Oberösterreich, am bekanntesten ist heute die Werk stätte in Grieskirchen. Grabkreuze, Gitter und Gegen stände für den gehobenen Gebrauch, wie Leuchter zum Beispiel, werden meist in der überlieferten Formen sprache hergestellt. Ertreulich ist es, daß wir noch einige Kupferschmiede im Lande haben, die mit der Erzeugung von altertünüichen Gefäßen und Ziergegenständen zur Gänze ausgelastet sind. Der Schmuck der Linzer Bürgers frau zur Biedermeierzeit wird heute noch in der Landes hauptstadt hergestellt. Im Salzkammergute üben einige bekannte Silberschmiede ihr Handwerk aus, gießen und montieren das edle Metall in zeitlose Formen. Die Zinngießer sind in Oberösterreich vollkommen ver schwunden, der letzte gewerbliche Betrieb fiel I9'59 in Linz der Spitzhacke zum Opfer. Nicht viel besser erging es dem noblen Flandwerk der Lebzelter und Wachszieher. Die Nachfolgebetriebe sind hier Konditorei und Kaffee haus und — in einem Falle — die Großerzeugung von Schiwachs. Es ist erfreulich, daß sich in manchen Nach kommen dieses Handwerks das künstlerische Blut wieder rührt und zur Erzeugung besonders hochwertiger, fonnschöner Lebkuchen anregt. Im Innviertel besitzen wir eine fabriksmäßige Erzeugung von künstlerischen Ker zen, die atd eine alte Wachszieherei zurückgeht. Herkunftsmäßig gesehen, gehören die Erzeugnisse unserer heutigen Volkskunst drei verschiedenen Schichten an, wobei die Zugehörigkeit zur ersten oder zweiten durch die Teilansicht einer Mühhiertier jaquyrd-Tisdiiecke nach Entwürfen van Max Kislinger, Linz.. Tätigkeit der bewußten Volkstumspflege oftmals nicht mehr genau geklärt werden kann. Wir unterscheiden die Primärschicht (z. B. Blaudrucke, Kreuzsticharbeiten, rupfenes Leinen, geschnitzte Buttermodel, unbemalte Span schachteln und Flolzwaren, grüngeflammte Keramik, Bauernmajoliken, geritzte Ostereier usw.) und die Sekun därschicht (hierher gehört alles Wiederbelebte; aus Stroh geflochtene Zöger, Stoffe für Trachtendirndl, bemalte Spanschachteln und Godenbüchsen,bemalte Glasflaschen, Flinterglasbilder, Weihnachtspyramiden). Die dritte Schicht ist die der Neuschöpfungen und hier sehen wir deutlich, daß unsere Zeit doch noch — oder schon wie der — imstande ist, junge Schößlinge zu treiben. Hierher gehören u. a. Strohsterne und bemalte Glaskugeln als C.hristbaumschmuck, bemalte und von Wagnern erzeugte Christbaumräder, Apfellichter und Osterbäumchen. Wie seltsam, daß es sich bei diesen ersten Ansätzen hauptsächlich um gemütvolle Brauchtumsgegenstände handelt! Schließlich möchte ich noch einiges über die wichtigsten Erzeugungsstätten von lebendiger Volkskunst in Ober österreich und deren Inhaber sagen, ohne dabei Namen zu nennen. Eine Auswahl von 80 Betrieben aus einem noch reicheren Angebot gibt wohl einen repräsentativen Querschnitt. Die Berufsvertretungen unserer Erzeuger sind die Innungen der Kammer der gewerblichen Wirt schaft und die Bertdsvereinigung der bildenden Künst ler. Doppelmitgliedschaften treffen wir häufig. Das Bil dungsniveau steht auf beachtlicher Höhe. Die handwerk liche Lehre und die Berufsschide geben die Grundlage, abgeschlossene Fachschulen, kunsthandwerkliche Spezial ausbildung und Mittelschulreife sind zahlreich vertreten, vereinzelt treffen wir auch auf abgeschlossene akademische Bildung. Der Anteil der Frauen ist in unseren Berufs zweigen ständig im Wachsen begriffen. Die Volkskunst Oberösterreichs ist dort am leistungsfähigsten, wo sie sich an die natürlichen Wirtschaftsgrundlagen des Landes an lehnt, also in der Textilerzeugung, Keramik, Holzveraibeitung und in der Metallveredelung. Daneben gibt es noch vereinzelt bedeutende Werkstätten der Strohllechterei, der Lederveredlung und Sattlerei, der Buch binderkunst, der Flornverwertung und der Glasmalerei. Ich habe mich in meinen Ausführungen streng an die Verhältnisse in Oberösterreich gehalten und nur Beis]>iele aus diesem Bundesland verwendet. Ist es nicht überraschend und beglückend zugleich, wenn wir dabei gesehen haben, wie die totgesagte Volkskunst in ihren vielfältigen Formen aus alten und neuen Ursprüngen lebt? It es nicht trostbringend in unserer turbulenten, hastenden Zeit, daß es Überlieferungen gibt, die nicht umzubringen sind, solange Menschen leben, und die sich in ihrem Kern stetig selbst treu bleiben? So braucht uns auch um die weitere Entwicklung des künstlerischen Ausdruckes unseres Volkes nicht besonders bange zu sein, denn: die Bauernkunst ist tot, es lebt aber die un persönliche Volkskunst! Sämtliche hier gezeigten Gegenstände der oberösterreichischen Volkskunst stammen aus dem Heimatwerk in Linz. 83
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