AUSBAUVORHABEN Der Ausbau der Enns wird noch im Ver= laufe des Jahres 1960 in eine neue Phase treten. Es steht nämlich die Fassung des Baubeschlusses für das Kraftwerk Sankt Pantaleon unmittelbar bevor, so daß die Inangriffnahme der siebten und unter= sten Kraftstufe am Unterlauf des Flus= ses schon in nächster Zeit erwartet wer= den kann. Mit der Realisierung dieses Ausbauvorhabens wird ein wichtiger Schritt zur Erschließung der 116 km lan= gen Ennsstrecke Hieflau—Mündung ge= tan. Es fehlen jetzt nur mehr die beiden knapp oberhalb der Stadt Steyr gele= genen kleineren Stufen Lahrndorf und St. Ulrich sowie das Großspeicherwerk Kastenreith am Mittellauf zur völligen Geschlossenheit der geplanten Kraft= werkskette an der Enns, durch welche die umfassendste und rationellste Nut= zung der zur Verfügung stehenden hoch= wertigen Rohwasserkraft erreicht wird. Um die Größenordnung der hier schon in nächster Zeit zur Erzeugung gelan= genden Energie zu verdeutlichen, sei erwähnt, daß die fünf in Betrieb befind= liehen Anlagen der Ennskraftwerke=AG, Großraming, Ternberg, Rosenau, Sta= ning und Mühlrading, im Verein mit dem im Bau befindlichen Werk Losen= stein und dem Ausbauvorhaben Sankt Pantaleon ein mittleres Jahresarbeits= vermögen von 1,25 Milliarden kWh besitzen werden, was ungefähr einem Achtel des jetzigen österreichischen Ge= samtstromaufkommens aus Wasserkraft entspricht. Der Gedanke, die Wasserkräfte der im ebenen Alpenvorlande liegenden Enns= strecke zu nutzen, reicht bis in das erste Jahrzehnt unseres Jahrhunderts zurück, denn es erschien schon damals verlok= kend, dieses dem seinerzeitigen Ver= brauchsschwerpunkte Wien ziemlich nahegelegene und sehr beachtliche Kräftepotential zu erschließen. Die na= türlichen Vorbedingungen dazu waren gut und ließen verhältnismäßig geringe Ausbaukosten erwarten. Auch in was= serrechtlicher Hinsicht waren außer der seinerzeit betriebenen Holzflößerei keine nennenswerten Schwierigkeiten zu ge= wärtigen, weil sich an der erwähnten Flußstrecke noch keine anderen Wasser= kraftanlagen befanden. Das erste Unternehmen, welches auf Grund dieser einladenden Gegebenhei= ten hier ein Kraftwerk plante, war das Ingenieurbüro Buchleitner in Salzburg, das im Jahre 1910 ein Kanalkraftwerk zwischen den beiden Städten Steyr und Enns projektiert hat, bei dem die Trieb= Wasserleitung am linken Ennsufer ge= führt werden sollte. Dem Projekt blieb aber aus Gründen, die im einzelnen heute nicht mehr richtig festgestellt wer= den können, die Ausführung versagt, und auch die anderen sehr zahlreichen Planungen, die hier noch bis zum zweiten Weltkriege verfaßt worden sind, erlitten das gleiche Schicksal. Rückschauend be= trachtet, fällt an ihnen auf, wie sehr der ständig steigende Stromverbrauch und der technisch=wirtschaftliche Fortschritt von Projekt zu Projekt in immer größer werdenden Ausbauwassermengen und damit in einer fortwährend vermehrten Nutzung der zur Verfügung stehenden Rohenergie seinen Ausdruck fand; Wäh« rend sich Ing. Buchleitner im Jahre 1910 noch mit 120 m'/s begnügte, beträgt die vorgesehene Ausbauwassermenge heute 300 mVs. Der im Weltkriege begonnene Bau der Werke Staning und Mühlrading schuf dann für die obere Hälfte der in Rede stehenden, zirka 30 km langen Flach= landstrecke endgültige Verhältnisse, während für den unteren Abschnitt noch weiterhin verschiedene Ausbaumöglich= keiten erwogen worden sind, bis 1950 die Ennskraftwerke=AG das Umleitungs= kraftwerk St. Pantaleon baureif projek= tiert hatte und dafür 1955 die wasser= rechtliche Konzession erhielt. Sehr wesentlich für diese Planungs= arbeit der Ennskraftwerke=AG war der Umstand, daß dabei in engstem Einver= nehmen mit der Generaldirektion der österreichischen Bundesbahnen alle tech= nischen Einrichtungen für die Erzeugung von Einphasenstrom vorgesehen worden sind. Es besteht nämlich auf Grund der wasserrechtlichen RahmenVerfügung vom Jahre 1948 eine Vereinbarung mit der Bundesbahn, nach der eine Hälfte der erzeugbaren Energie als Einphasenstrom für den Bahnbetrieb zu produzieren ist, während die andere Hälfte Wechsel= Strom ist und in das Verbundnetz zum Zwecke der Allgemeinversorgung zur Einspeisung kommen soll. Da seit der im Jahre 1955 für das Pro= jekt St. Pantaleon erteilten wasserrecht= liehen Bewilligung in energiewirtschaft= lieber und technischer Hinsicht auf der ganzen Welt wesentliche Fortschritte ge= macht worden sind, ließ die Ennskraftwerke=AG die seinerzeitige Planung nicht auf dem damaligen Entwicklungs= Stande beruhen, sondern arbeitete sie — soweit dadurch die durch den Konsens bindend vorgeschriebenen Bedingungen nicht beeinträchtigt wurden — nach dem heutigen neuesten Stande der techni= sehen Entwicklung um. So sind, um Bei= spiele zu nennen, entsprechend dem Fortschritt beim Großmaschinenbau heute nur mehr zwei Hauptmaschinen= Sätze statt der früheren vier vorgesehen, und bei der Wehranlage wird das sei= nerzeit geplante Einlaufbauwerk zur Gänze entfallen, weil sich das bei an= deren inzwischen fertiggestellten Anla= gen als äußerst vorteilhaft erwiesen hat. Die Stufe St. Pantaleon nützt das Roh= gefalle zwischen dem bestehenden Enns= kraftwerk Mühlrading und der Donau, ist das unterste Glied der Kraftwerks= kette an der Enns und liegt mit dem kleineren Teil auf oberösterreichischem und mit dem größeren auf niederöster= reichischem Gebiet. Der Type nach zählt St. Pantaleon technisch zu den Nieder= druck=Umleitungskraftwerken und ener= giewirtschaftlich zu den Laufkraftwerken mit Schwellbetrieb. Die Wehranlage kommt zirka 6 km fluß= abwärts von Mühlrading zur Errichtung und wird vier Wehrfelder besitzen. In den beiden mittleren Wehrpfeilern ist ein Rohrturbinen=Maschinensatz der Eigen= bedarfsanlage eingebaut, welcher die be= hördlich vorgeschriebene Mindestwasser^ abgäbe an das Altbett des Flusses (im Winter 5, im Sommer 10 m^/s) abzu= arbeiten hat. Die Wehranlage ist so di= mensioniert, daß auch das größte der in den letzten 100 Jahren vorgekommenen Hochwässer (3180 mVs im Jahre 1899) in das Altbett des Flusses ohne Scha= den abgeführt werden kann. Der vom rechten Ennsufer knapp ober= halb der Wehranlage nach Nordosten abzweigende Oberwasserkanal ist 6,7 km lang und für 280 mVs ausge= legt. Seine beachtlichen Dimensionen werden am besten durch den Vergleich erhellt, daß er eine größere Jahreswas= serfracht fördern wird als der Wiener Donaukanal. Der Oberwasserkanal führt das Trieb= Wasser zur Kraftanlage, die auf der die Donau begleitenden Terrassenstufe knapp südöstlich der Haltestelle Pyburg zur Errichtung kommt. Sie ist elektro= maschinell mit 1 Drehstrom^ und 1 Ein= phasenmaschinensatzausgestattet,welche die gleichen Kaplanturbinen haben und eine Gesamtleistung von 50 MW besit= zen. Zusammen mit der Eigenbedarfs^ maschine der Wehranlage beträgt das mittlere Jahresarbeitsvermögen der An= läge St. Pantaleon 265 Mill. kWh, und sie wird damit hinsichtlich des Arbeits= 86
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