Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

4.; wogenen architektonischen Aufbau ein episches Werk. Auf dem rechten Fresko Jesus am Kreuze zwischen dem reuigen Adam, dessen Sünde den Opfertod Christi heraufbeschwor, und Petrus, zu dem sich der Herr mitsamt dem Kreuze hinneigt, um ihm gleichsam die Früchte die Erlösungstat zuströmen zu lassen. Am linken Fresko ist das Leben der Kirche auf Erden versinnbildlicht unter dem Zeichen des „Mannes auf dem Esel" (Christus), die Märtyrer Johannes der Täufer, der hl. Stephanus und der Apo stelfürst Petrus. In der Mitte schließlich der Triumph Christi, des Allbeherr schers, und der Kirche. Im ganzen ist also das Thema des dreiteiligen Gemäl des Christus und die Kirche. Auch hier wieder eine großartige Raum ausfüllung, die unterstützt wird durch eine von der Glasmalereitechnik inspi rierte, fein abgewogene Aufteilung der Gesamtfläche in große, dezente Farbfel der. Diese Raumbehandlung vermittelt mit der Gesamttönung und den impressiven,großfigurigen Kompositionen einen Eindruck imponierender Monumentali tät. Die stark schematisierende und ab strahierende Zeichnung der Gesichter und Gestalten, die übergroßen Augen, die eckigen Haltungen und Gebärden, die viereckigen Earbflächen, welche die Figuren und den Hintergrund völlig un naturalistisch durchschneiden, mögen zu nächst als eine gewisse Starrheit empfun den werden. Versenkt man sich jedoch in die Betrachtung der einzelnen Ge mälde von Figur zu Figur, so wandelt sich dieser Eindruck allmählich in sein gerades Gegenteil und wir merken, daß sämtliche Gestaltungsmittel dazu ver wandt wurden, um in strömender Bewe gung die einzelnen Kompositionen als Einheiten, von einem Sinn, einem Ge fühl durchwaltet, erstehen zu lassen. Durchströmt nicht ein pulsierendes, ge waltiges Leben, eine Kommunikation, existenzielles Geben und Empfangen zwischen wenigen großen Figuren etwa das Bild der verfolgten Kirche, wo die Gebärden zu Rufen werden, die zwi schen Christus und den Märtyrern hinund herschallen, wo der abgeschlagene Kopf des Johannes, die Steine, die Ste phanus erschlugen, wie Zeichen leid voller Opfer emporschweben, wo der kopfüber gekreuzigte Petrus mit seinen Füßen den Herrn über ihm in nimmer müder Treue stützen zu wollen scheint? Unvergeßlich auch die Figur des Engels im Mittelfresko, der mit allen Sehnen und Flügeln sich stürmisch zu Christus hinaufschwingt, während im Kontrast dazu Maria sich immer noch mitleidvoll hinabneigt zur Erde, mit flehender Ge bärde zu ihrem Sohne Fürbitte für die Menschheit leistend. r Salzburg, Stift St. Peter, Marienkapelle. Aus dem Fresko „Das große Halleluja" (Foto ; Schreiber) Die großzügige, geschlossene Konzeption, deren nicht minder geschlossene male rische Bewältigung (der nicht einmal die spürbare Stilentwicklung von dem ersten Teilgemälde zu den beiden letzten etwas anhaben kann), die Kraft des Ausdruckes und die Erlebnistiefe, die Modernität des Werkes, die in heutiger Sprache zur heutigen Zeit spricht und sich dabei doch so wundervoll in den gotischen Raum einfügt, daß es in dieser Umge bung gleichzeitig auch archaisch wirkt. alles das stempelt die Salzburger Bilder nach meinem Ermessen zu einem der bei den Hauptwerke der Künstlerin. Es scheint so zu sein, daß sich ihr künst lerisches Wesen am besten an umfang reichen Kompositionen entfalten kann. Dies kommt wohl daher, daß in ihren Werken an Stelle der realistischen Aus führung von Einzelheiten Ausdruckselemcnte symbolhafter Art treten, die innerlich auf ein Zusammenspiel in grö ßeren Zusammenhängen angelegt sind 55

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