Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

aufständischen Jörger und vor diesen der schon erwähnte Christoph von Liechtenstein — dem der Markt Steyregg die Erhebung zur Stadt verdankt — und schließlich die Kapeller, die Steyregg bis zu ihrem Aussterben bald nach 1406 besaßen. Aus dieser Zeit stammen auch die Fresken im Chor der Steyregger Pfarrkirche, die erst vor einem Jahrzehnt frei gelegt und recht glücklich restauriert wurden. Diese goti schen Malereien, die Befestigungsanlagen, die immer noch das alte Schloß wie ein Spinnennetz umgeben und durch ziehen und das wehrhafte Steyregg profilieren, sind aller dings auch die einzigen Zeugen für das Mittelalter. Alles übrige tändelt im barocken Zauber — oder doch nicht, denn wer auf halber Höhe anhält und Steyregg zu seinen Füßen weiß, der kann das Schiffmeisterhaus nicht über sehen. Es schließt den Steyregger Hauptplatz gegen Osten ab und wirkt so drohend-massiv, daß man selbst im hellen Mittag den Ungnad von Weißenwolff daran vorbeireiten zu sehen glaubt. Dort findet sich auch noch eine jener Gassen, die in Steyregg schon selten geworden sind, die aber den, der sie nur aufzustöbern und nicht dort zu wohnen braucht, verzückt entlassen: Schwibbögen überspannen die Enge, das Mauerwerk grau,fast feindselig und voll Abwehr,selbst gegen die Sonne und den Himmel, der sich hier spart und ganz zaghaft gibt. Um so freier kann er sich draußen wölben, über den Auen, die Steyregg mit der Donau verbinden. Diese Auen gehören zum Zauber Steyreggs gleichermaßen wie der Blick auf Steyregg, wenn man sich dieser Stadt vom Wasser her nähert. Zunächst ist nichts sichtbar als ein dünner weißer Strich inmitten eines dichtbewaldeten Hanges, aber er weitet sich rasch, gewinnt Konturen und wird schließlich zum Schloß, und jetzt erkennt man erst, wie dieses Schloß Steyregg die Donau in seinem Bereich beherrscht, wie sehr dieser Edelsitz und die Stadt unter ihm der Donau zugehören, mag auch die Uferlände fehlen, mag sich auch der Ruf der Schiffer nie als Echo in den Gassen Steyreggs wiederholt haben. Daß dies in Eferding geschah, mutet ganz und gar unglaub würdig an. Und doch umschlang die Donau mit zumindest einem Arm auch diese Stadt, denn wie sonst hätten die Nibelungen auf ihrer Fahrt z\x König Etzel hier ihre Zelte aufschlagen können, und wie sonst wäre die Schaunberg entstanden, die ursprünglich zu nichts anderem diente, als den Passauer Bischöfen die Maut zu sichern. Mansollte deshalb zuerstaufderSchaunberg stehen,ehe man in Eferding einkehrt. Nur von dort ist der Zauber dieser Kleinstadt an der Donau mit einem Blick zu erfassen, und nur wer die Schaunberg gesehen hat, kann verstehen, wie Eferding zu seiner Stadtpfarrkirche kam und weshalb sich Eferding, so sehr zum Unterschied von Grein und Steyregg, immer noch streng im Harnisch vorstellt. Denn ohne die Schaunberger, die es als einziges Geschlecht innerhalb der Habsburger Machtsphäre fertigbrachten, daß man sogar von einem Schaunberger Ländchen sprach, wäre Eferding nicht das, was es ist. Freilich war es einst mehr. Hier öffneten sich die Tore für vier Herrscher: für den Hohenstaufer Friedrich II., für die Kaiser Sigismund und Maximilian und für KönigWenzel, der sie allerdings als Gefangener durchschritt. In Eferding war aber auch Paracelsus zu Gast, der Meister singer Paulus Freudenlechner schrieb hier seine Gesänge, I ihtmaii üiis Steyregg, Friedhof, hiederineicrliches Grabdenkmal der Grafen Weißenwolff. Photo: Wlclichar. Johannes Kepler sah man in Eferding als Bräutigam vor den Altar treten, und nach dem Treffen im Emlinger Holz dröhnten die Straßen dieser Stadt unter dem Tritt der Pappenheimischen Eisenreiter. Solche Geschehnisse erhöhen und erniedrigen eine Siedlung, bis jene Wellenlinie entsteht, an der wir uns orientieren sollen. Dazu schenken sich die Höfe Eferdings in noch viel eindringlicherem Maße als in Grein. Etliche von ihnen sind so schmal, daß sich das Tageslicht nur mühsam durchsetzt, andere wieder geben sich prunkvoll und schwelgen mit Laubengängen, als wären ihre Erbauer Burgherren ge wesen — keiner aber entäußert sich, keiner wirkt laut und aufdringlich. Allerdings hatten sie dazu ein gutes Vorbild. Wie oft schon wurde die Eferdinger Stadtpfarrkirche als Dom bezeichnet, und gemessen an der Kühnheit ihrer Dimensionen, würde sie auch die Bezeichnung verdienen. Doch wer in ihr steht, etkennt ein Gotteshaus, das gerade durch seine Größe bescheiden anmutet, demütig fast, nur seiner Aufgabe hin gegeben und so trostreich wie nicht allzu viele in unserem Land. Aber vielleicht kommt das alles nur von daher, weil Eferding zum Ursprung des Landes Oberösterreich gehörte. Hier begann es, von hier aus setzte es sich fort, hier war immer Mitte und hier war immer ein Zentrum. Wie sehr das 55

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