Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 1/2, 1960

Nahrungsteilchen einzufangen. Aus mikroskopisch kleinen Formen sind die Schreibkreidefelsen der Insel Rügen (Königsstuhl) und die Steilküste von Südengland aufgebaut, aus großen Formen die eozänen Nummilitenklippen im Gschlieffgraben und bei Mattsee. Der Aufschluß bei der „Roten Kirche" ist besonders im Sommer besuchenswert. Gußartige Gewitterregen bewirken, daß unter den Nummiliten Miniatur-Erdpyramiden ent stehen. Bei den Erdpyramiden am Ritten bei Bozen fun gieren Moränenblöcke als Decksteine, hier die Münzsteine. Der Weg zur Spitzlsteinalm und das Problem der Almauflassung Steil führt uns der Weg durch den Bergwald. Wir folgen den vielen Windungen und der Wagenspur. In den tiefen Rinnen glänzt noch das Wasser vom letzten Gewitterregen. Wir sind ganz allein und verweilen. Der Wald dampft in der Sonne und es riecht nach den Bäumen, dem Gras, dem Moos und nach Humus. Da versperrt uns ein Gatter den Weg. Seitlich ist ein Uberstieg. Schon hören wir das Geläute der Kuhglocken und wissen, daß die Alm befahren ist. Dann lichtet sich der Wald und wir treten auf die Almwiese, deren feste Graspolster den Schritt elastisch abfedern. Immer wieder freue ich mich mit den Kindern auf diesen Augenblick. Und obwohl fast jede Alm die gleichen charakteristischen Merkmale zeigt, sind Lage, Bergrahmen und Ausdehnung doch immer verschieden. Das Almhaus aus Kalksteinen und Holzblock steht auf flacher Lehne. Seitlich sind die Vieh- und Futterställe mit dem unbegehbaren Morast der Kuhfährten. Ampfer und Brennessel, die Hauptvertreter der Legerflora, bewachen die Zugänge. Unablässig plätschert in einen langen Holztrog das Wasser und rinnt am Ende über. Plötzlich läuft uns ein Hund entgegen und meldet unser Kommen. Nach der Begrüßung setzen wir uns aufdie Hausbank und kosten den Enzian. Wir sprechen dann über die Alm und hören, daß sie in diesem Jahr das letztemal befahren wird. Was ist der Grund zur Auflassung der Almen? Ich unter suchte daraufhin die Almen im Dachsteinstock und kam zu folgendem Ergebnis: Die Werfener Schieferzone am Fuß der steilen Südwände trägt 28 Almen, deren Flächen 36 Prozent des Gesamt areals ausmachen. Der Boden ist sehr quellenreich und äußerst fruchtbar. Fast zu jeder Alm führt ein breiter Fahrweg. Große Flächen sind eingezäunt und dienen der Futtergewinnung. Das Heu in den Speichern reicht aus, um mit dem Vieh bis in den November hinein zu verbleiben. Erst zwei Almen wurden in diesem Gebiet aufgelassen, so daß heute noch 26 befahren werden. Der Austriaweg führt an diesen Almen vorbei. Die Nordseite des Massivs mit den großen Karstflächen, die wie ein Pult nach Norden einfallen, trug 23 Almen, deren Flächen nur sieben Prozent des Gesamtareals ein nehmen. Die einzelnen Almflächen, Wiesen und Weiden sind hier sehr klein, meist auf Dolinenböden und Einschwemmaterial in tektonisch angelegten Gräben beschränkt. Nur mehr drei Almen werden befahren. Zwanzig Almen sind in den letzten hundert Jahren verfallen oder aufge lassen worden. Diese Gegenüberstellung zeigt deutlich, daß die Gesteinsverschiedenheit für die erste Anlage und Aufrechterhaltung der Alm oder deren Auflösung bedeutend ist. Aber auch andere Faktorengabenden Ausschlag.Schon F. Simony wies darauf hin, daß sich mit dem großen Gletschervorstoß um die Mitte des 19.Jahrhunderts die Weideplätze verschlechterten. Die Taubenkaralpe zählte im Jahre 1798 noch drei Alphütten, von denen schon im ■ WTTTT, fJt. Oben: Schafalm im Toten Gebirge. Photo: S. Stahrl. — Verfallene Alm am Gosaukamm. Photo: Dr. R. Moser. — Gesteinsbildungen am Gosauer Reitweg. Photo: S. Stahrl 55

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