KARL OETTL Die Post in Oberösterreich L Grundzüge der Entwicklung:^ Eine Durchsicht der geschichtlichen Quellen^ zeigt, daß die ent sprechenden Grundaufgaben des Postbetriebes im wesentlichen gleichbleiben, nur die Mittel zu ihrer Lösung ständig wechseln. Als derartige Grundforderungen an gutes Nachrichtenwesen können größtmöglichste Schnelligkeit, Betriebssicherheit, An passungsfähigkeit, Leistungsfähigkeit für Verkehrsspitzen ver bunden mit größtmöglicher Wirtschaftlichkeit gewertet werden. Die Forderung nach Wirtschaftlichkeit brachte sehr bald eine Kombination des eigentlichen Nachrichtendienstes mit der Personenbeförderung (zuerst durch die Beistellung von Pferden, später durch Postkutschen und noch später Kraftwagen). So zeigt zum Beispiel eine Aufstellung der Einnahmen des Post amtes Eferding über das Jahr 1783, daß das Briefporto 500 Gulden, dagegen das Ritterträgnis 1400 Gulden einbrachte. Die Forderung nach Schnelligkeit und Betriebssicherheit er zwingt zunächst die Verwendung von Tieren, welche schneller sind als der Mensch (Pferd, Hund, Brieftaube), später aber eine möglichste Ausnützung des jeweiligen Standes der Technik. Dampfschiff, Eisenbahn, Elektrotechnik, Kraftwagen, Flugzeug wurden jeweils unmittelbar nach ihrem Erscheinen in den Dienst der Post gestellt. Die Ausnützung der Rakete zur Postbeförderung befindet sich derzeit im Versuchsstadium. Diese technische Entwicklung brachte neue Dienstzweige, wie die Telegraphie, das Fernsprechwesen, den Rundfunk, das Fernsehen und den Postautodienst hervor. Derzeit ist der Ausbau der automatischen Fernsprechtechnik eine Hauptmaßnahme zur Hebung der Wirtschaftlichkeit der Anstalt. Nun zur Anpassungsfähigkeit des Betriebes: Diese zeigt sich bereits in zahlreichen behelfsmäßig „gelegten" Postketten, welche den staatspolitischen Anforderungen (Kriege, Reichstage) des 16. Jahrhunderts entsprechen mußten, aber auch in den behelfsmäßig aufgebauten Fernsehstrecken der Jetztzeit und in den vielen Improvisationen zur Überwindung von Natur katastrophen. Der Forderung nach Anpassungsfähigkeit verwandt ist die Be wältigung von Verkehrsspitzen, welche immer wieder zu Schwie rigkeiten führt. So mußte beispielsweise im Jahre 1621 in einem für Nieder- und Oberösterreich erschienenen kaiserlichen Patent dem reisenden Publikum verboten werden, mit Gewalt Pferde aus dem Stall zu nehmen. Dies zeigt, daß es damals zu unliebsamen Auseinander setzungen mit dem Publikum kam, welche oft krasse Formen an nahmen. So wurde am 24. Juli 1692 in Linz ein Gerichtsverfahren gegen einen Adeligen durchgeführt, der bei einer solchen Gele genheit einen Postillion entleibt hatte. Das Problem, Verkehrsspitzen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu bewältigen, ist bis heute noch nicht völlig gelöst. Die Heranziehung der modernen Technik in der Betriebs wissenschaft (Vereinfachungen, statistische Verkehrsvoraussagen) brachte aber viele Erleichterungen. Daß gerade diese Betriebs vereinfachungen immer wieder auf Bedenken stießen, zeigt fol gende Bemerkung in der Zeitschrift „Oberösterreichische Heimat gaue", Jahrgang 1930, Seite 198: „Im Jahre 1910 wurde mit 1 Tabellarische Übersicht über historische Einzelheiten vgl. Anbang 2 Literaturverzeichnis am Schluß des Artikels Rücksicht auf den von Jahr zu Jahr zunehmenden Verkehr die Abstempelung der einlangenden und transitierenden Briefsen dungen abgeschafft, um deren Zustellung bzw. Weiterleitung nicht zu verzögern; leider ist seither ein genauer Nachweis über verspätete Zustellungen und Fehlkartierungen nicht mehr mög lich." Derzeit geht das Hauptstreben dahin, weniger den Einzelfehlern nachzujagen, als vielmehr den Betrieb als Gesamtheit aufzufassen, ihn gut flüssig und leistungsfähig zu gestalten, wodurch auch die Fehlerwahrscheinlichkeit vermindert wird. Auch die Betriebssicherheit erforderte Maßnahmen, welche sich im Laufe der Zeit stark änderten: So mußten am 15. Jänner 1662 und 16. April 1695 Patente Kaiser Leopolds I. erscheinen, in denen unter anderem der Gebrauch des Posthorns neuerdings der k. Post vorbehalten und den „Postbeförderern" das Recht der bewaffneten Gegenwehr bei Gewalttätigkeiten eingeräumt wurde, weil damals der Verkehr auf den Straßen Ober- und Niederösterreichs durch umherziehendes Gesindel derart unsicher war, daß zum Beispiel mit dem k. Patent vom 19. Februar 1689, das 1696, 1705 und 1722 verschärft erneuert wurde, die Zigeuner sogar als vogelfrei erklärt wurden und der Auftrag erging, sie überall einzufangen und mit Ausnahme der Weiber und Kinder „Ohne Niedersetzung eines unparteiischen Gerichtes, ohne Prozeß und Urteil zu vertilgen". Bei Einbruch feindlicher Heere mußten die Postgelder in Sicherheit gebracht werden. Dem Postmeister von Vöcklabruck Franz von Gruber raubten die Franzosen im Jahre 1801 aus der Amtskassa 135 Gulden, dem Welser Postmeister stahlen sie 1809 260 Gulden amtlicher Gelder. Beide baten um Ermächtigung, den Fehlbetrag abschreiben zu dürfen, jedoch wurden diese Bitten abgelehnt, und zwar, wie im Falle Wels genauer ausgeführt wurde: „Wäre er seinen Verpflichtungen nachgekommen, so hätte er sicherlich Gelegenheit gehabt, das Geld vor dem Durchmarsch der Fran zosen mit einem Postwagen nach Wien befördern zu lassen." Die heutigen Mittel zur Sicherung des Betriebes sind sehr umfang reich geworden, es sei nur einiges aufgezählt: Gepanzerte Wert gelasse in den Postfahrzeugen, Tresors in den größeren Ämtern, bargeldloser Verkehr, Notstromaggregate für den Fall des Aus falles der Stromversorgung wichtiger Dienststellen, Koaxialkabel und Richtfunkstrecken derart geschaltet, daß sie sich bei Stö rungen gegenseitig ersetzen können. Die aufgezeigten Grundaufgaben der Post stellen an den Menschen und an die Technik (hinter der Technik steht aber doch wieder der Mensch) hohe Anforderungen. Es ist daher nötig, den Men schen dafür als Ausgleich gute Lebensbedingungen zu bieten. Diese Tendenz zeigt sich deutlich sowohl im Bau (den mensch lichen Gegebenheiten angepaßte Betriebsräume und Betriebs einrichtungen) als auch im Betrieb (menschengerechte Arbeits bedingungen). XL Derzeitiger Stand des Postbetriebes: Der derzeitige Postbetrieb wird durch den Stand des Wirtschafts lebens entscheidend beeinflußt. Leistungsfähige Industrien, eingestellt auf Massenfertigungen, welche oft die Grenzen des eigenen Staates überfluten, haben sich in bestimmten Gebieten konzentriert (in Oberösterreich ist dies vor allem der Raum Linz—Steyr—Wels—Vöcklabruck). 61
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