Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

die Erhaltung einer einzigen Zinne des inneren Wehrganges, sichtbar aufder Außenseite an der rechten Ecke im 1. Stock. Am Ausgang des 16. Jahrhunderts wurde im äußeren Schloßhof auch ein Stall für 18 Pferde erbaut. Es ist dies das heutige Feuerwehrdepot. Uber den Stadtgraben, der hier Schloßgraben hieß, führte von einem südlichen Vorbau ein Steg, der durch ein Türl betreten wurde. Dieses „Hintertürl" war der Bürgerschaft stets ein Dorn im Auge, ent gingen ihr doch auf diesem Weg die Straßenmauten, die bis 1800 bei den Stadttoren und später in den Vorstädten eingehoben wurden. So stark war die Bürgerschaft, daß sie in diesem Streit Sieger blieb und das Hintertürl im 15. Jahrhundert für immer vermauert werden mußte. Die Nordseite der Schloßbefestigung liegt in einer Linie mit der unmittelbar zum Böhmer Tor führenden Stadt befestigung. Das Böhmer Tor selbst ist viel stärker und massiger gebaut als das Linzer Tor an der Südseite, hatte es doch als Schutz gegen die böhmische Grenze zu dienen und somit den Hauptansturm auf die Stadt abzufangen. Über den Torverschluß und die Brücke gilt dasselbe wie beim Linzer Tor. Das Böhmer Tor hat nur drei gemauerte Seiten und sieht heute fast wie eine Ruine aus, ohne es tatsächlich zu sein. Leider ist eine Nachricht über das ursprüngliche Aussehen des Torturmes nicht überliefert. Die älteste Stadtansicht vom Jahre 1571 ist in ihrer Dar stellungsweise nicht ganz verläßlich, doch könnte danach das Böhmer Tor ein niedriges Keildach mit einem Glocken türmchen besessen haben. Die Stadtansichten vom Jahre Scheiblingturm an der NW=Ecke der Stadtbefestigung 1798 lassen jedenfalls, wenn überhaupt auf eines, dann auf ein Grabendach schließen,jedoch über die Nordmauer ragt außerdem noch ein Türmchen mit einer Zwiebelhaube hervor. Ebenso ist nicht erwiesen, ob die Innenseite durch eine Holzwand verschlossen oder offen war. Wie beim Linzer Tor, war auch beim Böhmer Tor der Wehrgang nicht unterbrochen, sondern die innere Stadtmauer führte in einem Torbogen über die Straße. Da das Tor schräg im Zwinger steht und mit der Südostkante die Stadtmauer berührt, befindet sich ebenerdig ein Türl in den Zwinger. In der dicken Mauer ging die Stiege in das 1. Stockwerk und von hier ein kurzer Gang zum Wehrgang. Auch beim Böhmer Tor war das Vorgelände bzw. der Zugang zum Tor gesichert. Westlich vom Tor lag eine fünfeckige Bastei, die in den Frauenteich vorsprang — die Spitze derselben ist heute noch sichtbar —, und auf ihr stand fiankendeckend ein kleiner halbrunder Turm, der auf einem Steg über den Graben erreichbar war. Ostlich vom Tor springt zum unmittelbaren Schutz der Brücke die äußere Stadtmauer bogenartig vor. Interessanterweise war aber auch die Frauenkirche vor dem Tor an die Befestigung angegliedert, denn der schmale Durchgang zwischen Fried hofsmauer und Stadtgraben, wo heute die Straße nach St. Oswald verläuft, war durch kleine, halbrunde Türm chen gesperrt, und die Frauenkirche beweist heute noch ihren wehrhaften Charakter durch je drei beiderseits im Dachabsatz gelegene Schießscharten. Vom Böhmer Tor angefangen, ist der Nordseite der Stadt der Frauenteich vorgelagert, der ehemals bis zu den Häusern der Fröschau reichte und den Zweck hatte, in Zeiten der Gefahr den oberen Teil des Stadtgrabens mit Wasser zu versorgen. Der obere Teil des Grabens reichte vom Scheiblingturm bis zum Linzer Tor,und hier wie dort war eine starke Staumauer im Graben errichtet. Der Graben vom Scheiblingturm bis zum Schloß muß trocken gewesen sein, da eine Bewässerung wegen des Gefälles nicht möglich war. Die äußere Stadtmauer ist hier an der Nordseite stellenweise noch in alter Höhe erhalten, aber auch das an den Scheiblingturm anschließende Stück der inneren Stadtmauer ist noch mit den Schießscharten des Wehrganges sichtbar. Die Nordwestecke der Stadt wird von dem zwischen 1444 und 1447 erbauten Scheiblingturm beherrscht. Er ist rund, scheibelig (daher der Name)erbaut und steht in der inneren Stadtmauer, so daß der Wehrgang auf Kragsteinen an der inneren Turmseite entlanggeführt werden mußte. In der Höhe des Wehrganges war auch der Turmeingang. Der untere Teil diente als Kotter für die unfreien Leute. Die freien dagegen mußten ihre Strafe im etwas geräumigeren Linzer Tor absitzen, wo sich noch bis 1918 der Gemeinde arrest befand. Der Scheiblingturm bekam 1947, also genau 500 Jahre nach seiner Erbauung, wieder ein Kegeldach, nachdem er lange Zeit ein solches entbehren mußte. Unmittelbar beim Turm befindet sich eine Überhöhung der Zwingermauer, eine Brustwehr, zum Schutz der Staumauer. Hier war es übrigens, wo die Belagerer im Bauernkrieg in der Nacht vom 30.Juni auf den 1. Juli 1626 durch den erweiterten Grabeneinlauf, wahrscheinlich unter Benützung der Staumauer, in die Stadt eindrangen und durch Öffnen des Böhmer Tores den Ihren zum Sieg ver halfen.

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