Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

einer Toranlage, einen guten Laubengang und Bogengalerien, in Kapellen stehen noch Werke aus Gotik, Barock und Renaissance, wenn auch nur mehr spärlich. Die früh gotische Basilika fiel der Barockisierung zum Opfer, wie das Barock ja fast überall im Lande die Gotik überwältigte oder nur Reste der alten Bauelemente und Formen übrig ließ. Ein gewaltiger Bau mit prächtigem Walmdach ist der außerhalb der Stadt gelegene Pfarrhof, der um 1600 errichtet worden sein dürfte. Wie Schwanenstadt, kam auch Grieskirchen, die „Königin des Trattnachtales", wie der Chronist einer Werbeschrift des Verschönerungsvereines Grieskirchen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg seine geliebte Stadt nennt, ehren halber durch den Grundherrn, durch die Herrschaft der Pollheimer, die auf Schloß Parz saßen und mit den Jörgern auf Tollet Herrschaft und Rechte teilten, zur Würde einer Stadt. Auch Grieskirchen ist eine typische Straßensiedlung, ausgedehnter freilich als Schwanenstadt. Der Bahnhof trägt die Überschrift „Grieskirchen-Gallspach", aber neben Gallspach, das durch Valentin Zeileis und seine Strahlen therapie bei den Heilungsuchenden in aller Welt schnell und rühmlich bekannt wurde, liegt noch ein zweiter Kurort in der Nachbarschaft, von dem der Chronist in seiner werbenden Schrift für die Vorzüge seiner heimatlichen Landschaft noch nichts berichten konnte, nämlich das Schwefelbad Schallerbach. Auf dem Parzer Berg steht ein kleiner, reizvoller Bau aus gotischer Zeit, die Kapelle der hl. Anna. Das Wasserschloß Parz, das urkundlich 1379 schon erwähnt wird,erfuhr durch den Umbau im 19. Jahrhundert bedeutende Veränderung, während das I.andschloß, etwa um 1515 bei Abbruch des Schlosses Tegernbach begonnen und gegen 1600 ausgebaut, in seiner langgestreckten dreigeschossigen Anlage mit seinen Laubengängen, mit Taverne und Wirtschaftsgebäude noch den ursprünglichen Eindruck vermittelt. Hier auf Parz saßen, wie schon erwähnt, die Herren von Pollheim, was heißt, die Herren von Grieskirchen. Die Pollheimer wie die Jörger aufTollet waren vermögende Geschlechter mit vielen Herrschaften, ja die Jörger, die große Besitzungen auch in Niederösterreich hatten, be saßen zeitweise ausgedehnte Gebiete sogar in Schlesien und Böhmen. Ihr Einfluß und ihre Ansprüche, die Rechte über die Stadt Grieskirchen betreffend, führten nicht selten zu Streitigkeiten untereinander oder auch mit der Kirche. Beide waren von Anfang an eifrige Anhänger und Förderer der Reformation. Dorothea Jörger hatte sogar eine Stiftung für angehende Theologen in Wittenberg gemacht, und einer ihrer Söhne stand mit Luther in naher Verbindung, wie sie selbst auch Schreiben Luthers empfangen hatte. Zwei ihrer Enkel studierten noch zu Lebzeiten des Reformators in Wittenberg. Tollet, der Sitz der Jörger, findet 1170 urkundlich erstmalig eine Erwähnung. Das Schloß wurde, nach einer Inschrift über dem Einfahrtstor, im Jahre 1607 zu bauen begonnen. Mit Ende des 19.Jahrhunderts erfährt der Renaissancebau allerdings eine völlige Umgestaltung. Wie die Geschlechter dahingingen, gingen auch die Pro bleme ibrer Zeit hin, und die Gegenreformation löschte auch hier die Spuren vergangener Epochen. Andere Fragen, andere Probleme beherrschen unsere Tage, und an manchen von ihnen wird von Zeitzu Zeit in den Räumen von Schloß Tollet gearbeitet. Die Jörger aber ruhen unter ihren schönen Grabmälern in St. Georgen, das ihnen den Namen verlieh, im Schatten der spätgotischen, aufromani schen Steinmauern im Unterteil aus Ziegeln erbauten, hochstrebenden Kirche, die in dieser Art eine Seltenheit in Österreich darstellt. S^ehuMLumJSiadt DAS EINFALLSTOR ZUM SALZKAMMERGUT Schwanenstadt liegt im oberösterreichischen Voraipeniand im Toi der Ager, umgeben von Wiesen und Feidern. Von Norden reichen die hügeiigen Ausiäufer des Hausrucks, von Süden die Agerauen bis in dos alte Städtchen herein. Von den Hauptverkehrsadern des Landes, der Bundesstraße 1 Wien — Linz — Salzburg und der Westbahnstrecke, zweigen hier strahienförmig die Straßen in das Salzkammergut sowie in dos Innund Hausruckviertel ab. Die historische Atmosphäre einer überiieferungsreichen bürgerlichen Vergangenheit mischt sich mit dem Atem des Bauerniandes und seit jüngster Zeit auch mit dem Rhythmus moderner Industrie. Heder Gast, der in Schwanenstadt einmal Rast gemacht hat, wird gerne immer wieder kommen. 45

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