Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 3/4, 1960

ERNST BAUMGARTNER Rohstoffe aus Oberösterreich Die Kapazität der österreichischen Wirtschaft beträgt gegenwärtig bereits ein Mehrfaches des Vorkriegsvolumens. Diese in einer gewaltigen Erhöhung des Sozialproduktes zum Ausdruck gelangende Ausweitung hat neben ver schiedenen anderen Steigerungsfaktoren auch eine lineare Vergrößerung der erforderlichen Rohstoffe zur Voraus setzung. Österreich war niemals in der glücklichen Lage, über so ausreichende Bodenschätze zu verfügen, daß damit der Bedarf an den für die Aufrechterhaltung des Produk tionsvolumens erforderlichen Rohstoffen auch nur annä hernd gedeckt werden konnte. Textilrohstoffe, Kohle, Eisen und Metallerze, Metallschrott, Kupfer, Nickel, Blei, Aluminiumoxyd, chemische Rohstoffe, Rohtabak seien nur beispielsweise als einige der wichtigsten Rohstoffgruppen erwähnt, deren Einfuhr für den Bestand des österreichischen Industriepotentials von integrierender Bedeutung ist. Die von der Verbraucherseite an die Gesamtwirtschaft heran getragenen Wünsche nach Bedarfsdeckung haben insbe sondere in den hochentwickelten Industrieländern bereits ein Ausmaß angenommen und einen Grad an Differen zierung erreicht, daß man sie schlechthin als unübersehbar bezeichnen kann. Dies hat zur Folge, daß den Bestrebungen der einzelnen nationalen Wirtschaften der freien Welt nach weitestgehender Autarkie in der Zukunft immer weniger Erfolg beschieden sein wird. Kein Land der Erde verfügt über sämtliche Rohstoffe, die für die Inganghaltung einer modernen und somit hochdifferenzierten Wirtschaft nun einmal erforderlich sind.Je größer die vorhandene Gesamtrohstoffbasis eines Landes ist, um so größer wird seine wirtschaftliche Unabhängigkeit sein, sofern nicht Kräfte, die außerhalb der Wirtschaftssphäre liegen, diese Tatsache zum Imponderabile machen. Gerade unter diesem Gesichts punkte erscheint es interessant, zu untersuchen,in welchem Ausmaße die Wirtschaft Oberösterreichs zum Zwecke der Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Produktionsgröße auf Rohstoffe zurückgreifen kann, die aus Oberösterreich selbst stammen. Grundvoraussetzung für jede Wirtschaft, soferne es sich nicht um die reine Verteilungswirtschaft handelt, ist die Energie. AufGrund des in den letzten Jahrzehnten erfolgten Ausbaues der heimischen Wasserkräfte kommt der Elek trizität als Energie zweifellos führende Bedeutung zu. Die in Oberösterreich vorhandenen Wasserkräfte werden in 280 Wasserkraftanlagen aller Größenordnungen ausge nützt. Die bedeutendsten Unternehmen dieser Art sind die der Sondergesellschaften (Ennskraftwerke, Donaukraft werk Jochenstein, Innkraftwerke und die Österreichischbayrischen Kraftwerke) sowie die Oberösterreichischen Kraftwerke und die E-Werke Wels und Ried. In diesen Werken wurde im Jahre 1959 der Rohstoff „Wasser" in 3.260,000.000 Kilowattstunden Energie umgewandelt. Da mit betrug der Anteil Oberösterreichs an der Gesamt erzeugung Österreichs 22 Prozent. Der Verbrauch Ober österreichs, gleichfalls gemessen am gesamtösterreichischen Verbrauch, betrug 29 Prozent. Der Rohstoff Wasser ist somit zum wichtigsten Energielieferanten unserer Industrie geworden. Mit dem Fortschritt, der bei der Elektrifizierung unserer Bahnen erzielt wurde, hat die elektrische Energie auch dem als Energielieferanten früher wichtigen Rohstoff Kohle gleichfalls den Rang abgelaufen. Neben der Elektrizität ist nach wie vor die Kohle der hervorragendste Energieträger. Darüber hinaus kommt dem Rohstoff Kohle, dank dem Fortschritt der Technik, nun mehr auch eine wichtige Rolle als direkter Rohstofflieferant zu. Oberösterreich verfügt gegenwärtig über drei Kohlen gewinnungsstätten. Es sind dies: der Braunkohlenbergbau der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks-AG, der Braun kohlenbergbau der Salzach-Kohlenbergbau Ges.m.b.H., Betriebsleitung Trimmelkam, und der Braunkohlenbergbau der Fa. Enzinger in Noxberg. In Wolfsegg wurden im Jahre 1959 rund 875.000 t Braunkohle bei einem Beschäf tigtenstand von 2600 Arbeitern und 260 Angestellten gefördert. Der Braunkohlenbergbau in Trimmelkam för derte im gleichen Jahr 480.000 t Braunkohle bei einem Beschäftigtenstand von 900 Arbeitern und 95 Angestellten. Im kleinsten oberösterreichischen Kohlenbergbau in Nox berg betrug die Kohlenförderung 1959 5400 t bei einem Beschäftigtenstand von 16 Arbeitern und einem Ange stellten. Wie bedeutungsvoll der in Oberösterreich ge wonnene Rohstoff Kohle für die Wirtschaft des gesamten Landes ist, möge aus nachstehender Aufstellung, die selbstverständlich nur die wesentlichsten Bezieher bein halten kann, ersehen werden: Von der Gesamtfördermenge an Wolfsegger Kohle, die zum weitaus überwiegenden Teil der oberösterreichischen Industrie zugeführt wird, gingen im Jahre 1959 157.000 t an das Dampfkraftwerk Timelkam 82.000 t an die Papier- und Pappenfabriken 78.000 t an die Zellwolle Lenzing 75.000 t an die Osterreichischen Bundesbahnen 67.000 t an die oberösterreichischen Ziegeleien 36.000 t an die Solvaywerke Ebensee 31.000 t an die Salinen 35.000 t an die Steyr-Werke und der Rest an die Industriegruppen Steine und Erden, an die Lederindustrie, an die Glashütte Schneegattern, an die Textilindustrie, Molkereien, an die beiden oberösterreichischen Zement werke Hatschek, Gmunden, und Hofmann, Kirchdorf, an die chemische Industrie, an die Zuckerfabrik Enns, an die Brauereien und an die Lebensmittelindustrie. Darüber hinaus gehen 136.000 t Wolfsegger Kohle an die Haushalte und an die kleineren Gewerbebetriebe. Der Salzach-Kohlenbergbau in Trimmelkam belieferte im Jahre 1959 die Industrie mit insgesamt 381.000 t, wovon der chemischen Industrie 89.000 t, der Papierindustrie 69.500 t, den Bahnen 67.500 t, einem Fernheizwerk 45.000 t und der Bauindustrie 41.500 t zugeführt wurden. Der Rest wurde in der Metall- und Nahrungsmittelindustrie, für den Betrieb eines Elektrizitätswerkes und für Exporte nach Bayern verwendet. Wie in vielen anderen europäischen Revieren leidet derzeit auch der oberösterreichische Kohlen bergbau unter zeitbedingten Absatzschwierigkeiten. Es steht jedoch außer Zweifel, daß die heimische Braunkohle nach wie vor einen Grundpfeiler in der Versorgung der ober österreichischen Industrie mit Kohle, sei es in der Ver wendung als Energieträger oder als Rohstoff, bildet. Mit rund 22 Prozent, bezogen aufdie gesamte Braunkohlenfördeimng in Osterreich, erreichten die oberösterreichischen Betriebe im Jahre 1959 eine beachtliche Position im Rahmen der gesamtösterreichischen Kohlenförderung. 40

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