Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

und Mathes' muß aus einer gemeinsamen Wurzel stam men; der Lehrer der beiden Meister ist bis jetzt un bekannt geblieben. Im Freistädter Chor durchstäben sich geschwungene Rippenzüge, die nicht in reinen Kreisformen, sondern in Kreissegmenten geführt werden. Gleich Stahlschienen, propellerartig in sich verdreht, in verschiedenen Ebenen geführt und verstrickt, werden die dynamischen Rippen bahnen gebogen. Das Gewölbe wurde eigens für diese Rippenverschlingungen konstruiert. Bisher hat es nur die Würdigung des Kunsthistorikers, aber nicht die Be rechnung eines Statikers erfahren. Mathes hat eine zahl reiche Nachfolgerschaft ausgebildet. Die Westempore in Zell verwendet diese Schlingrippen und gemäß der Stil entfaltung in den zeitgleichen figürlichen Künsten wird das Langhaus von Ikönigswiesen von einem kleinteiligen Schlinggewölbe übersponnen. Hier ist die handwerkliche Sauberkeit dem verwirrenden Reichtum zum Opfer ge fallen. Mathes' Bruder Stephan wurde nach dem Brande von Chur Werkmeister dieser Stadt und im Gegensatz zu Mathes hat er viele Kirchen mit seinem Meister zeichen versehen und mit seinem Namen bezeichnet. Die Kunsttopographie der Schweiz würdigt seine Arbeit: er sei der Schrittmacher einer ganzen großen Baubewegung, mit seinem Auftreten erst beginne in Graubünden eine präzise gotische Wölbetechnik mit geometrisch genauen Systemen und sauber zugerichteten Werkstücken. Seine architektonische Sprache aber wäre so geartet gewesen, daß sie im Empfinden des Volkes eine gleichgestimmte Saite traf. Oberösterreichs Architektur erhielt also nicht nur Im pulse von außen, sondern seine Meister wurden auch in weitentfernte Gegenden berufen und gaben so Zeugnis von der hohen Kunstblüte ihrer Heimat. In den Kirchen des Landes befinden sich heute noch ungefähr 150 Madonnenstatuen; der größte Teil von ihnen wurde am Anfang des 15. Jahrhunderts geschaffen. Die nächste Epoche bis zur Mitte des Jahrhunderts ist realistisch und bevorzugt Darstellungen Ghristi in seinem Leiden. Die große Zeit in der Schnitzkunst erlebt Oberösterreich aber erst im letzten Jahrhundert-Viertel. Die Altäre von St. Wolfgang und Kefermarkt gehören zu den größten des deutschen Volkes. Eigenartig ist die Verflechtung die ser Werke: der Kefermarkter Meister arbeitete in Krakau bei Veit Stoß am Marienaltar und studierte nach seiner Rückkehr Bachers Wolfgangaltar. Aus der Syntiiese die ser fränkischen und Tiroler Komponente auf der Grund lage des Donauländischen entstand das Meisterwerk von Kefermarkt. Während der Arbeit am Altare kamen neue Meister, welche eine neue Stilkomponente einführten. Der Schwabe Gregor Erhart verkörperte in der Zeit um 1500 das Ruhige und Märchenhafte dieses Stiles. Die Werkstatt blieb bis zum Ende der Gotik um 1530 be stehen. Jeder Meister verwendete aber in seinem Schaffen nur eine bestimmte Art des großen Kefermarkters. Diese Tendenzen sind über den allgemeinen Stilwandel hinaus festzustellen. Schon 1503 arbeitet der Meister der Schlägler Flügel reliefs mit der Komponente der Kefermarkter Werkstatt, I J|M I I ■ " J : -x.- tV. i^ ir ■ •fC- :s -Zä • .Ja, ^ •tf." U - ™ -X ßC. „ „ Q ,■ 11^ ' -0, ■ 10

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