Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 1/2, 1960

Rechts: Morgenstimmung auf der Wies=Alpe am Weg von der Goisererhütte zum Camsfeld Links: Rückblick vom Gamsfeld auf die Kalmherge und die Berglandschaft um den Hallstätter See mit almsaftigen Wiesen, die sich sanft ansteigend zum Berg= wald hinziehen. Mächtige Ahorne geben dieser Landschaft heroische Akzente. Die Häuser sind einfach und wie unbe= rührt von Zeit und Hast. Stützpunkt und Raststätte auf der Höhe ist die Goiserer Hütte, ein freundliches Berghaus, das die Sektion Geisern des öster= reichischen Alpenvereins 1932/33 erbaute. Man sieht sie vom Tal als Punkt auf der Kammlinie unterhalb des Sonnenwend= kogels, wo sich der Weg über die Schneide nach Gösau hinab= senkt. Drei Steige führen zu diesem ersten Ziel unserer Wanderung hinauf. Der für den Sommer allgemeine Aufstieg leitet den Wanderer anfangs durch angenehmen Waldschatten bis zur Trockertann=Alpe. Ein in heißen Tagen stets ausgetrocknetes Bachbett ist unser Begleiter. Die Wandabstürze der beiden Kalmberge bauen sich schön vor uns auf. Der Weg überquert nun die breite Schotterrinne und wird steiler. Rasch führen die Kehren hoch zur Unteren Scharten=Alpe. Wir wandern im Hochsommer. Das Vieh wurde schon höher aufgetrieben. Die Hütten stehen leer. Gerne machen wir Rast und schauen zu= rück auf das sonnenhelle, wiesengrüne Goiserer Tal. Der Halb stätter See blickt wie ein dunkles Auge zu uns herauf. Der Weg tritt nun aus dem Hochwald heraus. Knapp unter der Hütte schöpfen wir aus der letzten Quelle auf unserem Wege noch einmal frischen Trunk, dann ist das Tagesziel erreicht. Frei und weit ist von hier die Aussicht. Der Gipfel des Kalm= berges lockt. Ganz nahe erleben wir das Schauspiel einer eigenartigen Felsbildung, in der mit wenig Phantasie ein tita= nischer Menschenkopf erkannt werden kann. Ebenfalls nahe befindet sich eine Höhle, die vom Volk die Kalmoskirche genannt wird. Will man den Aufstieg einsamer und im Bild des Weges an= regender, so führt uns bald hinter der Ortschaft Ramsau von der allgemeinen Markierung ein gleichfalls rot bezeichneter Steig im steilen Anstieg zur Tiefen Scharte empor. Wir stehen hier auf der noch scharfen Schneide des Ramsaugebirges. Hohes Kraut und Legföhren hemmen den Weg. Eine alte Almhütte ist verfallen. Herrlich das Erlebnis der nahen Sicht auf den Dachstein und die Zackenlinie des Gosaukammes! Kein Berg ist mehr zwischen uns und diesen königlichen Fel= sen und Firnen. Der prachtvolle Ausblick bleibt unser stän= diger Begleiter beim weiteren Anstieg. Es wird nun sehr steil, das letzte Felsstück zum Niederen Kalmberg ist mit Draht= seilen versichert und erfordert Schwindelfreiheit. Ist der Gip= fei erreicht, so betreten wir Almboden, der weit ausschwin= gend zur Gosauer Seite abfällt. Noch einmal ein kurzer Ab= stieg und die Mühe eines knappen Wiederanstieges, und wir stehen vor dem schlichten Gipfelkreuz des Hochkalmberges. Die Fernsicht dieses Gipfels muß man besonders hervorheben. Von almiger Höhe erleben wir das ganze weite Rund der salzburgischen, steirischen und oberösterreichischen Bergwelt. Goisern liegt wie eine Spielzeugschachtel zu unseren Füßen. Auf der anderen Seite ist es das langgestreckte Tal der Gösau, das uns entzückt. Und immer wieder der Dachstein! Es gehört überhaupt zum Schönsten dieser Voralpenwanderungen im inneren Salzkammergut, daß man ihn stets in neuen Ansicht ten erleben kann. Die dritte Aufstiegsmöglichkeit wird gerne im Winter benützt. Sie führt ebenfalls von der Ramsau über die Ortschaft Muth zum Hochmuth, das mit seinem Tiefblick auf das Goiserer Becken und den Hallstätter See allein schon einen Ausflug lohnt, in weiterer Folge in das Wasserkar und knapp unter= halb der Kammlinie zur Goiserer Hütte. Gastlich sind wir aufgenommen worden. Am nächsten Mor= gen gibt es einen frühen Aufbruch. Vor dem Wanderer breitet Fortsetzung Seite 32 28

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