Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

Kuhkette und Heugabel beherrschen die Schaufenster der Eisenhandlung. Der Wochenmarkt bringt die Erzeugnisse der Bauern, und ohne Eile betrachten und erwägen die Hausfrauen, was sie erstehen wollen. Noch finden sich unter den Häusern auf dem Platz Reste vergangener Zeit, Gotik und Barock, und in den Garten anlagen hinter der neugotischen Pfarrkirche fand einer der drei Stadtbrunnen mit einer schönen Renaissancesäule seinen neuen Standort. In der barocken, tonnengewölbten ehemaligen Spitals kirche, jetzt evangelische Kirche, steht ein hübscher Rokokoaltar, und auf dem Weg zum Philippsberg, den die Kalvarienbergkirche krönt, treffen wir etliche gemauerte barocke Kreuzwegstationen, ehe wir das stimmungsvolle gotische Kirchlein mit seiner bäuerlich-barocken Kreu zigungsgruppe auf dem Altar erreichen. Hier heroben eröffnet sich dem Blick nach Süden und Südosten hin das Panorama der Alpenkette, wogt im Westen das Hügelland des Hausruckwaldes weithin, liegt Schwanenstadt im Frieden des Bauernlandes und zugleich doch verbunden durch die alte Reichsstraße mit dem Strom der neuen Zeit. Die kleinen Städte und Märkte haben alle etwas Gemein sames bei aller Verschiedenheit ihrer Lage und der Land schaft, in der sie liegen. Die Zeit, so scheint es dem, der sie aufsucht, verläuft in ihnen noch nach anderen Gesetzen, sie hat es nicht so eilig hier, und so haben es auch ihre Bewohner nicht so eilig, und das ist ein wohltuendes Gefühl, das sehr schnell die eigene Unrast zu überwinden imstande ist. Eine Stunde in Grieskirchen dauert gewiß länger als eine in München. Das wurde mir klar, als ich an einem drückend heißen Sommervormittag durch die Stadt schlenderte. Ich war von Passau hergekommen und hatte keine rechte Vorstellung mehr von Grieskirchen. Lang vor dem Krieg war ich zuletzt dort gewesen und da hatte ich es nicht kennengelernt. Graf Thun hauste damals noch im Wasserschloß Parz, Hammerstein lebte noch, Billinger war da, und Josef Martin Bauer war aus Bayern gekommen, und wir lasen,ich weiß nicht mehr wo,an einem Abend der Innviertier Künstlergilde aus unseren Geschichten und Versen und verbrachten den Rest der Nacht auf Parz, und Hammerstein kochte bis zum Morgengrauen starken Kaffee, der uns nach dem Wein wach und angeregt hielt. Daran mußte ich auch denken, und auch daran, daß Rudolf Steinbüchlers Wappenfresko im großen Sitzungs saal der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen Zeugnis dafür ablegt, daß hier etwas vom alten Geist noch lebendig oder wieder lebendig ist. Schon daß die Stadt ein Stück abseits von ihrer Schnell zugstation liegt, scheint sie zu distanzieren von dem nervösen Getriebe unserer Tage. Auch schlägt etwas von der weitausschwingenden Breite und Gelassenheit des Innviertels herein in diese Landschaft des Trattnachtais, und die Stadt selber, so schien es mir, dehnt sich behäbig und weiträumig aus wie ein gewaltiger Hof, mit großem Platz um die Kirche und mit breiten Straßen, umschlossen von wogendem Weizen und Korn und grünem Weideland, umrahmt von dunklen Waldzügen des Hausrucks, und das Licht zu Mittag läßt kaum einen Schatten aufkommen, stünde die mächtige Linde nicht da, darunter gut warten ist auf einen der Autobusse, die den Bezirk verbinden, wo die Bahn nicht hinkommt. Aber da sind auch noch die / Linzer Schutzengel Apotheke großen Gasthöfe und Einkehrwirtshäuser, von denen zur Mittagsstunde der Duft aus den Küchen auf die Straße schlägt, dem kaum zu widerstehen ist, und es wird köst liches Bier gebraut hier in Grieskirchen und starker Most ausgeschenktfür die Zunge,die schon am Gaumen festklebt. Gott sei's gedankt, man braucht nicht zu verdursten und auch nicht zu verhungern, ich aß einen saftigen Rehbraten dort, und den Fuhrleuten und Chauffeuren,die zukehrten, schmeckte er auch. Die Bürgerhäuser sind mächtiger hier, wohlhabender, es gibt noch schöne Fassaden, runde Eckerker, verbunden zu 44

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2