Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

Sieben Sakramenten beigelegt wird, dürfte wohl nicht von ungefähr sein. Man darf nach dem oben Dargelegten anneh men, daß ihr eine besondere didaktische Absicht des Auftraggebers zugrunde lag — eine Tendenz, die gerade durch die Auseinandersetzung mit den lutherischen Thesen ihre besondere Aktualität erhielt. Diese Bewegung war in den Jahren zwischen 1521) und 1525 auch in Oberösterreich mit aller Vehemenz eingedrungen und ihre durch Bücher, Predigten und Flugschriften popularisierten Grundgedanken müssen auch bei uns die Gemüter bis in die kleinen Landpfarren hinein bewegt haben, noch bevor es 1559/60 zu dem bekannten kirchlichen Umsturz und dem Ausbau des Protestantismus unter Maximilian II. kanri». Von Frankenmarkt hören wir, daß es von der Visitation im Jahre 1544 aufgesucht wurde. Der Bericht läßt erkennen, daß das katholische Kirchenwesen in Ober österreich zu dieser Zeit noch bestand, jedoch bereits sehr gefährdet war-jo. Mau ritius Weber (bis 1572) ist der erste ge sicherte protestantisch orientierte Pfar rer, welcher sich dem Kapitel Mattsee gegenüber damit rechtfertigt, daß er ge zwungen wurde, einem „jeden das Sacrament, wie ers begehrt, zu reichen und zu geben, nach Vermög der Augsbur gischen Gonfession, wie man solches dann in anderen Orten des Landes auch hält". Kennzeichnend für die innere Drangsal ist sein Ausspruch, „es kenne sich jetzt niemand aus, wem man ge horchen solle, weil die geistliche Obrig keit anderes befehle als die weltliche und weil letztere die Gewalt habe"öi. Noch 1609 war fast der ganze Markt protestan tisch und in einem Protest dieses Jah res gegen die Einsetzung katholi.scher Pfarrherren beriefen sich die Einwohner darauf, daß „sie seit 42 Jahren im ruhigen Gebrauch der augsburgischen Konfession gewesen und darin aufgewach.sen seien"52. Man muß also seit spätestens 1567 mit der ungebrochenen Herrschaft des Protestantismus bis in den Anfang des 17. Jahrhunderts rech nen. Seine eigentliche Unterdrückung und Vertreibung erfolgte in unserem Gebiet erst 1624/25^3. Daten, die sich mit den Malereien in Zu sammenhang bringen ließen, gibt es nicht. Aus der Zeit der bereits erfolgten Rekatholisierung — 1630 — ist eine Nachricht über einen in der Kirche tätigen Maler von Lauffen vorhanden54; er scheidet als Schöpfer der Chorfresken um diese Zeit aus stilistischen Gründen aus. Das Inschriftdatum von 1583 zwi schen den Apostelmedaillons kommt ebenfalls nicht in Frage, da wir uns da mit in der Residenzzeit des Pfarrers Philipp Straßer befinden, der, ursprüng lich katholisch, dann zum Protestanti.smus übergetreten, schon 1581 von Matt see aus abgesetzt, jedoch nicht vertrieben werden konnte^ö. Es kann also auch aus historischen Grün den ausgeschlo.ssen, zumindest als höchst unwahrscheinlich angesehen werden. daß diese Malereien in einer Zeit ent standen sind, zu der Frankenmarkt nach Ausweis der Landes- und Ortsgeschichte überwiegend protestantisch war. Der Zeitraum ab zirka 1567 bis 1609 und später erst recht, scheidet damit aus. Als terminus postcjuem wäre wegen der „Tendenz" der Malereien der Einbruch des Protestantismus im Lande, also ab zirka 1525, anzunehmen. Schon in die ser Zeit gab es örtliche Auseinander- •setzungen auch verwaltungsmäßiger Natur, da der mit den Protestanten sympathisierende Cyriak von Pollheim und dann sein Bruder Weikhard von 1512—1533 Pfandschaftsbesitzer der Flerrschaft Franken bürg, wozu Franken markt mit der weltlichen Vogtei ge hörte, waren. Doch hat es unter dem Pfandinhaber Hofmann von Grien büchel von 1533—1555 knapp vor dem Umbruch eine dem Katholizismus vor übergehend günstige Periode in Fran kenmarkt gegebenä#, welche sehr wohl als Entstehungszeit dieser in ihrem In halt auf alter Tradition fußenden, offenbar bewußt gegen lutherische Glau bensgrundsätze Stellung nehmenden Malereien gedacht werden könnte. Wer die Träger der drei unter der Jahreszahl 1583 angebrachten Namen waren, konnte bis jetzt nicht fest gestellt werden. Vielleicht handelt es sich um protestanti.sche Bürger Franken markts, welche sich zwischen den stehen belassenen Apostelmedaillonssz verewig ten, nachdem sie den darüberbefindlichen Zyklus übertünchen ließen. ANMERKUNGEN; 1 Biblia Sacra Vulgatae editionis, ed. P. M. Hetzenauer, Ratisbonae et Romae 1922, p. 76; L. Reau, Iconographie de l'art chrctien II/l, Paris 1956, p. 177. 3 K. Künstle, Ikonographie der christlichen Kunst, 1. Bd., Freiburg i. B. 1928, S. 184. 3 M. Geisberg, Geschichte der deutschen Graphik von Dürer, Berlin 1939, S. 67, Abb. 22. 4 K. Künstle, a. a. O., ,S. 184 f.; VV. Mols dorf, Christliche Symbolik der mittel alterlichen Kunst, Leipzig 1926, n. 1018 bis 1021. Vergl. auch die 1516 erschienene „Auslegung der 10 Gebote", welche Hans Baidung Grien mit Holzschnitten illu striert hat; R. Muther, Die deutsche Bücherillustration der Gotik und Frühreuaissance, München 1922; 1. Bd., n, 1400, 2. Bd., Abb. 238-247. P. Gruber, Eine bildliche Darstellung der zehn Gebote Gottes In: Mittheil. d. Centr. Commission 22, N. F., 1896, S. 98, Fig. 10, 11; W. Frodl, Die gotische Wandmalerei in Kärnten, Klagenfurt 1944, S. 123. » J. Braun, Tracht und Attribute der Hei ligen in der deutschen Kunst, Stuttgart 1943, S. 346 ff. ^ J. P. Migne, Patrol. lat., 39, Sp. 2189 f; W. Molsdorf, a. a. O., n. 1022—1025; J. Baum, Die Malerei und Plastik des Mittelalters 11, in: Handbuch der Kunstwis,senschaft, Wildpark-Potsdam 1930, S, 195 ff.; A. Katzenellenbogen, sub •Apostel, in: Realle.xikon zur Deutschen Kunstgeschichte 1, Sttittgart 1937, Sp. 823 ff. 8 Moksdorf, a. a. O., n, 1024. 8 G. Tripp, Spätgotische .Apostclmedaillotis in der Pfarrkirche von St. Wolfgang, in: Österr. Zeitschrift für Ktmst ttnd Denkmalpflege X, 1956, S. 54 ff. 48 J. P. Migne, Patrologia Graeca 3, Sp. 119-370. 11 R. Benz, Die Legenda atirea des Jacobtis de Voragine, Heidelberg o. J,, S. 583 ff.; ztt dem ganzeti Fragetikomplex: K. .A. Wirth, sttb Engelchöre, itn Reallexikon zitr deutschet! Kttnstgeschichte, 52./53. Lieferttng, Sp. 555 ff. 13 W. Pauker, Der marianische Bildercycltts des Stiftes Klostertieubtirg, in: Berichte und Mitth. des Alterthums-Vereities zu AVien, 35. Bd., 1900, S. 1 ff.; O. Benesch. Die Getnäldesammlung des Stiftlichen Museums, in: Katalog der Stiftlichen Kunstsammhing 1, Klosterneubttrg 1937, S. 52 ff.; H. .Aurenhammer im Katalog der Ausstelhing „Maria. Die Darstellung der Madonna in der bildenden Kunst", Wien 1954, S. 45 ff. 13 So z. B. bei der Glorie Christi itn Cod. lat. 1141, fol. 5v, 6 der Pariser NationalBibliothek (2. H, 9. Jh.); zitiert tiach H.Attreuhammer,Lexikon der christlichen Ikonographie, 2. Lief., Wien 1960, S.90. 14 R. Benz, a. a. O., S. 590. 13 F. J. Motte, .Altdeutsche Schauspiele, Leipzig 1841, S. 19 ff.; zitiert nach G. Schmidt, Christtis atif der Himtnelsstiege, in: Christi. Ktinstbl. 93, 1955, S. 132 ff., bes. S. 135 tt. Antii. 11. Der Hinweis wird G. Schtnidt verdatikt. 10 J. Jahn, Lticas Cranach als Graphiker, Leipzig 1955. S. 52; vollständige Wieder gabe bei F. W. Hollstein, German engravings, etchings and woodcuts ca. 1400—1700, vol. VL .Atnsterdatn o. J., Taf. 73a und 73b. 11 L. Reau, a. a. O., H/1, p. 197 ff.; K. Künstle, a. a. O., 1, S. 84. 18 J. Betz, sub Eucharistie, in: Lexikon für Theol. ttnd Kirche, 2. Aufl. 3. Bd., Frei burg 1959, Sp. 1142 ff. 20

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