Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

graphische Element in den Glasgemälden wurde zurück gedrängt zugunsten einer lauteren Glastechnik, die nun am gelöstesten in Betonfenstern auftritt, wie sie Mar gret Bilger für die Kirche Salzbtirg-Hernau entworfen hat. Große Projekte stehen vor ihrer Verwirklichung, überseeische Aufträge mußten in verhältnismäßig kurzer Frist bewältigt werden. Es wäre zu begrüßen, das gilt ganz allgemein, wenn die Auftraggeber daran denken würden, daf3 gerade künstlerische Belange Zeit zum Wachstum benötigen. Die Entwicklung dieser Künstlerin ist ein beredtes Beispiel dafür. Das wiedergegebene Franziskusfenster aus der Kapelle der Schulschwestern in Vöcklabruck scheint uns gerade in der Mitte zwischen dem älteren graphischen Fensterstil Margret Bilgers und den neuen Entwicklungen zu liegen. Was hier nun in kurzen Zügen von neuer Kirchenkunst erwähnt wurde, entstammt alles den letzten Jahren. Wir müssen vielleicht noch einen Namen nennen, der eine Brücke zwischen den Bemühungen um die Erneuerung der Kirchenkunst in den dreißiger Jahren und dieser Gegenwart schlägt: Professor Alfred Stifter. Wer die Möglichkeit hat, in Laakirchen die Pfarrkirche zu be suchen, wird überrascht sein, daß diese Neugestaltung einer gotischen Kirche der Mitte der dreißiger Jahre ent stammt. Wir können uns heute nur mehr schwer einen Begriff machen vom Mut und von der Begeisterung, die damals für so ein gültiges Werk notwendig waren. Dazu seien aus der jüngsten Schaffenszeit Professor Stifters wenigstens die Fenster in der neuen Kirche St. Martin bei Traun genannt; diese Werke eines Mannes in Laa kirchen und in Linz umspannen die Zeit des I^erichtes, die als Gegenwart überschrieben ist, weil die Wurzeln auch der gegenwärtigsten Künstler noch in den drei ßiger Jahren liegen, von den ganz Jungen abgesehen. Der Aufbau ist aus unserem heimatlichen Menschentum er folgt, im letzten Jahrzehnt ist ein wahrhaftes Welt erlebnis nicht nur in die Kunstwelt unserer Heimat ein gebrochen. Welthafter ist unsere Sicht geworden. Ansprache von Professor Fritz Fröhlich zur Eröffnung der Jahresausstellung 1960 des Oberösterreichischen Kunstvereines Nach eines sehr berühmten Mannes Wort soll der Künstler nicht reden, sondern bilden. Um diese Mahnung zu beherzigen, überlasse Ich Wertung und Führung durch dos hier Gebotene den Berufenen und beschränke mich darauf, einige Anliegen vorzutragen, die vielleicht zur Verdeutlichung der Situation einiges bei tragen und den Kontakt zu den Freunden unserer Ver einigung vertiefen helfen. Sie wissen, daß um 1910 herum die ausstrahlende Kraft der Kunst des 19. Jahrhunderts versiegte. Die große euro päische Welle des Impressionismus fegte die letzten Reste der Nachromantik, der Spätnozorener hinweg. Der Im pressionismus blieb in seiner Malkultur zunächst traditions gebunden, doch war er zugleich der Türöffner für kom mende künstlerische Ereignisse von weltweiter Bedeutung. In der Folgezeit traten in ungeahnter Fleftigkeit, in oft bestürzender, nicht selten schockierender Weise Formen der künstlerischen Aussage auf den Plan, welche zutiefst beunruhigend wirkten Der aggressive Charakter mancher solcher Manifestationen brachte es mit sich, daß leiden schaftliche Ablehnung und leidenschaftliche Begeisterung die ständige, sehr mißtönige Begleitmusik dieser revolu tionären Aktionen wurden. Unter Beifall und Flaßgesängen also schritt die Entwicklung voran. Schrille Flöhepunkte die ser schwankenden Zeiten gellen heute noch in unserem Ohr. Die Zäsur des Dritten Reiches in Deutschland, die kür zere In Österreich blieb ohne jede historische Bedeutung. Noch dem zweiten Weltkrieg, in der freien Welt auch während des Krieges, wurden alle Ansätze weiterent wickelt. Kaum beachtete einzelne Vorstöße der Jahre knapp vor dem ersten Weltkrieg erwiesen sich als zu kunftsträchtig, verlachte und verhöhnte Konzeptionen wur den nahezu über Nacht zu Ansatzpunkten mächtiger Be wegungen. In Europa und nun auch in Amerika und Japan setzen, erstmalig in der Geschichte der menschlichen Kulturen, In nicht verabredeten, aber trotzdem gemein samen Bemühungen die schöpferischen Begabungen ein, Zeichen auszubilden, welche überall in der Welt verbind lich sein sollen, weil sie menschliche Anliegen allgemeinster Art zum Kristallisationskern haben. Eür Europa bedeutet dies die Aufnahme exotischer Elemente, ober auch Rückgritfe auf Bauelemente der Kunst aller Völker aller Zelten. Von der Vehemenz dieser Entwicklung können Sie sich einen Begriff machen, wenn Sie bedenken, daß sie selbst vor Eisernen Vorhängen nicht Flolt macht, sondern tief in dos von den Sowjets beherrschte Gebiet hineinreicht. Als Beleg für diese uns hier interessierende Tatsache führe ich die Zeitschrift des Verbandes der bildenden Künstler der CSR an. Im Oktoberheft dieses Jahres finden sich fol gende Sätze: „Die Kunst steht als Wert über der wirtschaftlichen Basis. Es Ist daher nicht möglich, daß Veränderungen in dieser Basis die Maßstäbe auf dem Gebiete der Kunst voll kommen umstoßen. Unsere Kunst", fährt der Schreiber die ser Zellen fort, „war oft desorientiert, die Ursache war das Negieren der künstlerischen Entwicklung." 44

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