Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

Künstlersippe Oberösterreichs erblicken. Während fünt Generationen sind die Schwanthaler in Ried und in an deren Orten, meist des Innviertels, aber auch in Wien und schließlich iir München als Bildhauer tätig gewesen. Mit ihren Namen verbindet sich eine Fülle von be kannten Kunststätten, beginnend in St. Wollgang, wo dem Meister Thomas Schwanthaler die Rettung des be rühmten gotischen Flügelaltares zu verdanken ist, bis zu der jetzt am höchsteir geschätzten Rieder ÖlbergGruppe seines Sohnes Franz (168,8—I7G2) und den zahl losen Beispielen des Spätstiles im Rokoko, die sich in den Kirchen des Innviertels und der Nachbargebiete erhalten haben. Für die Schwanthalerische Kunst ist es kennzeichnend, daß sie nicht wie die Kunst Guggenbichlers last unver mittelt aus der Umgebung gotischer Bildwerke erwächst, da die wenigen Beispiele des frühen 17. Jahrhunderts, wie der große Hochaltar in Mondsee von dem Salzburger Meister Waldburger, kaum eine Überleitung bilden. Im Imrviertel sind die Schwanthaler die Nachfolger einer ebenso bekannten Künstlersippe, der Brüder Zürn, die gleichfalls in Schwaben ihre Heimat hatte. Die ältere Generation ist von der Innlinie ausgegangen, Braunau tlürlte die letzte Station ihrer Wanderung gewesen sein. Ihr Stil, in drastischer, sehr formbetonter Art gestaltet, bedeutet das Ende dieser manieristischen Welle in einer sehr eigenwilligen und stets fesselnden Gestaltung. Michael Zürn der Jüngere, der dann in Gmunden seine Heimstatt gefunden hat und von dort zahlreiche Kirchen im Traunviertel und bis hinein in die Obersteiermark versorgte (Gmunden, Altniünster, Vorchdorf, Krems münster, Frauenberg bei Admont usw.), hat diesen Manierismus weitgehend umgedacht und umgeformt, so daß etwa die marmornen Engelplastiken in der Stiftskirche Kremsmünster (Abb. 2) zu den Spitzenleistungen alpenländischer Plastik gezählt werden können. Die Orna mentstufe des Knorpelwerkes, aus deren plastischer Ge sinnung auch dieser jüngere Meister hervorgegangen ist, wird im Innviertel mit diesen bekannten Namen noch keineswegs vollzählig erläßt. Von den namentlich noch unbekannten Meistern gruppiert sich eine Werkgruppe anscheinend um Mattighofen, von den im einzelnen noch nicht restlos wissenschaftlich erhellten Werken, z. B. Aschau und St. Florian bei Hel23fau, sind die bedeu tenden, durch eine geglückte Restaurierung der letzten Jahre in ihrer Wirkung außerordentlich gehobenen Plastiken in der schönen, gotischen Kirche von Eggeis berg hervorzuheben. Der große Kruzifixus derselben Kirche, der der Zürn-Werkstatt entstammt, wie auch eine sehr ansjrrechende Madonnenfigur (s. Abb. 9), zeigt das Nebeneinander, Gemeinsamkeiten und Differenzen in eindrucksvoller Weise. Der Großteil dieser meist dem Kult erhalten gebliebenen frühbarocken Plastik findet sich in gotischen Kirchen räumen, mit denen die ornamentreichen Altarbauten und die überaus kräftig modellierte Statuenkunst in un vergleichlicher Zusammenstimmung stehen. Man denke etwa an Zell am Pettenfirst! Diese Eigentümlichkeit ist keine Sonderheit des Innviertels, sondern hat ein Gegenstück in den ländlichen Kirchen des Traunviertels, in Wartberg, Oberrohr, Weigersdorf, wo ebenfalls gotische Räume und frühbarocke Ausstattung (vgl. Abb. 1) miteini I Abb. 1: Weigersdcrf, Filialkirche, Kanzel um 1660 Abb. 2: Kremsinünster, Stiftskirche, Engelstatue von Michael Zürn d.]., ► 1662-86 (Beide Aufnahmen: Widder) ander aufs beste harmonieren. Hier, vor allem im Kremsmünsterer Plärrbereich, waren derartige Beisjriele früher noch viel häufiger, manches davon ist der Regotisierungswelle des 19./20. Jahrhunderts zum 023fer gefallen, man ches andere in der Sjrätzeit des Rokoko in seinen Formen gemildert oder im Sinne des nüchternen Josefinismus umgestaltet worden, wofür die Filialkirche von Schauers berg bei Wels ein sehr gutes Beispiel gibt. Das Stift Kremsmünster hat zusammen mit einem an deren, heute aufgehobenen Benediktinerstift — Garsten — weite Teile des südlichen Oberösterreich kulturell be stimmt. Die Erneuerungswelle, die wir in den Plärr kirchen des Innviertels kurz gestreift haben, hat dieses Gebiet in gleicher Weise erläßt. Die ersten und zugleich bedeutendsten Bildhauer, Hans Degler und Hans Spind ler, sind ebenso wie die Brüder Zürn und der Stamm vater der Schwanthaler vor den Wirren des Dreißig jährigen Krieges aus dem deutschen Südwesten ein gewandert. Man könnte sagen, sie siarangen in die Lücke, die die Auswanderung weiter handwerklicher Schichten 27

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