Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

schnitten werden. Der sehr schlechte Er haltungszustand läßt kaum etwas aus nehmen. Es verbleiben die eingerollten Spruchbänder mit den lianenartig aus schweifenden Enden. Diese maniriert ornamentale Behandlung gibt es schon iirr 15. Jahrhundert, ferner findet man sie bei Dürer und in seinem Umkreiset. Wenn die dem Stephan Wultinger zuge.schriebene spätgoti.sche Kirche-"- nach J. A.schauer-3 um 1515 unter dem Pfarr herrn Erasmus Kunigswiser erbaut wor den ist, so wird man nicht fehlgehen, diese Aposteldarstellungen in die gleiche zu setzen. Für den Zyklus ist eine .spätere Zeit an zunehmen, wobei das zwischen die Bild nisse eingefügte Signaturdatum 1583 aus stilistischen und — wie noch gezeigt wird — histori.schen und ikonographi- •schen Gründen ausscheidet. Die großen Wandfelder werden vonein ander durch .senkrechte Streifen ge trennt, die an den grau gefärbten Ivonsolsteincn der ehemals vorhanden ge wesenen Rippen ansetzen. Sie zeigen übereinandergestellte, ebenfalls Grau in Grau gemalte Figuren, so daß der Ein druck von mit Grisaillemalereien be deckten I.,iscnen entsteht. Merkwürdig sind die teilweise sehr .schlecht ausnehm baren Gestalten selbst: Putten unter den Konsolen, dämonische Lebewesen männ lichen und weiblichen Geschlechts mit tieri.schcn Köpfen und Endigungen (.Schlangenweih), Masken usw. (.Abb. 1, 6). Motive dieser Art kennt das 16. Jahr hundert reichlich. Vor allem bei den Kleinmeistern der ersten Hälfte, wie Beham, .Aldegrever, Meister I. B. u. a., sind sie als Dekor von Rahmenleisten vertretener. .-Mlerdings ist der lebens frohe, meist scherzhafte Sinn dieser Dar stellungen hier in das Ernste gekehrt. Die düster-dämonischen Gestalten unter den Putten dürften wohl in einem in haltlichen Bezug zu den Szenen der Fel der stehen und .somit keinen bloß deko rativen, sondern auch einen didaktischen Sinn haben. Bei der Komposition der Szenen fällt vorerst auf, daß der Dekalog .-Architek turdarstellungen praktisch nur als Versatzstücke im Bild kennt, der Sakramentenzyklus dagegen reichlich Innenräume bringt, wobei Gotik (Elte, Buße;.Abb. 1, 6) neben Renaissance (Firmuug; Abb. 6) steht. Solchen Synkretismus der Stile gibt es schon um die Jahrhundertwende, wo bei nicht nur an Dürer, sondern etwa auch an einen Einheimischen, wie den Kärntner Urban Görtschacher, zu den ken ist^'i. Natürlich ist die verschiedene Häufigkeit und Intensität der Architek turdarstellungen z. T. gegenständlich be dingt, doch ist der Nachdruck, der bei dem rechten Felde auf die Detailschil derung der Bauwerke gelegt wird, her vorstechend. Bei den gotischen Innen räumen wird m:in geradezu an die ent sprechenden Tafelbilder des Pacherschen .Altares in St. Wolfgang erinnert-8. Es ist ein altertümelnder Zug in diesen Darstellungen, gegenüber den an deren, vor allem denen des Dekalogs. Weiterhin auffallend ist die sum marische Behandlung des landschaft lichen Hintergrundes. Sie ist, wieder be- .sonders in den Dekalogbildern, bloß umrißlich in Grün und Blau angedeu tet und ziemlich bar des romantischen Elementes, das für die Donauschule so kennzeichnend ist. Die Figuren, welche mit viel Rot in den Mänteln vor einem merkwürdig gelben Himmel stehen, sind gedrungen, in charakteristischen Haltun gen und zum Teil stark ausladenden Gesten gegeben. .Auf die Eindringlich keit der Erzählung wird großer Wert gelegt. Dieser heftige, derbe, ja geradezu lands knechthafte Stil hat am ehesten Ent sprechung in dem Innsbrucker Kunst kreis um Jörg Köldereräz. Von seinen zahlreichen Fresken ist mit .Ausnahme der am Goldenen Dachl in Innsbruck so gut wie alles verloren gegangen, da gegen vermitteln die Risse und Hand schriftenillustrationen eine Vorstellung von seinem Stil: provinzielle Herkunft mit Nachwirken von Qualitäten des 15. Jahrhunderts, jedoch für das Neue •so aufgeschlossen, daß seine Werkstatt ab zirka 1506 zu einem Sammelbecken für die .Ausitildung des Donaustiles in Österreich werden konnte-8. Was ihn persönlich, trotz der Beeinflussung durch .Altdorfer, davon unterscheidet, ist eben seine größere „Sachlichkeit", das Zurückdämmen des Romantischen gegen über einer naturgetreuen und eitidringlichen, dabei nicht stimmungslosen Schilderung. Gerade diese Eigenschaften scheinen uns, etwas vergröbertSfl, bei den Frankenmarkter Fresken vorzuwalten. Man wird annehmen können, daß es sich hier entweder um einen (oder zwei?) Künstler aus dem Umkreise des 1540 ver storbenen Meisters oder um lokale, je doch von diesem Zentrum beeinflußte Maler ge!i:indelt hat. Wirkungen der maximilianeischen Hofkunst nach Ober österreich konnten erst kürzlich bei der .Auffindung des Wappenzyklus auf dem „Unteren .Stadtturm" in Vöcklabruck, welcher ein interessantes Gegenstück zu dem des abgebrochenen, von Kölderer gemalten Innsbrucker „Saggenturmes" bildet, nachgewie.scn werdenso. Die Frage, ob die Frankenmarkter Male reien dem ersten oder zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts angehören, läßt sich stilistisch wegen des so gut wie ganz fehlenden Vergleichsmaterials kaum be antworten. Wenn wir uns für das zweite Viertel entscheiden möchten, so nicht nur wegen der sicheren Vorzeitigkeit der um 1515 entstandenen .-Vpostelmedailsons, sondern vor allem auch aus inhalt lichen Gründen, welche ergänzend noch kurz darzulegen sind. Auch Frankeninaikt ist im 16. Jahrhun dert von den Glaidtenskämpfen zwischen Katholizismus und Luthertum nicht ver schont wordeiDi. Es erhebt sich daher die Frage, ob die Ikonologie der Male reien in irgend einer Weise vom Protestantismus beeinflußt worden sein könnte, dies um so mehr, als das lange herrschende Vorurteil einer gänzlichen Bilderfeindlichkeit dieser Glaubensrich tung auf Grund der immer wieder her vorkommenden Malereien nicht mehr gehalten werden kann:«. .Als ..kritische" Gegenstände erweisen sich die Darstellungen der Marienglorie und der .Sakramente. Zur Marienverehrnng ist zu sagen, daß das Luthertum — im Gegensatz etwa zu Galvin — an sich bloß gewi.s,se Wendun gen, die es als Mißbräuche und Aus wüchse ansah, bekämpfte, jedoch nicht die Person der Muttergottes angreifen wollte:«. .Auch die neun Engelchöre sind der protestantischen Engellehre bekannt, wenn auch in der Kunst wohl kaum dar gestellt:«. Der ölten zitierte Holzschnitt L. Granachs d. A., welcher das nächste Vergleichsbeispiel zu Frankenmarkt zeigt, ist undatiert, dürfte aber nach J. Jahn:« den ersten Jahren des zweiten Jahrzehnts angehören und .somit vor dem .Auftreten Luthers in der Öffentlichkeit sowie der näheren persönlichen Bekanntschaft des Künstlers mit dem Reformator liegenso. Dagegen ist die blühende Marienver ehrung in Oberösterreich im 15. und 16. Jahrhundert Itekannt. Volksandacht, Hymnen und Predigt gaben ihr brei testen Raum und eine stattliche Anzahl von Kirchen des Landes wurde der Mut tergottes geweihtäz. Der .Angxiff Luthers gegen die von ihm so gesehenen Über treibungen hatte schon 1524 in dem .Schidmeister Leonhard Eleutherobius zu Linz einen Paladin gefunden: in der Vorrede zu einem Traktat Bugcnhagens wandte er sich leidenschaftlich gegen Marienverehrung und Marienpredigt im Lande ob der Enns. Jedoch ist es im ganzen Jahrhundert zu keinen kämp ferischen Exzes.sen in dieser Frage ge kommen:«. Dagegen war es gerade das Tridentiner Konzil (1545—1563), wel ches die Tradition der Marienverehrung empfahl, was dann s])ätcr zu ihrer neuen Blüte geführt hat^». Jedenfalls wird man folgern können, daß eine so betonte Darstellung der Marienverehrnng der ein.schränkenden Haltung des Protestan tismus fremd gewesen ist. 18

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2