Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 3/4, 1960

Professor P. Dr. Franz Xaverius Roser S. J., Leiter des Institutes für Strahlenforschung an der St.=Ignatius=Universität in Rio de Janeiro Roser, geborene Holzer, ist im Jahre 1939 verschieden. Da der Sohn Franz es, wie man sagte, ein wenig „auf der Lunge" hatte und keineswegs von robu= stem Körperbau war,zögerte die Familie bei dem Entschluß, ihn studieren zu las= sen, da man fürchtete, daß er die vielen Mitteh und Hochschuljahre nicht durch= halten werde. Er hatte es jedoch gegen den Willen der Familie schließlich durch= gesetzt, zu studieren, wenn auch die Zu= kunft für den Schüler des Jesuiten=Gym= nasiums am Linzer Freinberg noch kei= neswegs rosig aussah. Sein auf be= stimmte Zielsetzungen ausgerichteter Wille ist in der Folge noch oft für seine weitere Entwicklung kennzeichnend ge= Wesen. Nach den Mittelschuljahren am Frein= berg folgte mit Auszeichnung die Ma= tura in Kalksburg, worauf der Jesuitem Orden dem jungen Roser bereits erstma= durchführte. Mit Viktor Hess, dem grei= sen, hochverehrten Meister, der trotz eines schweren Kehlkopfleidens an der Fordham=Universität bei New York noch immer an den großen wissenschaftlichen Ereignissen unserer Zeit lebhaften An= teil nimmt, steht Franz Roser heute noch in dauernder Verbindung. Es würde zu weit führen, auf alle Ein= zelheiten des Werdeganges dieses Ge= lehrten einzugehen. Wichtiger erscheint es, ab der Priesterweihe in Innsbruck am 24. Juni 1937 und der Erreichung des Doktortitels im gleichen Jahre in der Folge nur einige Stufen dieser Entwick= lung kurz zu erwähnen, um zu erklären, wieso es möglich gewesen ist, daß sich dieser eher unscheinbar wirkende Prie= stergelehrte so vielseitige und gründliche Kenntnisse auf dem Gebiete der Strah= lenforschung aneignen konnte. Strahlenschutz als Lebensaufgabe In der Gemischtwarenhandlung des Kaufmanns Josef Roser in St. Martin im oberösterreichischen Mühlviertel ist zu= meist Malz= und Feigenkaffee, aber nur selten echter brasilianischer Bohnen= kaffee verkauft worden. Echten Bohnen= kaffee konnte man sich in dieser Gegend zumeist nur an hohen Feiertagen leisten. Niemand hätte es sich damals wohl träm men lassen, daß ein Sohn dieses kleinen Kaufmanns in St. Martin einmal ein „Brasilianer" werden und sogar als einer der Vertreter dieses großen,8,5 Millionen Quadratkilometer einschließenden Rei= ches mit 68 Millionen Einwohnern in einer überstaatlichen Behörde in New York, der Atomenergie=Kommission der UNO,Sitz und Stimme als international weithin bekannter und geschätzter Ex= perte für Strahlenschutz erhalten sollte. Freilich, es war ein weiter Weg,bis es so weit kam. Zunächst verlebte der am 14. November 1904 in St. Martin ge= borene Franz Roser seine ersten zehn Kindheitsjähre im Mühlviertel. Ab Herbst 1914 übersiedelte die Familie nach Linz, nachdem es der Vater als Kaufmann zu einem gewissen klein= bürgerlichen Wohlstand mit eigenem Haus (Volksfeststraße 16a) gebracht hatte. Im Jahre 1934 ist er verstorben. Von den insgesamt 11 Geschwistern leben heute sechs Schwestern und der „große Bruder". Die Mutter Antonia lig Gelegenheit gab, ein Stück Welt zu sehen und sich an der höheren Ordens= schule in Nova Fribourgo in Brasilien auszuzeichnen. Seine auffallende Bega= bung für die naturwissenschaftlichen Lehrfächer führte dazu, daß der Orden ihm nach einigen Jahren weitere Studien an den Universitäten Wien und lnns= brück ermöglichte. Der junge Professor Dr. Hans Thirring hielt damals in Wien, als genialer Lehrer wie als Forscher be= wundert, seine attraktiven Vorlesungen und Seminare über das vielen noch un= zugängliche neue Forschungsgebiet der theoretischen Physik. Das Wiener Ra= diuminstitut der Akademie der Wissen= Schäften hatte bereits Weltruhm erlangt und förderte die Kontakte auf inter= nationaler Ebene. Den nachhaltigsten Eindruck machte auf Franz Roser und seine Kollegen, un= ter ihnen der heutige Innsbrucker Ordi= narius Prof. Dr. Steinmaurer, der da= mals in Innsbruck wirkende Entdecker der kosmischen Höhenstrahlung und gefeierte Nobelpreisträger Professor Dr. Viktor Hess, welcher mit seinen Schülern hoch oben am Hafelekar auf= sehenerregende Messungen dieser ge= heimnisvollen, in letzter Zeit, besonders seit der Entdeckung der beiden „Van= Allen=Gürtel" durch die von Raketen in den Weltraum geschossenen Satel= Ilten, so viel diskutierten Strahlung Der immer freundliche, mit köstlichem Humor begabte, körperlich zarte, aber ungemein zähe und auch als Hochtourist schwierigsten Anforderungen gerecht werdende „Padre Roser" hat zwar das Andenken an seine geliebte Heimat im= mer hochgehalten, wurde aber, als er vor dem zweiten Weltkrieg endgültig in seiner neuen Heimat die Laufbahn eines Hochschullehrers antrat, brasilianischer Staatsbürger. Daß ein Doktor der Naturwissenschaf= ten der Innsbrucker Universität im Aus= land Karriere macht, ist schon öfter vor= gekommen. Das Besondere an Rosers Entwicklung liegt vielmehr in seinem Doppelberuf als Ordensmann und Phy= siker sowie in seinen engen persönlichen Kontakten mit den größten Forschungs= Zentren Amerikas und Westeuropas. In diesem Zusammenhang sei daran er= innert, daß es den Traditionen des Je= suitenordens seit Jahrhunderten ent= spricht, seinen Ordensmitgliedern neben dem Studium der Theologie und Philo= Sophie auch in großzügigster Weise na= turwissenschaftliche Studien (Physik, Chemie, Astronomie, Mathematik u. a.) zu ermöglichen und zahlreiche all= gemein zugängliche Hochschulen, wie z. B. jene in Rio de Janeiro mit nicht weniger als 8000 Hörern, zu gründen und zu den jeweils modernsten ihrer 60

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