt ein. Der gewaltig gesteigerte Güter und Personentransport verlagert sich zum größten Teil auf die Eisenbahn, die Hauptstraßen werden vielfach als Träger für die entstehenden Straßenbahnen in Anspruch genommen. Die in ihrer Breite beschränkten alten Straßen können den zunächst verhältnismäßig geringeren,aufihnen verbleibenden Verkehr kaum bewältigen, dem durch die fortschreitende Arbeitsteilung gesteigerten Güterverkehr sind sie nicht mehr gewachsen. Der der wirtschaftlichen Entwicklung entsprechende Bevölkerungsanstieg wird in einer rasanten Stadterweiterung sichtbar (Neustadt, Wald egg und Andreas-Hofer-Platz-Viertel). Die Städtebauer, vor schwierige Aufgaben gestellt, wendeten bei der Planung dieser Stadtteile die sogenannte, seit Jahrhunderten all gemein übliche Blockbebauung an, die zu einem schach brettartigen Straßensystem führte. Leider unterblieb, von kleinen Ansätzen (Gruberstraße) abgesehen, die sonst übliche Anlage repräsentativer städtebaulicher Lösungen, so daß eigentlich nur ein Wohnstraßennetz entstand. Die Blockbebauung, eine Bauweise, die schon in der Antike Anwendung fand, ermöglichte einst dem Bürger das sinnvolle Nebeneinander von öflFentlicher und privater Sphäre, außerdem gestattete sie eine zweckmäßige Auf teilung des städtischen Siedlungsgeländes. Die teuflische Auslegung von Lücken unserer Baugesetzgebung führte dazu, daß die private Sphäre, nämlich das Innere dieser Baublöcke, einst Gärten und harmlose Gewerbebetriebe, mehr und mehr durch lärmende Industrien und Gewerbe betriebe ausgefüllt oder durch Hintergebäude verbaut wurde, während die der öffentlichen Sphäre zugewandte Außenfront der Gebäude immer mehr in den Bereich des modernen Straßenlärms gerückt wird. Die Wohnungen, vom Lärm umzingelt, werden auf die Dauer auch von geborenen Großstädtern als Wohnstätten abgelehnt werden. Die als stille Wohnstraßen gedachten Straßenzüge, auf deren Bürgersteigen sich einst die öffentliche Fühlungnahme der Bewohner abspielte, sind, wenn sie nicht zu Autoabstellplätzen verwendet werden, zu lärmerfüllten Ver kehrskanälen geworden. Dank des amerikanischen Beispiels hatten dieses Dilemma Stadt- und Verkehrsplaner schon vor Augen, als im Laufe des zweiten Weltkrieges eine neue explosionsartige Er weiterung der städtischen Siedlungsgebiete erfolgte. Er freulicherweise gelang es, diese neuen Siedlungsgebiete 67

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