Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 3/4, 1961

FRANZ ENGL Die Städte Braunau, Schärding und Ried in der bayrischen Geschichte In der Entwicklung und Bedeutung der Städte Braunau, Schärding und Ried, dieser drei Hauptorte des heutigen österreichischen Innviertels, spiegelt sich in großem Ausmaß die Geschichte Bayerns vom Ende des 12. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts — zumindest für den Osten — wider. Altbayern — das ist ungefähr der Raum zwischen Lech und Inn - Salzach,zwischen Bayrischem Wald und Alpen — war und ist ein Bauernland,so daß der bayrische Historiker Aventin noch im 16. Jahrhundert von den Bayern fest stellte: „Achten nit der Kaufmannschaft, kommen auch die Kaufleut nit viel zu ihnen." Die wenigen ganz alten Städte, wie Regensburg, Freising, Passau und Salzburg, waren Bischofsstädte. Wegen der festen Herzogsgewalt gab es für das Entstehen königlicher Orte in Bayern kaum Möglichkeiten; nur im Nordgau entstanden zur Zeit der Staufer Nürnberg und Eger, wobei Eger bereits 1322 an Böhmen fiel und Nürnberg sich bald aus dem bayrischen Rahmen löste. So sind die meisten Städte Altbayerns bewußte landes fürstliche Gründungen vor allem des 13. Jahrhunderts, in dem sich das territoriale Fürstentum ausformte und dem die Anlage von Stadtsiedlungen als wichtiges militärisches, politisches und wirtschaftliches Instrument dafür diente. Seit der Mitte des 12.Jahrhunderts trachteten im damaligen deutschen Reich einzelne aus der Schar der weltlichen und geistlichen Großen darnach, ihre Herrschaft über ein weites zusammenhängendes Gebiet rücksichtslos auszu dehnen. Diese Entwicklung wurde gleichsam legalisiert durch die Reichsgesetze Kaiser Friedrichs II. von 1220 und 1232, die die geistlichen und weltlichen Großen des Landes ermächtigten, ihre Grafschafts-, Vogtei- und Grundherr schaftsgebiete auszubauen wie die Herzöge. Damit war auch für Bayern die Gefahr gegeben, sich in verschiedene kleine Länder aufzulösen. So mußte es für die ersten Herzöge aus dem Hause Wittels bach (seit 1180) darum gehen, von ihren Hausgütern aus, die in verschiedenen Teilen des Landes verstreut lagen, ein geschlossenes Territorium zu bilden. Das bedeutete aber schwere Kämpfe mit den alten bayrischen Grafen geschlechtern und den Bischöfen — besonders denen von Passau und Salzburg —, die ebenso dabei waren, ihre eigene landesfürstliche Macht aufzurichten. In scharfem Zugriff stießen die Herzöge an die wichtigen Flüsse vor, die — in dieser Zeit der schlechten Straßen — die Pulsadern des Verkehrs und des Handels waren, be mächtigten sich der günstigen Flußübergänge und be festigten sie mit Burg und Stadt, so an der Donau mit Kehlheim, Ingolstadt, Straubing, Vilshofen, an der Isar mit Landshut, Landau, Dingolfing, an der Salzach mit Burg hausen, am Inn mit Rattenberg, Kufstein, Rosenheim, Wasserburg, Neuötting, Braunau, Schärding. Die Städte hatten somit die zielbewußte Aufgabe, das eben eroberte oder eingezogene Land miUtärisch zu sichern und zusammenzuklammern, durch Handel und Gewerbe wirt schaftliche Zentren für die umliegenden Landbezirke zu bilden und politische Mittelpunkte abzugeben, über die der Herzog landesfürstliche Beamte setzte. Im Zuge dieses Ringens um die Ausbildung der landes fürstlichen Macht spielte die Inn-Salzach-Linie eine füh rende Rolle, die sich dann später — im Verflechten der bayrischen mit der österreichischen und im weiteren Verlauf mit der europäischen Geschichte — im Dreieck Schärding — Braunau — Ried noch besonders steigern sollte. Ursprünglich Hauptschlagader des ältesten bayrischen Herzogtums (der Agilolfinger, 8.Jh.), wurde die Inn-Salzach-Linie im späten Hochmittelalter zum mittelbaren Grenzgebiet, nachdem 1156 Österreich und 1182 die Steiermark selb ständige Herzogtümer geworden waren und sich aus dem bayrischen Verbände gelöst hatten. Dazu kam, daß Passau und Salzburg — die besten Plätze an Inn und Salzach — zu Residenzen geistlichen Landes aufgestiegen waren und weiterhin im Verfolg ihrer Territorialpolitik trachteten, an den Flüssen Fuß zu fassen. Passau gelang dies mit dem befestigten Markt und Schifferort Obernberg am unteren rechten Innufer und Salzburg mit den reichen Schiffer und Handelsplätzen Lauffen und Tittmoning an der Salzach sowie mit der Stadt Mühldorf am Inn, mit der es tief ins bayrische Innenland griff. Noch mitten im Streit gegen Grafen und Bischöfe, kaum daß mit Burghausen der Salzachmündungsraum und das Gebiet des Weilhartforstes gesichert und mit Wasserburg und Neuötting eben die innere Innlinie erreicht worden war, traf um 1230 den Herzog der Vorstoß Friedrichs II., des letzten Babenbergers, der sich als Gatte einer andechsisch-meranischen Prinzessin aus den andechsischen Be sitzungen die Grafschaft Schärding herausbrach, die Burg Schärding verstärkte und vielleicht schon die erste Brücke über den Inn baute sowie seine Truppen bis an die Enknach und vor die alte Pfalz Ranshofen verheeren und plündern ließ. Wenn auch der Wittelsbacher den streitbaren Öster reicher bald wieder in die Schranken wies, wurde ihm doch erschreckend bewußt, wie offen seine rechte untere Inn flanke war und daß ihm in Österreich ein mächtiger Gegner heranwuchs. Damit trat der Kampf um die untere Innlinie aus dem engen Rahmen der innerbayrischen Auseinander setzungen in das Blickfeld des Ringens um deren Besitz zwischen den Ländern Bayern und Österreich. Dem bay rischen Herzog mußte es nun darum gehen,sich am unteren Inn festzusetzen und ein entsprechendes Vorfeld zu sichern. Ein entscheidender Schritt dazu wurde getan, als im Jahre 1248 die Andechs-Meranier ausstarben und der Hohenstaufe Friedrich II. dem getreuen Wittelsbacher die Graf23

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