Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

Bemalung wurde entweder von eigenen „Lackierern" oder, bei den einfachen Stücken, von den Männern und Frauen besorgt. An der Grenze zwischen künstlerischem HausOeiß und Hausgewerbe, einmal diesem, dann jenem zugehörend, stehen die freien künstlerischen Arbeiten der Herrgottund der Krippenmandelschnitzer sowie der Masken schnitzer, die das benachbarte Gebiet um Ebensee be kanntgemacht haben. Den Übergang vom Hausfleiß zum richtigen Handwerk können wir bei den Möbeln besonders gut veii'olgen. Das Bauernhaus verfügt bis in die ausgehende Renaissance kaum über bewegliches Mobilar. Die wenigen Einrich tungsgegenstände sind wandfeste Eckbänke, Tisch, Sitz bank und die aus dem liegenden Einbaum gehauene Truhe. Es war dies auch in Oberösterreich so, bis man über das Bürgertum das „neumodische" Mobilar kennen lernte. Zunächst war man noch wirtschaftlich erschöpft von den Folgen der Bauernkriege und den Lasten der Türkenzeit, aber dann konnte man es sich immer mehr leisten, am allgemeinen barocken Wohlstände teilzu nehmen und sich zumindest das Schlafgemach mehr oder weniger prunkvoll einzurichten. Die „schöne" oder „hohe" Stube entstand, während der Aufenthaltsraum für die kurzen Ruhepausen zwischen der Arbeit, die eigentliche „Bauernstid)e", bis in unsere Tage ohne we sentliche Einrichtungsgegenstände blieb. E)ie Truhen wurden früher von Bauern aus einem liegenden Baum stamm selbst gehauen, später grob gezimmert. Sie waren in einfacher Ritztechnik verziert zu der, wie bei der Stollentruhe im südöstlichen Landesteil, wenige Erdfarben traten. Auch die Sitzbank war noch ein Erzeugnis des Bauern, während wir bei den „Spreißeltruhen" des Hausruckviertels schon Tischlerarbeiten vor uns haben. Die Dekoration dieser Truhen mutet mit ihren geo metrischen Leisten, Feldern und Ornamenten durchaus spätgotisch an. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun derts entfaltete sich in den zünftischen Tischlerwerkstät ten ein volles Säktilum hindurch ein handwerkliches Können in nie dagewesener Höhe, durchdrungen von einer Farbigkeit, die alle Schattierungen von zögernder Zurückhaltung bis zum überquellenden Rausche meister haft beherrschte. Die Einflüsse einer persönlichkeits gebundenen Stadtkunst sind unverkennbar, sie wurden jedoch von den Handwerkern und ihren malenden Frauen vollkommen in den Bereich des Urpersönlichen übersetzt. Es ist hier nicht der Raum, die landschaft lichen und werkstattbedingten Unterschiede zu be sprechen, wir begnügen uns mit einer Aufzählung der wesentlichen Typen. Die Mühlviertier Möbel zeigen die größte Earbenfreudigkeit, aus der Gegend um Ereistadt stammt die Bemalung mit den großen roten Rokaillen. Im Innviertel sind die Giebelschränke daheim, im Haus ruckviertel zimmerte der „Tischler im Moos" pagoden artige Schränke, die reich bemalt und mit Spruchbändern verziert sind. Kremsmünster entwickelte Kästen, auf denen die „vier Jahreszeiten" dargestellt sind,im Krems tal sind Möbel heimisch, die türkische Motive tragen und häufig stilisierte Vögel, wahrscheinlich Gimpel, zeigen. Den absoluten Höhepunkt bilden die Florianer Reiterkästen, die neben den aufgeklebten KupferstichSi. * II Handgeschnikte Klapp-Butterforrn und BuHerroIIer aus dem Salzkammergut. Husaren eine Bemalung aufweisen, die den Einlegearbei ten der barocken Kästen nachgeahmt ist. Im Salzkam mergut, besonders in der Viechtau und ähnlich in Hallstatt, sind Kästen mit abgeschrägten Ecken, Eierstabverzierun gen und pombierten Türfüllungen, die dort „Polsterl" genannt werden und eine unaufdringliche, aber reiche Bemalung zeigen, heimisch. Auch hier tritt das Vogel motiv immer wieder auf. Vergangenes Jahr entdeckte der Verlässer bei einer alteingesessenen ländlichen Handwerkerfamilie in der Nähe von Bad Ischl einen Kasten, der einem seltenen Typus zukommen dürfte. Seine Grundform ist Renaissance. Der Kasten hat jedoch oben und unten einen Kranz und steht auf scheiben förmig plattgedrückten Eüßen. Er ist sparsam mit zar ten Blumen auf blauem Grunde bemalt und teilweise geschnitzt. Der Kasten ist mit 1804 datiert. Es handelt sich hier zweifellos um einen Übergang zu den geschnitz ten salzburgischen Formen — ob man das eine Stück aber als „Ischler Kasten" bezeichnen kann, ist noch unge wiß. In der Gegend um Vöcklabruck gab es um 1780 häufig eine Kastenform, die Renaissancegepräge trug und überreich mit stilisierten Blumen bemalt war. Dieses Möbel wurde um 1804 von einem Typus abgelöst, der deutlich dem Viechtauer Polsterlkasten nachgebildet war und eine reiche, fast ungarisch anmutende Bemalung auf rosa Grund zeigt. Solche Stücke dürften bis um 1840 erzeugt worden sein. Rein dem überlieferungsgebundenen Handwerkerkreise sind die „Modelstecher", die kunstfertigen Erzeuger der Blaudruck- und Lebzeltmodel, zuzurechnen. Sie haben 79

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