Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 3/4, 1960

Dachsfein=Rieseneishöhle, Eiskapelle Österreich, der dem Verband öster reichischer Höhlenforscher, Sitz Wien, angeschlossen ist. Dieser Verein wurde nach dem zweiten Weltkrieg reorga nisiert und kann auf bedeutende Lei stungen in der Forschung hinweisen. In ihm vereinigen sich Laien und Wissenschafter zu einer Arbeitsgemein schaft. Die einen steigen als Pioniere hinunter in die Tiefe und liefern unent behrliches Datenmaterial, die anderen werten aus. Viele aber gehören beiden Bereichen an. Daß Österreich einen prominenten Platz in der Höhlenforschung ein nimmt, mag die Tatsache beweisen, daß im Jahre 1961 der HI.Inter nationale Kongreß für Speläologie in unserem Lande stattfinden wird (Wien —Obertraun—Salzburg). Jeden erwartet ein großes Natur erlebnis, wenn er hinuntersteigt in die Tiefe der Berge, offenen Sinnes und aufnahmsgewillt. Und jeder, der ein mal hinuntergestiegen ist, tut es wieder, er kommt nicht mehr los. Was die Natur in der Tiefe offenbart, ist urge waltig: da harren unser Eisdome, Steindome, Kristallkapellen, Schächte und Schlüffe voll tiefer Geheimnisse und märchenhafter Pracht. Und dann wartet unser ein zweites, tiefgreifendes Erlebnis: die Rückkehr zum Licht, zur Sonne. Und nun: Glück aufzur Höhlenfahrtl GEORG LAHNER Die Dachsteinhöhlen und ihre Erforschung vor 5o Jahren In meiner Jugend bildeten die phan tasievollen Utopien eines Jules Verne einen beliebten Lesestoff der heran wachsenden Generation. Sie sind heute längst überholt oder, wie die Er oberung des Weltraumes, gerade in Verwirklichung begriffen. Unter ihnen fesselte mich vor allem die dämonische Schilderung des Erdinneren in dem Roman „Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde". Daraus entsprang schon bald mein Interesse an jenen unter irdischen Welten, die im Volksmunde von altersher als der Aufenthalt men schenfeindlicher Geister verrufen und gemieden waren. Hin und wieder wagte ich es, zögernd die eine und die andere dieser Stätten zu betreten. Zur richtigen Forschungs arbeit gelangte ich aber erst, als ich meine Studienreisen in den damals noch österreichischen circumadriatischen Karst verlegte, der seit Jahrhun derten als das klassische Land der Höhlenforschung galt. Bis ins 13.Jahr hundert reichen zum Beispiel die In schriften von Besuchern in der welt bekannten „Grotte von Adelsberg" und der rätselhafte „See von Circniz" findet bereits beim griechischen Geographen Strabo wie auch bei Torquato Tasso (1544—1595) Erwähnung. Eingehend behandelte Freiherr von Valvasor in seiner „Ehre des Herzogtums Krain" (1689) teils mit geographischer Ge wissenhaftigkeit, teils in märchenhafter Malerei die unterirdische Wunderwelt seines Landes. Meine Verbindungen zu höhlenfor schenden Vereinen in Adelsberg und im Küstenlande, an deren großen Expeditionen ich des öfteren teilnahm. lehrten mich das Wesen des Karstes mit seiner Höhlenwelt und das Rätsel seinesunterirdischenWasserregimes,wie auch die Technik seiner Erforschung kennen und ließen im ersten Jahrzehnt unseres Säkulums in mir den Entschluß reifen, in meinem Heimatlande OberösteiTeich, dessen herrliche Kalkalpenweltja die gleichen Erscheinungen wie der Karst aufweist, nach ähnlichen unterirdischen Wundern zu suchen. Wo sie zu finden wären, darüber gab mir die Erforschungsgeschichte des Dachsteingebirges unseres Altmeisters Simony einen Fingerzeig mit seinem Berichte über eine sagenumwobene Höhle bei Obertraun, genannt der „Koppenbrüller", in der wildroman tischen Koppenschlucht. Ihren sonder baren Namen verdankt sie seit alters den zeitweise aus ihr hervorbrechenden 34

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