Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

bußfertigen Welt, sein Herz erscheint in der Form einer Sanduhr, da er doch die große Sttinde der Anktinft des Herrn verkündete. Ihm gegenüber die bewegte, von der Vision des leidenden Messias bis ins Mark erschütternde Gestalt des Pro pheten Isaias. Über einem Seitenaltar die zarte Verkündigung.sszcne — anders als die dramatische in der Linzer Bindermichl-Kirche, in der man den Ruf des Engels, die weltbewegende Größe seiner Botschaft zu hören glaubt und sich Maria dieser Botschaft wie ein Person gewordenes Jawort mit Leib tind Seele entgegenneigt. Hier, in der Wiener Ka pelle, ist der Engel ganz versunken in das unfaßbare Geheimnis der Kunde, die er überbringt, und zarte Bereitschaft schaut aus den klaren Augen Mariens. Eine originelle, kraftvoll-geschlossene Komposition stellt die Szene der Verkliirung Ghristi am Berge Tabor, mit den Erscheinungen des Moses und des Elias, an der Rückwand dar. Ganz von benediktinischem Ernst und gelas.sener Heiterkeit durchhaucht ist das Bild des heiligen Ordensgründers Benedikt über dem zweiten Seitenaltar: die großen, liellen cj^uadratischen Farbflächen des Flintergxundes muten wie ein Sinnbild seiner Ordensregeln an, wie frucht tragende Gartenbeete, klug eingeteilt und umhegt, und doch wieder wie Qua dern eines mächtigen Baues. Die Glasmalerei mit den arteigenen Im perativen ihrer Technik — schemati sierte, starke Zeichnung, Flächenhaftigkeit der Komposition, eigenartiges Ar beiten mit Farbflächen — mag den Stil der Wandmalereien unserer Künstlerin beeinflußt haben. Jedoch weiß niemand besser als sie selbst, daß ihr die letztere Kunstgattung unvergleichlich mehr Mög lichkeiten der malerischen Gestaltung, der Nuancierung, des Ausdruckes bietet. Bei den Wandmalereien kommen uns die Stil- und Ausdrticksmittel der Künst lerin, die in den Gla.sgemälden von der leuchtenden Farbenpracht und den an deren Eigenschaften der Ktmstgattung wie verdeckt werden, erst voll zum Be wußtsein: die eigenartige Sprache dieser Kunst, die Aufsehen erregt, von man chen Kreisen auch erbitterte .Ablehnung erfährt. Was für eine Bewandtnis hat es damit? Mit ein paar Worten möchte ich noch versuchen, den Wurzeln der Eigen art dieser Kunst nachzuspüren, nur möge man bedenken, daß wir uns dabei an den Grenzen dessen bewegen, was in Worten überhaupt noch ausdrückbar ist. Wie in der modernen Kunst überhaupt, so werden auch hier die Naturformen 57

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