Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

schule,später Volksschule, noch 1840 bis zum alten Rathaus gereicht. Der zinnenbekrönte Rathausturm hat mit der Befestigung nichts zu tun, er ist eigentlich nur ein durch gehender Erker. Gerade wegen der natürlichen Sicherheit gestattete man nämlich hier auf der Südostseite sehr früh ein Anbauen an die Stadtmauer, denn ursprünglich war der Raum hinter der Mauer frei und hieß „Reihe". Nahe der Südostecke der Stadt ist die erste I.ücke in der Befestigung zu verzeichnen. Hier war ein Stadtausgang, ein Türl, das hauptsächlich dem Zugang zur Stadtmühle diente. Nach dem Brande im Jahre 1887 wurde das Posttürl, wie es benannt wurde, demoliert und an seiner Stelle eine Stiege angelegt. Da der Stadtgraben vor dem Aufschütten bis an den Weyrmühlturm heranreichte,führte ein Holzsteg über den Graben. Das Posttürl war winkelig in den Zwinger gebaut, um ein sanfteres Gefälle für die Holzstiege zu be kommen. Die Toröffnung hatte ein Steingewände in der gleichen Ausführung wie das Waagamt in der Waaggasse mit der Jahreszahl 1616. Vermutlich wurde das Türl nach dem großen Stadtbrand in diesem Jahr umgebaut. Der Bau war einstöckig. Die bereits genannte Stadt- oder Weyrmühle, an derselben Stelle wie die heutige Kittelmühle, bedurfte eines besonderen Schutzes. Zu diesem Zweck wurde 1390 der Weyrmühl turm errichtet. Er ist der einzige Turm der Befestigung, welcher vor dem Stadtgraben liegt. Der Weyrmühlturm ist einer der stärksten Festungstürme der Stadt, steht auf Fels und hat 3,5 Meter dicke Mauern. Zu ihm führt vom Zwinger her über den Stadtgraben ein Verbindungsbau, der eine Notmühle enthielt, die mit einem unterschlächtigen Mühlrad den Überlauf der Grabenstufe nutzte. Für beide Mühlen nämlich, fiir die Notmühle als auch für die Weyr mühle, war das Wasser im Stadtgraben bis zum Schloß aufgestaut, es war ein Weiher und daher auch der Name der Mühle. 1571 hatte der Turm eine vorgekragte hölzerne Brustwehr unter dem Dachsaum, wie ein zeitgenössisches Bild zeigt. Gegen das Schloß zu ist anschließend an den Weyrmühl turm noch ein Stück der äußeren Stadtmauer mit den Schießluken erhalten. Auch die innere Stadtmauer mit einer Dicke von 1,7 Meter ist an einigen Stellen erkennbar, sei es beim Durchbruch hinter dem Haus Nr. 13 oder als Vorsprung an der Rückseite der an sie angebauten Häuser. Bevor der Mühlbach, der eine Strecke im Stadtgraben fließt,sich in den oben genannten Weiher ergoß,war er, wie an einer Stelle noch deutlich sichtbar, auf einem Damm mitten im Graben angelegt. So konnte bei Kriegsgefahr durch Anstauen des Wassers der Graben geflutet werden. Auf unserem Stadtrundgang fortschreitend, gelangen wir nun zur Nordostecke, wo das Schloß an die Stadt ange baut ist. Es handelt sich ja um den jüngeren Sitz der Herrschaft, der erst im ausgehenden 14. Jahrhundert errichtet worden ist. Das Bauwerk liegt im Winkel zwischen der Feldaist und dem Frauenteichabfluß, der einzigen Stelle, die eine Stadterweiterung zuließ, ohne bereits beste hende Befestigungsanlagen aufzugeben, andererseits aber doch dem Herrschaftssitz einige natürliche Sicherheit zu bieten. Betritt man das Schloßgebäude von der Stadt her, so bemerkt man im äußeren Hof zur Rechten eine abge schrägte Mauer. Beim Bau des Schlosses mußte nämlich die innere Ringmauer abgebrochen und etwas gegen die Seite 1: Böhmer Tor von Norden Oben: Schloß in der NO=Ecke der Stadthefestigung Sämtliche Fotos dieses Aufsatzes: M. Eiierscbner Stadt zu gerückt werden. Der alte Mauerzug konnte durch Grabungen einwandfrei festgestellt werden. Durch die neue Mauer führten nur zwei Zugänge zum Schloß, einer vom Stadtplatz und einer im Zuge des Schloßgaßls. Die ange bauten Häuser durften in den Schloßvorhof weder Fenster noch Türen haben. Man muß ja wissen, daß die neue Burg deshalb angelegt wurde, weil sich die Herrschaft in der alten, in der Salzgasse gelegenen nicht mehr sicher und stark genug fühlte. Daher wurde die neue Burg nieht so sehr zur Verstärkung der Stadtbefestigung, in die sie aber einbezogen war, als vielmehr zum Schutz der Herrschaft gegen die Stadt errichtet. Dies erhellt aus der Stellung des 50 Meter hohen Berchfrits, des Turmes, der so angelegt ist, daß die Stadt gut beobachtet werden konnte, und auch aus der Anlage eines Grabens zwischen Burg und Stadt, über den eine Zugbrücke führte. Als Berchfrit stand der Turm ursprünglich frei, und nur ein Steg verband das hoch gele gene Eingangstürl mit dem Gebäude. 1567 stürzte der obere Teil mit dem Dach ein und wurde darauf in die heutige Form umgebaut. Der Südflügel des Schlosses wurde erst im 17. Jahrhundert errichtet und so die Lücke zwischen Altbau und Turm geschlossen. Über dem Eingangstor in den inneren Schloßhof wurde die Schloßkapelle in Nord südrichtung erbaut. Schloßkapelle, Berchfrit und andere Räume im Schloß beherbergen heute das vielgenannte Mühlviertler Heimathaus. Etwas abseits vom Hauptge bäude steht in der Südostecke des Schloßplatzes ein alter Bau, der als „Kasten", also als Speicher diente. Er wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf die Stadt mauer aufgebaut, und diesem Umstände verdanken wir

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