Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

«If OTTOKAR BLAHA Als ich vor ein paar Jaiircii zum erstcnmai in der Saizburger Marienkapeiie von St. Peter vor Wandgemaidcn der Male rin Lydia Roppoit stand — damals war sie mir selbst dem Namen nach noch unbekannt —, war auch ich betroffen von der ungewöhnlichen, neuartigen, harten Sprache, die sie sprechen. Doch ich spürte ebenso den starken Anruf, der von ihnen ausgeht, der uns unwider stehlich anzieht. Gehör erhei,scht. Ich habe also getan, was man wohl tun muß, um diesem Anruf gerecht zu wer den: ich bin wieder gekommen und bin schließlich nicht mehr losgekommen. Seither hat die Künstlerin noch eine Reihe von großen und kleineren Wer ken geschaffen — meist monumentale Glas- und Wandgemälde —, ihr Stil hat gewisse Entwicklungen durchgemacht, im wesentlichen aber ist es eine einheit liche künstlerische Sprache, die sie in jenen Jahren gefunden hat. Es ist moderne Kunst, zeitverbunden und dem zeitgenössi.schen Kunstschaffen verbun den, und doch wieder ganz eigene Wege suchend. Es ist auch eminent religiöse Kunst. Doch damit ist noch nicht viel gesagt, denn so wie in der modernen Kunst, liegen auch in der religiösen Das l^ünstlerisdie Werl^ der Lydia IR^ppolt Kunst der Gegenwart unendlich viele Möglichkeiten eingeschlo.ssen. Wie es mir vor dem Salzburger Werk geschehen war, ergeht es vielen vor ihm und vor andereu Arbeiten der Malerin. Diese Kunst packt uns unsanft an, macht keine Umstände. Es ist keine bloß dekorative und keine bloß erzählende, keine bloß Stimmungshafte, aber ebensowenig eine rein intellektuelle ICunst. Es steckt sehr viel in ihr. Aber — und um das kommt man nicht herum — sie verlangt auch sehr viel von uns: ein wirkliches Mit gehen und Mittun. Oberflächlich hin nehmen kann man sie nicht. Die Kunst der Lydia Roppoit ist heute mit Oberösterreich eng verbunden und da sie wohl geeignet ist, Aufmerksam keit und Interesse in hohem Maße zu erwecken, möchten wir sie an Hand einiger ausgewählter Reproduktionen und mit ein paar Worten vorzustellen versuchen. Es darf dabei allerdings nicht übersehen werden, daß die beste photogTaphi,sche Wiedergabe die ganze Wir kung eines Kunstwerkes bei weitem nicht vermitteln kann, schon gar bei Arbeiten, die so ganz in bestimmte Räume hineinempfunden wurden. Ausgegangen ist die Kunst Lydia Roppolts von Wien. Hier hat die Künstlerin die Akademie und die Meisterschule für Malerei (Professor Sergius Pauser) ab solviert und den Staatspreis eriungcn. In Wien gibt es jedoch nur wenige Werke von ihr. Die bedeutendste För derung hat sie zuerst vom verstorbenen Benediktiner-Erzabt von St. Peter in Salzburg erfahren, von dem der Auftrag für das eingangs erwähnte Wandgemälde und noch andere Arbeiten ausging. Mit Oberösterreich ist sie, wie gesagt, heute sehr eng verbunden: liier befindet sich in einem einfachen Haus abseits des kleinen Ortes Oberwang unweit des Mondsees im Salzkammergut ihr stil volles Sommeratelier (von diesem Hause leuchtet über das Tal ein großes Fresko, der selige Konrad, Abt von Mondsee, dessen Erinnerung in der Gegend lebt); viele Monate lang arbeitet oft die Male rin in der Gla&nialereiwerkstätte des Zisterzienserstiftes Schlierbach an ihren riesigen Glasfenstern, nachdem sie sei nerzeit hier von P. Petrus Raukamp in die Technik dieser Kunst eingeführt worden ist; und in der Landeshaupt stadt von Oberösterreich, in Linz, zieht eines ihrer interessantesten Werke, der Glasfries in der sogenannten Bindermichlkirche, seit einigen Jahren die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Wenden wir uns zunächst den Glas gemälden zu. In der Ruprechts-Kirche, der ältesten Kirche von Wien, zeigt ein großes Glasfenster die „Taufe Christi", das erste Werk der Malerin auf diesem Gebiet, das sogleich den Auftrag für 14 Fenster in der Pfarrkirche in Edmonton (Kanada) einbrachte, mit dem Thema des Kreuzweges. Überraschend ist bereits die Meisterschaft aller dieser Arbeiten und ihr eigenartiger Zauber in der lebhaften Farbgebung und ori ginellen Komposition, in der verschlun genen Linienführung und glänzenden Flächenausfüllung. In den nächsten Jah ren folgte die malerische Ausgestaltung der Fenster mehrerer Kirchen und Kapellen: im alten Konradskirchlein in Oberiuang hei Mondsee (Darstellungen zum Rosenkranz in der yVpsis, zu den alttestamentlichen Messiasprophezeiun gen an einer Seitenwand, neben der Sängerempore der „sei. Konrad"); in der neuen Kirche in Pfandl bei Bad Ischl (9 Fenster mit bibli.schcn und .symbo lischen Themen über die Gottesmutter); kleinere Fenster in einer Kapelle bei der neuaufgebauten Münzgrabenkirche der Dominikaner in Graz in der Steiermark. Der Stil der Malerin hat sich nun etwas gewandelt. Während in den allerersten Arbeiten die Figuren vollkommen in die Farben- und Lininenströme der Fenster und in das Netz der Bleieintässungen, 52

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2