Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 3/4, 1959

GEORG GRÜLL 000 Sronfenbiu^er Qi3ürfelf|)lcl Um die Jahrhundertwende war es in Oberösterreich mit dem Archivschutz noch nicht so gut bestellt als heute. Damals bestand in unserem Lande noch kein Landesarchiv, und so war es möglich, daß manche Herrschaftsarchive entweder versteigert wurden oder in die Papiermühle wanderten. Dieses Schicksal erreichte unter anderem auch das wertvolle Archiv der khevenhüllerischen Herrschaften Kammer, Kogl und Frankenburg, von dem nur spärliche Reste im oberösterreichischen Landesarchiv ihre dauernde Bleibe fanden. Im Jahre 1893 wurde es bei der Ver steigerung durch ein Wiener Antiquariat in alle Winde verstreut. Vorher hatte noch die letzte Khevenhüller aus der Frankenburger Linie es dem Kaiser und dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien angeboten, doch wurde von dort aus kein Versuch zur Rettung unternommen. Bei dieser Teilnahmslosigkeit des Staates war es ein Glück, daß die wertvollen Gesandtschaftsbriefbücher in den Besitz des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg gelangten^. Ein ähnliches Schicksal hatte das Herrschaftsarchiv Ort zu er leiden. Hier ist es dem verstorbenen Superintendenten Josef Friedrich Koch von Gmunden (1838—1929) zu danken, daß er die letzten Reste dieses Archives sammelte und schließlich im Jahre 1930 dem oö. Landesarchiv testamentarisch vermachte. Beim Ankauf des Schlosses Ort durch Erzherzog Johann Salvator im Jahre 1880 wurde das ganze Archiv, gegen dessen Absicht, als Altpapier verkauft^. Der nun rekonstruierte Restbestand des Orter Archives, dessen Ordnung im heurigen Jahre abgeschlossen werden konnte, umfaßt nach der Vereinigung mit anderen Fragmenten im Landesarchiv insgesamt 28 Handschriften von 1526 an und 86 Schuberbände mit Akten. Ort war von 1625 bis zu seinem Tode im Jahre 1629 im Besitz des bayrischen Statthalters von Österreich ob der Enns, Grafen Adam von Herberstorff. Welch wertvolle Bestände an Archivalien hier zugrunde gegangen sein mögen, mag wohl die Tatsache bestätigen, daß unter verschiedenen Bauernkriegsakten auch das von Her berstorff teils eigenhändig verfaßte Konzept zu seinem Bericht über das sogenannte Frankenburger Würfelspiel, den er seinem Herrn dem Kurfürsten Maximilian von Bayern erstattete, aufge funden wurde. Mit diesem Bericht werden wir uns noch später eingehend beschäftigen^. Die beiden Hauptbeteiligten an den Ereignissen, welche schließ lich das Blutgericht auf dem Haushamerfelde auslösten, waren der Statthalter in Österreich ob der Enns Graf Adam von Her berstorff und der Oberpfleger der khevenhüllerischen Herrschaften Kammer, Kogl und Frankenburg Abraham Grünbacher. Beide waren Konvertiten und letzterer erst kurz vorher vom evange lischen zum katholischen Glaubensbekenntnis übergetreten. Als altbekannte Tatsache kann gelten, daß Neubekehrte meist in übersteigerter Form ihre neue Weltanschauung geltend machten. Mit dem Reformationspatent vom 4. Oktober 1624 wurde ver fügt, daß alle protestantischen Prediger und Schulmeister abzu danken seien und binnen kürzester Frist das Land zu räumen hätten. Die Protestanten waren so ihrer Führer beraubt und statt dieser wurden in allen Orten katholische Geistliche eingesetzt, welche die Bewohner des Landes in den Schoß der katholischen Kirche zurückführen sollten. Da aber großer Mangel an boden ständigen Geistlichen herrschte, berief man auch solche aus dem Auslande, insbesondere aus den vorderösterreichischen Landen, aus Schwaben, Bayern und aus Italien. Daß diese Männer, die oft nicht einmal die Sprache des Landes beherrschten und die lokalen Rechtsverhältnisse nicht kannten, hier oft nicht heimisch werden konnten, lag auf der Hand. Einen ersten Auflauf der Bauern veranlaßte der wälsche Dechant von Linz Blasius Aliprandinus, als er in der Pfarre Natternbach ebenfalls einen seiner Landesgenossen als Pfarrer installieren wollte. Als er den neuen Pfarrer Ende des Monates Jänner 1625 in sein Amt und in die Kirche einführen wollte, liefen einige hundert Bauern zusammen und erklärten, wenn sie schon einem Pfarrherrn seinen Lebensunterhalt geben müßten, so wollen sie einen solchen, den sie verstehen und von dem sie etwas lernen könnten. Hierauf besetzten sie den Friedhof, versperrten die Kirche, bewarfen schließlich die Geistlichen mit Steinen und benahmen sich so stürmisch und drohten mit einem allgemeinen Aufgebote, so daß der Dechant mit seinem Schützling und dem Kommissär fluchtartig den Ort verließen. Daraufhin ließ der Statthalter fünf Rädelsführer verhaften, lud auch den Herrschafts inhaber von Peuerbach Christoph Hohenfelder vor, bei dem sich die Bauern vorher Rat geholt hatten. Er ließ alle aber bald wieder frei und schrieb in seinem Bericht „um die Wahrheit zu bekennen, daß es unbillig und unzweckmäßig sei, deutschen Bauern einen italienischen Priester aufzudrängen". Mit dieser friedlichen, staatspolitisch klugen Lösung waren jedoch weder der Kaiser noch der Kurfürst von Bayern einverstanden. Ersterer wies ihn an, in künftigen Fällen „durch Strenge ein Beispiel aufzustellen" und letzterer befahl, in Hinkunft gegen die Unruhestifter nicht mehr so glimpflich zu sein, sondern mit wirklichen Leibesstrafen, wie Aufhängen an den Straßen, zu verfahren. Wie wir in der Folge sehen werden, war Herberstorff ein gehor samer Soldat. Die Verantwortung für das Blutgericht auf dem Haushamerfelde ist nicht sosehr ihm, sondern seinen Fürsten aufzulasten. Er war nur das ausübende Organ, das die Weisungen seiner Auftraggeber getreu erfüllte. In den Augen der Bauern aber war Herberstorff der blutgierige Richter, denn sie sahen nur ihn und hörten sein Urteil, während sie die Befehle, die dieser vom Kaiser und Kurfürsten erhalten hatte, nicht kannten^. Wenige Monate nach dem Vorfall in Natternbach wollte der eben zum katholischen Glauben übergetretene Oberpfleger Grünbacher zu Frankenburg auf Befehl der Reformations kommission in Zwispallen, das 1621 zum Markt erhoben und seither Frankenburg genannt worden war, einen katholischen Geistlichen einsetzen. Die Einsetzung sollte am 11. Mai 1625 stattfinden. Die nun folgende Revolte und das darauf erfolgte Blutgericht auf dem Haushamerfelde schilderte Herberstorff in seinem Bericht an den Kurfürsten persönlich®. Vorher hatte er noch am 14. Mai ein eigenes Patent® an alle beteiligten Pfarren, und zwar Vöcklamarkt, Frankenburg, Pöndorf, Gampern und Neukirchen erlassen, in dem er alle „Burger sowoll alß die Pauern, die Inleith und Dhienstkhnecht, sowohl als Haußgeseßne" aufforderte, „morgen Pfingstag, das ist der fünffzehendte Tag May, aufs lengist umb drey uhr nachmittag, jn Haußhamerfeldt bei der großen Lindten, unfellbarlich, doch ohne ainiche wehr und waffen" zu erscheinen: „mit diesem gnedigen erbitten, das wer gnadt begert, gnadt findten solle". Doch nun der persönliche Bericht Herberstorffs'^ über dieses grausame Geschehen, das erst in der neuen Zeit unter dem Begriff „Das Frankenburger Würfelspiel" in die Geschichte einge gangen ist: Den 12. may diss 625ten jahrs, alß ich mich gleich zu Orth befunden, ist mir vom oberpfleger der kevenhillerschen graf- und herschafften dem Grienpacher avis zuekhomben, das nachdem er zu Zwispallen ainen priester eingesezt und darauf die kürchen raittung furgenomben, sich ain auf lau ff von paurn uf solche weiß begeben: Erstlich habe ain burger uf ihme Grienpacher zu Zwispallen in der kürchen das rohr abgetrukht, welches aber versagt, darauf derselbe ihme Grien pacher abermahls das rohr seiner unvermerkht ufm rukhen gesezt und loßgetrukht, aber (zweiflsohne auss der obholt des höchsten) aber mahls nit loßgangen, darauf er mit gfahr leibs und lebens sich in das hauß Frankhenburg retirirt. Den geistlichen haben sy auch ain rohr ufm leib gesezt, welches gleichsfahls nit loß gehen wollen biß das das rohr wider wekhgeben worden, so aber in selbigen wekhnemben

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