Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

k: die am Altar besonders an den evangelienseitigen Reliefs deutlich wird. Die Konturen der Gestalten werden weicher, der Ausdruck unbestimmt und verschwommen und der Schnitt läßt die Härte vermissen. Bei den Schlägier Reliefs wird diese Richtung 7,um alleinigen Gestaltungsmittel erhoben. Teigig weich verfließende Tafeln gehen aus dieser Werkstatt bis zum Ende des Mittelalters in großer Zahl hervor. Die Flügel der Altäre in Waldburg und St. Michael ob Rauhenödt zeugen für diese Richtung, die wohl aus dem Einfluß der schwä bischen Werkstatt Gregor Erhalts abzuleiten ist. Eine Gruppe von Flachreliefs, die das erzählende Moment der Heiligenlegenden bevorzugt, bemächtigt sich der gleichen Tendenzen. Sie sind mit der zeitgieichen Erzählkunst der Donauschul-Malerei zu vergleichen. Der ehemalige Hochaltar von St. Leonhard von 1509 ver wendet sehr bald die weichen Schüsselfalten der Richttung Leinbergers. Am Waldburger Hochaltar tritt diese Gestaltungsweise zum letzten Male auf; hier sind aber alle Gewandsäume manieristisch zerbogen und die Falten wülste geknittert. Eine expressive Steigerung, ähnlich der Ekstase des Hoch altares in Zwettl, führt zu Arbeiten, wie dem Preclellenrelief der Marienkrönung von St. Michael. Grundlage bildet auch hier die Werkstatt des Kefermarkter Haupt meisters in seinen Übersteigerungen der menschlichen Bewegung und der Überbetonung spätgotischer Gestal tungsweisen, zum Beispiel der ausdrucksvollen Hände. Schließlich ist noch auf das Fortleben des spätgotischen Gewandstiles aufmerksam zu machen. Diese starken Knitterungen, die wie ein feines Geriesel das Gewand be leben, verwendet noch sehr spät der Meister der Rauhenödter Steinfiguren. Aber auch hier sind alle Gewand säume wie in Waldburg manieristisch bewegt. Wie tief die Werkstatt sinken konnte, beweist der linke Seitenaltar in Waldburg. Sein Meister verstand das Vor bild des Werkstattgründers nicht mehr; die Faltenknitterungen sind als sinnloses Ornament auf den körperlich festen Kern der Gestalten aufgelegt. Mit dieser Überschau wäre das Werk des großen Keferinarkters noch nicht skizziert, wollte man seine Aus strahlungen nach Südböhmen (Muttergottes von Gojau), nach Wien (Ölbergrelief an der Michaeierkirche) und nach Niederösterreich (Maria-Laach am Jauerling und Herzogenburger Marientod, vielleicht die Wiener Neu städter Apostel) nicht andeuten. Wie weit Mauer bei Melk und Zwettl von ihm befruchtet wurden, ist noch lange nicht geklärt. In diesem längeren Überblick über die Werkstatt wird ein ganz neues Bild der y\uswirkung und Reichweite eines großen Meisters der Spätgotik vermittelt. Eine zweite Werkstatt mit sehr ausgeprägten Formen hatte sich wahrscheinlich im Salzkammergut nieder gelassen. Sie wird immer mit dem Namen Lienhart Astl in Zusammenhang gebracht. Es scheint, daß die Gesellen sich dem Hauptmeister fast bedingungslos unterordneten, was das Psychologische und Ikonographische betrifft. In der Darstellung des Gewandes itlieb ihnen jedoch eine gewisse Freiheit. So kommt es, daß in diesem Kreise Werke von verschiedenster Qualität mit dem Notnamen Lienhart Astl bezeichnet werden. Von der Steinplastik der Grabmäler ist vergleichsweise viel mehr erhalten. Hier ließe sich, wie bei der Bearbei tung der Marienstandbilder, ein großer Überblick über das Kunstschaffen in Oberösterreich gewinnen. Die Land schaftskonstante zu erarbeiten, wäre eine der vor nehmsten Aid'gaben der Kunstforschung. Neben den aus wärtigen Meistern Jörg Gärtner und Hans Valkenauer tritt besonders das Werk des Ennser Meisters Andreas Kärling hervor. Er arbeitete um 1520. Seine Formen sprache ist verhältnismäßig derb, die Darstellungen auf den Grabsteinen — wobei er besonders die Passion bevor zugt — aber sind realistisch und von einer tiefen inneren Anteilnahme. Als sein Hauptwerk muß ein Bogenfeld11

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