Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

' -i"' ■ f' 18 ' '■' |Ä I Inmiertler Vofivfigur aus rotem Wachs und Zierkerze aus dem Innvierlel. man kaum mehr ihre Breitenwirkung absprechen kann und die sich um eine moderne Arbeitsweise ehrlich be müht, ist symptomatisch für eine Zeit des Überganges. Sie hat einen dienenden, erzieherischen Charakter und will dem irrend suchenden Menschen den Weg zu neuen Bindungen und Formen linden helfen. Kennzeichnend für eine Epoche des Wandels, für eine Zeit, die das ihr Gemäße, die ihren Charakter noch nicht gefunden hat, ist ein Vorherrschen des Stillosen, des Kitsches. Alle diese Erscheinungen weben nun durcheinander, beeinflussen sich gegenseitig und bilden ein schwer zu entwirrendes Knäuel. Und sie spiegeln sich im Gesichte der Volkskunst Oberösterreichs in unserer Gegenwart. Das bäuerliche Element hat seine vormals tragende Rolle verloren. Dafür werden iir den Kursen zur Freizeitgestal tung, die Volksbildungswerke, Volkshochschulen u. a. veranstalten, neue Kräfte geweckt. Diese Kursteilnehmer, Stadtmenschen aus einer klassenlos gewordenen Gesell schaft, erzeugen nun nicht nur Werke der unpersönlichen Kunst, aber die Grundlagen für ein unpersönliches Schaffen sind durchaus vorhanden. Auf die Beispiele der Strohsterne und der Handweben habe ich eingangs schon hingewiesen. Das Hausgewerbe ist nicht zur Gänze gestorben. Seine klassischen Vertreter leben teilweise recht und schlecht, teilweise sehr gut. Anzuführen sind hier wohl die Trattenbacher Taschenfeitlerzeuger, die Mollner Maul trommelschmiede und besonders die Viechtauer Holz erzeuger. Die Flerstellung von „Haus- und Küchen geräten" in alter Art ist zurückgegangen, geschmacklich fragwürdige Reiseandenken beherrschen den Umsatz und bieten damit die Existenzgrundlage. Daneben ist aber deutlich ein Wille zur reineren Form zu spüren. Weiß holzwaren wie Butterroller und Klappbutterformen wer den zu Hunderten geschnitzt und über die Heimatwerke verkauft, Pfeifferrößl, Osterratschen, Dockinnen und „Viechtauerl" wieder gedrechselt, geschnitzt und bemalt. Das „Hausgewerbe" hat aber auch einen neuen Typus geprägt, den des nebenberuflichen Erzeugers. Hier han delt es sich unt Männer, besonders aber um Frauen mit meistens abgeschlossener kunsthandwerklicher oder ge werblicher Berufsausbildung, die neben ihrer Haupt beschäftigung noch zusätzliche künstlerische Leistungen vollbringen und sich dabei der Formensprache der un persönlichen Kunst bedienen. Es trifft dies besonders auf die Handweberei und die Flolzbemalung zu. Diese Personen arbeiten im Rahmen einer Gewerbeberechti gung oder als Mitglieder der Berufsvereinigung der bil denden Künstler. Wie steht es nun mit dem Handwerk? Dieses ist natür lich in einer gleichen Wandlung begriffen. Aus den zünf tischen Handwebereien wurden die „mechanischen We bereien", wie sie für das Mühlviertel kennzeichnend sind. Dabei fand ein harter Ausleseprozeß statt, der die Anzahl der Betriebe bis auf einige Dutzend reduzierte. Gegenwärtig geht die Entwicklung durch die Automati sierung weiter. Die gewerblichen, großgewerblichen und auch die industriellen Textilerzeuger des Mühlviertels fertigen Leinen als Grundlage für Stickereien, sie ferti gen Trachtenstoffe und erzeugen Tischwäsche, die in je der Beziehung als Volkskunst bezeichnet werden kann. Die Handdruckerei ist in Oberösterreich allerdings be deutungslos geworden. Ein einziger alter Mühlviertler Handwerker stellt für seine Freunde ausnahmsweise noch echte Blaudrucke her; eine bedeutende Erzeugung von IRintdrucken ist aus Flaslach nach Salzburg abgewandert und die Versuche, die in den letzten Jahren in Wels ge macht wurden, scheinen steckengeblieben zu sein. Die vielen Färber und Blaudrucker des Landes sind entweder in andere Berufe ausgewichen oder haben sich in che mische Kleiderreinigungsanstalten umgewandelt. Es mag wohl in der Eigenart des Materials und im Um fang von Angebot und Nachfrage gelegen sein, daß die Töpferwerkstätten die Zeitläufte verhältnismäßig unver ändert überstanden haben. Einfache, unglasierte Ware wird in unseren keramischen Betrieben nicht luehr her gestellt, dafür hat die Gefäß- und Ofenkeramik des Salz kammergutes beim internationalen Kunstgewerbe große Bedeutung erlangt. Neben den Werken des modischen Geschmackes stehen die Erzeugnisse der überlieferungs gebundenen, unpersönlichen Kunst in recht lebhafter Blüte. Hochwertige Keramikwerkstätten sind außerdem über das ganze Land verbreitet, besonders erwähnt müs sen die Ofenkeramiken im Hausruckgebiet sowie einige industrielle I^etriebe von Linz und Steyr werden. Die Schmiede sind am besten Wege, sich in Land maschinen-Reparaturwerkstätten umzuwandeln; die „fei neren" Eisenarbeiten werden schon seit langem von den Schlossern besorgt. Kunstschlossereien gibt es in ganz 82

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