Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

von P. Everard von Raiuenaii begonnen worden, nach Carlantonio Carlone hat Jakob Prandtauer mit zwei großen VVirtschal'tshöl'en und dem Eichentor die ent scheidende Achse gezogen und schließlich hat wieder ein Stiftsangehöriger, P. Anselm Desing (1759), mit dem Bau der Sternwarte die kennzeichnende Silhouette vollendet. Während man die zweigeschossige romanische Marien kapelle abgerissen hat, ist hier, ebenso wie in dem gleichzeitigen Baumgartenberg, der mächtige Kirchenbau der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik erhalten geblieben und mit reichen Zieraten in Stuck und mit Deckengemälden wahrhaft barockisiert worden. Es mag sein, daß der Verzicht aid einen Kirchenneubau die um so großzügigere Gestaltung des Konventbaues ermöglichte, der in drei leicht gegeneinander abgewinkelten und zurückspringenden Baukörpern die das Tal beherr schende Lehne krönt und in dieser Bewegung sogar die Südfront von Melk übertrifft. Ein Prandtauer-Entwurf für die Bibliothek ist nicht mehr ausgeführt worden. Es bedarf keiner Hervorhebung, daß in den Kapellen und Sälen, aber auch in den Sammlungen des Stiftes Beispiele jeglicher Stufe der Barockkunst in Dekor, Plastik und Malerei erhalten sind (vgl. Abb. 10). Im Gegensatz zu Kremsmünster ist St. Florian an einen Neubau seiner Stiftskirche geschritten, nicht ohne daß Carlantonio Garlone Mauerteile des gotischen Baues ver wendet hätte. Der Innenraum (Abb. 4), eines der Haupt werke dieses Meisters, bietet in seiner Au.sstattung, mit Ausnahme des Hochaltares, eine Fülle unübertrefflicher Kunstwerke dieser Epoche, die in der Hauptorgel auf der zauberhaften Empore, der sogenannten Bruckner-Orgel, von F". X. Krismann(1770—1774)ihre Krönung finden. In die Gestaltung der Konventsbauten, deren Gesamtplan im wesentlichen von Carlone stammt, hat Jakob Prandtauer wie sonst nirgends in Oberösterreich ein gegriffen. Ihm verdanken wir die endgültige Form des einzigartig schönen Stiegenhauses, das im Lande nicht seinesgleichen hat,ihm den Marmorsaal im Südtrakt, wei ter den Entwurf zur Bibliothek und zum Sommerrefek torium, dessen Gegenstück nie errichtet worden ist. Der Bibliotheksbau hat sich nicht an Prandtauers Entwurf gehalten, sondern hat durch den Steyrer Baumeister Gotthard Hayberger eine neue Form erhalten. Auch hier stehen wir vor einer Höchstleistung der spätbarocken Raumgestaltung. Schließlich sei noch an den Wirtschafts hof des Stiftes erinnert, den man gegenüber den Bauten der Flochkunst nur zu leicht übersieht, der aber unter seinem mächtigen, malerischen Dach allen Reiz des Frühbarocks birgt. Dem gegenüber empfindet der Besucher der stark ent stellten Anlage von Garsten schon wegen der jetzigen Verwendung niemals die gleiche Stimmung. Gleichwohl bietet die Kirche nach Entwurf von P. F. Carlone eines der Hauptbeispiele der F'rühstufe des Hochbarock im Lande und sie vermag, sobald man sie betreten hat, in ihrer Einheitlichkeit und ihrem Reichtum der Ausstat tung stets aufs neue zu fesseln. Die Fassade, die lange vernachlässigt worden war, ist nunmehr ebenfalls, wie Abb.6:Lambach,Kaharienbergkirche,Deckenfresko von Wolfgang Andreas Heindl (Foto: Widder) der Prandtauer-Bau des Fdorianer Jagdschlosses von Hohenbrunn,zu einer Hauptaufgabe der Denkmalpflege in Oberösterreich geworden. Der Künstlerkreis von St. Florian bedarf noch einer be sonderen Hervorhebung. Wir haben die dort tätigen vor züglichen Kunsthandwerker, wie Jegg, Melber, Sattler usw., noch gar nicht erwähnt, müssen aber noch notwen diger auf die dort verwurzelten Altomonte, den älteren Martin, und den jüngeren Bartholomäus (1702—1783), hinweisen. Was ihre Wand- und Altarbild-Malerei für das Ansehen der oberösterreichischen Barockkunst be deutet, ist kaum in einigen Worten zu schildern. Fast kann man sagen, es sei keines der Gesamtkunstwerke der höheren Rangstid'en entstanden, in denen nicht ihre Künstlerhand tätig gewesen wäre. Ihre Tätigkeit fällt in eine Zeit, in der die Malerei den Vorrang gewonnen hatte und wir möchten dies an einem Beispiel erläutern, von dem bisher noch nicht die Rede war, dem Zister zienserstift Wilhering an der Donau. m 31

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