Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 1/2, 1960

SEPP WALLNER Bergsteigerland Oberösterreich Was kann ich für die Heimat tun, Bevor ich geh im Grabe ruhn? Was geb ich, das dem Tod entflieht? Vielleicht ein Wort, vielleicht ein Lied, Ein kleines, stilles Leuchten! Conrad Ferdinand Meyer Als ich ganz jung war, glaubte ich, alle Berge der Alpen kennenlernen, besteigen und über die Erlebnisse hierbei berichten zu müssen. Das erste Beginnen habe ich im Laufe der Jahre und bei den engen wirtschaftlichen Möglich keiten bald aufgegeben, das letztere überhaupt nie ernstlich angefangen. Ich habe nur einen Ehrgeiz bewahrt, beijeder Gelegenheit für meine schöne Bergheimat Oberösterreich und für ihre herrlichen Berge zu werben und ihnen immer neue, begeisterte Freunde zuzuführen. Aus Liebe zur Heimat und aus aufrichtiger Dankbarkeit für das eigene Erleiden und weil diese Landschaften das Werben und Rühmen wirklich verdienen! Wenn von österreichischen Bergsteiger gebieten die Rede ist, so denkt man an Tirol, an Salzburg, höchstens noch an die grüne Steiermark und das sonnige Kärnten, kaum aber einmal an die reichen bergsteigerischen Möglichkeiten und Ziele meiner Heimat Oberösterreich. Ich benütze daher gerne die Gelegenheit, anläßlich der heurigen Hauptversammlung des Österreichischen Alpen vereins in Freistadt den Mitgliedern des Alpenvereins und allen Freunden der Berge das „Bergsteigerland Oberöster reich" vorzustellen und wenigstens einige Einzelheiten an zuführen. Bevor wir den alpinen Wegen nachgehen, wollen wir das Land als Ganzes überschauen. Es gibt kaum ein zweites Gebiet, das in seinen Landschaften eine derartige Viel fältigkeit aufweist wie Oberösterreich. Vom alten „Nord wald", dem Böhmerwald, fällt der Granit der böhmischen Festlandscholle ab zum Donaustrom, den er im Sauwald und im Kürnbergerwald sogar übersetzt. Diese beiden Erhebungen leiten über einerseits zum fruchtbaren Inn viertel und über den Kobernaußer- und Hausruckwald zur Seenlandschaft des Salzkammergutes, anderseits zur nicht minder fruchtbaren Welser Heide und den gesegneten Gefilden des Traunviertels. Hinter dem blauduftigen Saum der Voralpen entfaltet sich die weiße Kalkpracht des Toten Gebirges, und dahinter im Süden bilden die Firnund Gletscherfelder des Dachsteins den strahlenden Ab schluß. Die Ideallandschaft des Mühlviertels, die bis heute noch nicht richtig entdeckt ist, bleibt dem besinnlichen Wanderer vorbehalten. Wir wenden uns über die stimmungsvollen Donaulandschaften und die fruchtschweren Getreideböden und freundlichen Gefilde des Tieflandes den Alpen zu. Die waldreichen, von vielen einsamen Bergseen und schönen Almen gezierten oberösterreichischen Voralpen stel len ein ebenso unerschöpfliches Wander- wie Skigebiet dar. Viele Hüttenbauten und Wegmarkierungen erleichtern dem Wanderer und Skiläufer die Fahrten. Wenn wir dieses Berggebiet von West nach Ost überschauen, so treffen wir an der Landesgrenze gegen Salzburg auf den Schafberg

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