Oberösterreich, 11. Jahrgang, Heft 1/2, 1961

Braunau und Mondsee. Der Bildhauer Hans Leinberger bestimmte eine ganze Epoche mit seinem Stil. Der zweifellos bestehende Einfluß Salzburgs wird mit dem Namen Hans Valkenauer deutlich, der Grabsteine nach Oberösterreich lieferte. Die Tiroler Michael und Friedrich Fächer errichteten das Hauptwerk ihrer Zeit in St. Wollgang. Sie hatten wenig Einfluß auf die einheimische Kunst, ihre Werk statt lag zu weit entfernt von Oberösterreich. Einzig der Meister von Kefermarkt setzte sich mit Michael Fächers Schnitzkunst auseinander. Wie weit die Steiermark befruchtend auf die Werk stätte des sogenannten Lienhart Astl einwirkte, ist noch unklar. Vorher dürfte der Meister von Groß-Lobming die Kunst des weichen Stils berührt haben. Wien, Residenzstadt des Landesherrn und Sitz der Haupthütte, strahlte nur in der Baukunst in die Frovinz aus. Hans Fuchsbaum entwarf die Ffarrkirche von Steyr. Oberösterreichs Malerei und Flastik dagegen dürfte von Wien nur indirekte Anregungen erhalten haben. Es läßt sich das Gegenteil feststellen: die Kefermarkter Werk stätte wirkte nach Wien und Niederösterreich, dem Donaustrom folgend. Die böhmische Kunst zog seit der Mitte des 14. Jahr hunderts auch Oberösterreich in ihren Bann; besonders Farlers neue Architektur kam über Fassau und Bayern ins Land, nach den Hussitenkriegen auch direkt ins Mühlviertel. Die Endgotik schließlich empfing Vorlagen direkt aus Italien; Enns an der alten Eisenstraße dürfte das Zen trum einer renaissanceartigen Bildhauerei gewesen sein. Die Kenntnis aller Einflußströme ließe vermuten, daß Oberösterreich keine eigenständige Kunst hervorgebracht habe. Das speziell Oberösterreichische und die Land schaftskonstante lassen sich deutlicher aus den Werken der weniger berühmten Meister herauslesen. Diese saßen in den kleineren Städten, Märkten und in den Stiften und wurden von den großen Einflüssen berührt, ohne jedoch ihren Charakter deswegen aufzugeben. Für die Architekturgestalt ist die geologische Landschaft bestimmend. Der Granit der böhmischen Randgebirge wird im Mühlviertel und im nördlichen Inn- und Haus ruckviertel gebrochen. Das spröde Material ist für feine Arbeiten besonders gut verwendbar und es gibt in diesen Landstrichen hervorragende Meisterwerke, wie die Orgelemporen von Wartberg ob der Alst, Unterweißen bach und Fabneukirdien. Die Bauten sind fast durch wegs verputzt, nur die Ortsteine der tektonischen Kan ten, die Sockelprofile, Türgewände und Fensterleihungen zeigen den nackten Stein in fein behauenen Quadern und mit reichen Frofilierungen. Im Innenraum zeugen besonders die Gewölbe mit den Schlingrippen in Frei stadt, Zell bei Zellhol und Königswiesen vom hohen handwerklichen Können der Steinmetzen. Der Kalkstein der Alpengebiete prägt den Kirchenbau nicht so stark. Das Material ist weicher und ebenso wie der Sandstein weniger widerstandsfähig. Am Außenbau wurde er daher nur für verstäbte Fortale unter Elugdächern verwendet. Die Konglomerate und Tuffsteine eignen sich für kom plizierte Frofile und feine Bildhauerarbeiten wegen ihrer Grobkörnigkeit nicht. Aber dieses Material ist sehr widerstandsfähig und die zahlreichen Quaderbauten süd lich der Donau waren nie mit Mörtel verputzt. Sie wir ken in ihren dunklen Tönungen alt und ehrwürdig. Für die feineren Werkstücke wurde anderes Material verwen det und von fern herbeigeholt, wenn man nicht auf starke Frofilierungen verzichten wollte. Zum Beispiel bestehen im bayrischen Grenzgebiet und auch in der ehemaligen Stiftskirche in Mondsee die l^ippen, Maß werke und andere Architekturglieder aus Formziegeln, die in großen Ziegeleien auf Vorrat gearbeitet wurden. Daß diese Bauten trotzdem nicht uniform wirken, ist dem Können der Meister zu verdanken. Ziegelbauten gibt es in Oberösterreich nur wenige, so weit sich dies an verputzten Mauern feststellen läßt. Das Hauptwerk dieser Bautechnik ist die Stadtpfarrkirche in Braunau, und die Einflüsse von Landshut und Burg hausen werden auch durch die Verwendung des Back steins deutlich. Bisher sind wenige Namen einheimischer Meister be kanntgeworden, deren Bauwerke urkundlich genannt werden. In der Qualität der Arbeit, der Monumentali tät ihrer Raumauffassung und der entwicklungsgeschichtlichen Bedeutung stehen sie den landfremden Werkmeistern in keiner Weise nach. Stephan Wultinger aus Vöcklamarkt schuf eine ganze Reihe von Kirchen zu Ende des 15. und in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts. Sie sind durch einen besonderen Höhendrang ihrer Langhäuser charakterisiert. Wultinger strebte leichte, helle Räume an, bevorzugte die Zweischiffigkeit mit Rundpfeilern, die er um 1500 dem all gemeinen Stilempfinden nach mit Rautenmustern und Riefelungen zierte. Seine Gewölbe, mit Netzen und Sternen geschmückt, sind engmaschig und kompliziert gezeichnet. Einzig die Ffarrkirche von Zell am Fetten first war dreischiffig. Wie es in diesen Jahren und in dieser Landschaft sehr oft festgestellt werden kann, wur den die Ost-Ecken des Langhauses abgeschrägt; dadurch wird eine stärkere Vereinheitlichung des Grundrisses im Hinblick auf den Chor erreicht. Überdies fällt auf, daß in der gleichen Gegend oft die Langhauspfeiler in der Achse der Fenster liegen und die Gewölbe bei ein- und zweischiffigen Bauten gegeneinander verschoben wirken: die Rauten des Netzgewölbes sind im Zickzack gegen ständig angeordnet. Dadurch wurde aber kein dyna mischer Zug angestrebt, sondern die spielerische Leich tigkeit und der malerische Grundgehalt des Kirchen raumes sollen den Besucher verblüffen und gefangen nehmen. Aus dem Dunkel der Anonymität mittelalterlicher Kunst tauchen noch zwei Künstlernamen auf: Mathes Klayndl, Werkmeister der Stadt Freistadt, und sein Bruder Stephan, Werkmeister der Stadt Chur in Graubünden. Mathes schuf die Wahrzeichen Freistadts, das Linzer- und Böhmertor um 1485 und seit 1483 den Chor der Stadtpfarrkirclie. Dieses Werk hebt ihn über die große Zahl seiner zeitgleichen Elüttengenossen heraus. Benedikt Ried baute in den gleichen Jahren den Wladislaw-Saal der Frager Burg und die Reiterstiege. Die Kunst Benedikts Pfarrkirdie Hallsiatl, Schreinfigur der hl. Barbara im spätgotischen Plügelaltar (Foto: Eiersebner)

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