Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

i ^3 •■• - ■ J . -«" P mm- ■ .*■ Abh. 3: Spital am P\jhrn, ehemalige Stiftskirche (Foto: Melichar) Abb. 4: St. Florian, Stiftskirche (Foto: Wöhrl) Abb. 5: Waldhausen, ehemalige Stiftskirche (Foto : Eiersebner) Erneuerungen seit den dreißiger Jahren des 17. Jahrhun derts zu verlolgen sind. Einen entscheidenden Akzent setzte hier der Abbruch der gotischen Stiitskirche (1652—1656), wobei nur der aus der Gründungszeit stam mende Westbau erhalten blieb. Die Neuweihe erfolgte im Jahre 1656, doch waren damit die baulichen Arbeiten nicht beendet. Nach einer Pause von fast zwanzig Jahren wurde ab 1681 der Bau der Klosteranlage entschieden wieder fortgesetzt und in dreißigjähriger Tätigkeit im wesentlichen in die heutige Form gebracht, wobei der Zeit um 1770 noch einige Ergänzungen zu verdanken sind. Der neu erschienene 34. Band der Österreichischen Kunsttopographie ermöglicht es, das Werden und Fort schreiten der Anlage und ihrer Ausstattung im einzelnen zu verfolgen. Der als Architekt der Stiftskirche vermutete Philibert Luchese weist auf Beziehungen zum Wiener Hofe. Die Deckengemälde sind erst 1698 durch Melchior Steidl (München) vollendet worden. Nach diesem Präludium und nicht ohne schon vor den angeführten Daten mit einzelnen Neubauten begonnen zu haben, folgen nun in zeitlicher Reihenfolge die Stifte Schlierbach (seit 1672), Garsten (ab 1677), Kremsmünster (seit 1680) und St. Florian (seit 1686) mit der völligen Erneuerung ihrer Klosteranlagen bzw. Stiftskirchen. Sie haben die Namen der Künstlerlämilie der Carlone, die vorwiegend von Passau hierher berufen wurde, mit der Geschichte der oberösterreichischen Barockkunst untrenn bar verbunden. Fast kann man sagen, je später diese grundlegenden Umbauten in Angriff genommen worden sind, in um so vollendeter Gestalt wurde der Bauwille des Flochbarock in ihnen verkörpert. Dies geht so weit, daß man bei Betrachtung der älteren Bauflügel (Sankt Florian, Kremsmünster) in diesen gegenüber den Bauten vom Jahrhundertende last noch einen mittelalterlichen, gotischen Geist zu spüren vermeint. Dies trifft auch bei der reizvollen Anlage von Reichersberg zu; dagegen sind von den ehemaligen Großanlagen von Ranshofen und Waldhausen (Abb. 5) heute neben den Kirchen nur geringe und entstellte Reste vorhanden. Besondere Aid'merksamkeit verdienen natürlich auch die Kirchenbauten der neuen Orden und Klöster, von denen die Jesuitenkirchen in Steyr und Linz an der Spitze stehen, während die ältere Kapuzinerkirche in Wels über einfachste Formen nicht hinausgeht. Bei fast allen dieser Anlagen sind wir über das Aussehen der ersetzten alten Bauteile sowie über die Neuplanungen und ihre Durchführung gut unterrichtet. Es ist aber im Rahmen dieses Überblicks nicht möglich, dieses reiche historische Material systematisch vorzuführen. Freilich wäre dies sehr reizvoll und es könnte die Individualität der einzelnen Gesamtkunstwerke, wie man diese großen Anlagen wohl bezeichnen darf, dadurch erläutert und er klärt werden. Auch scheint uns die Behauptung erlaubt, daß eine Zusammenschau der vier Barockstifte des ober österreichischen Zentralraumes, wie sie einem oberfläch lichen Betrachter an einem Tage ohne weiters möglich ist, selbst dem Uneingeweihten einen bleibenden Ein druck von dem geben kann, was wir als die mächtigste, klarste und groflzügigste Ausprägung des Erscheinungs bildes des Barockzeitalters in Oberösterreich betrachten. Von den vielfachen Akzenten und Varianten seien nur einige hervorgehoben. Das verhältnismäßig kleine, aber einheitliche Stift Schlierbach, begonnen von Pietro Fran cesco Carlone, bietet in seinem Kircheninneren als be sonderen Reiz den Zusammenklang des schweren weißen Stucks mit den mächtigen dunklen Altären und den allein hier verwendeten zarten, vergoldeten Holzorna menten, so sehr diese auch zur Zeit durch Erhaltungsprobleme der Denkmalpflege Sorgen bereiten. Als zier lichen Ausklang wird man bei jedem Besuch den Bibliotheksraum empfinden, iler Joh. Michael Prunner zugeschrieben ist. Die weitläufige Anlage von Kremsmünster, eine der größ ten Österreichs, ist in ihrem Neubau von eigenen Kräften, 30

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