Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

relief aus dem Kloster Baumgartenberg angesehen wer den, das das Oberösterreichische Landesmuseum ver wahrt. Andere bedeutende Grabsteine der Spätgotik haben sich in Braunau, Reichersberg, Hellmonsödt und St. Anna in Steinbruch erhalten. An ihnen lassen sich die ver schiedenartigsten Studien über den Wandel der Tracht, der Rüstung, der Schrift anstellen und der Heraldiker findet in ihnen ein unerschöpfliches Forschungsgebiet. An anderen Steinbildwerken sei besonders der Allerheiligentaltar in Altmünster hervorgehoben, der in den großen Kreis der Altäre von Kefermarkt, Zwettl und Mauer hineingehört. Ein beliebtes Material war zu allen Zeiten der vom Bild hauer selbst hergestellte Kunststein. Verschiedentlich wurden aus ihm die „Schönen Madonnen" und die Vesperbilder hergestellt. Diese Art von Plastik dürfte aber aus Salzburg oder Böhmen importiert worden sein. Über die Malerei des Landes kann noch keine wissen schaftliche Aussage gemacht werden, Teilergebnisse müssen an die Stelle eines Gesamtüberblickes treten. Im Herbst 1959 wurden in der ehemaligen Wenzelskirche in Wartberg ob der Aist Grabungen durchgeführt. Ihr Ergebnis brachte wenig Neues für die frühe Bau geschichte, jedoch stellte es die Kunst im Mühlviertel für die Zeit der ersten Jahrhunderthälfte auf eine ge sicherte Basis. In den Hussitenkriegen war die roma nische Kirche zerstört worden und man erbaute vor der Mitte des Jahrhunderts eine gotische Kirche. Von dieser ist noch der Chor erhalten, in welchem sich Reste eines Freskos befinden. War Ghor und Fresko bisher in das Ende des 14. Jahrhunderts datiert worden, so nötigen jetzt die klaren Grabungsergebnisse zu einer allgemeinen Korrektur in der Zeitstellung der Malerei, Plastik und Baukunst. Es steht jetzt fest, daß diese Künste altertüm lich bis zur Jahrhundermitte weiterlebten. In Zukunft ist bei jedem Einzelfall zu untersuchen (zum Beispiel bei den Resten der Glasmalerei in Saxen und St. Mar tin i. M.), ob eine bisherige Datierung „um 1420" jetzt nicht „um 1440" heißen muß. Wie in der Plastik beginnt der breite Strom der Werke erst nach 1470 zu fließen, um nach 1500 eine noch un vorstellbare Dichte zu erreichen. Die Stiftsammlungen gotischer Tafeln in St. Florian und Kremsmünster, welche wohl hauptsächlich Werke aus ihren Stiftspfarren aufbewahren, sind in Form und Farbe, in Stil und Auf fassung verschieden, ohne daß vorläufig noch eine klarere Unterscheidung gegeben werden kann. Michael und Friedrich Pachers Tafeln in St. Wolfgang und Albrecht Altdorfers Altar in St. Florian bedeuten einsame Höhepunkte der oberösterreichischen Malerei. Während aber die Pacher keine große Auswirkung auf die Werkstätten des Landes gehabt haben dürften — so weit sich das heute feststellen läßt —, wurde Altdorfers Donauschule zwar zuerst nur zögernd, dann aber gegen Ende der Gotik überall aufgenommen. Dabei lassen sich ähnliche Auswahlen von künstlerischen Einzelzügen in den verschiedenen Werkstätten und bei verschiedenen Meistern aufzeigen wie in der Kefermarkter Werkstatt. In das Mühlviertel und das Alpenvorland drang die Donauschule nur sehr zögernd vor. Schon sehr reich mit Anwendung dieser Renaissanceelementen und dem schweren Schmuck des Manierismus zersetzt, tritt sie uns an den Tafeln der Altäre der späten Kefermarkter Werkstatt entgegen. Aber auch hier sind die Hauptmeister reservierter in der Auf nahme dieses neuen Stiles, während die minderen Künst ler ihr Nichtkönnen hinter der neuen Ausdrucksmittel zu verbergen suchen. Dieser knappe Überblick deckt erschreckend deutlich auf, wie wenig von der Kunst Oberösterreichs und ihren Zu sammenhängen bekannt ist. Österreichs Kunsthistoriker erforschten die italienische Kunst, beschäftigten sich mit den niederländischen Malern des 17. Jahrhunderts und vergaßen, daß sie durch die Nichtbeachtung der hei mischen Meister die Kenntnis der Seele und der Fröm migkeit des eigenen Volkes unterschlagen. Besser als die Kunst des Barock ist die Gotik geeignet, die Landschafts konstante Oberösterreichs und seiner Viertel zu zeichnen. Der Reichtum an Denkmälern, die Qualität vieler Werke, die Vielfalt der fremden Einflüsse und der eigenen Unterströme lassen es vordringlich erscheinen, daß diese Arbeit aufgenommen wird. 13

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