Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 3/4, 1959

JOSEF GÜNTHER LETTENMAIR ELEKTRISCHER STROM IN UNSEREN KIRCHEN Unter den Männern, die sich, beginnend mit dem 18. Jahrhundert, zunehmend mit der Erforschung der Elektrizität befaßten, be fanden sich stets auch katholische Prie ster. Einer von ihnen, Abt ]. A. N o i I e t, wurde auf Grund seiner Eorschungsergebnisse zum Mitglied der Französischen Aka demie der Wissenschaften ernannt, ebenso zum Mitglied der Königlich englischen Sozietöt der Wissenschaften. Seine Bücher, ins Englische, Holländische, Italienische und Deutsche übersetzt, regten in diesen Län dern viele Menschen an. Versuche auf elek trischem Gebiet zu machen. Abt Nollet korrespondierte mit vielen an deren Forschern, darunter auch mit dem in Erfurt wirkenden Pater Andreas Gordon, der sich ebenfalls sehr mit der Erforschung der elektrischen Erscheinungen befaßte. Eines Tages teilte Pater Gordon dem Abte mit, es habe (man muß den Geist der Zeit berücksichtigen) bei einigen seiner Erfurter Mitbrüder und auch bei Laien Bedenken ausgelöst, ob man als Katholik und Prie ster in die Geheimnisse der Natur ein dringen, ob man als Priester auf dem Felde der Forschung bahnbrechend vorangehen dürfe. In seinem mit 20. März 1748 datier ten Antwortschrelben drückte Abt Nollet seine Verwunderung darüber aus, daß solche Bedenken zu Erfurt bestehen und schrieb dann: „Man gehet so weit, daß man sogar diese neue Naturlehre frommen und einfältigen Seelen verdächtig zu machen suchet, und mian bemühet sich alles wider Sie In Be wegung zu bringen, als wider einen gefähr lichen Mann, der mancherley Neuerungen in Glaubens-Sachen einzuführen suche. Ist dann der kleine Weit-Theil, worinnen Sie sich aufhalten, in diesem Stücke kützlicher und empfindlicher als Welschland und Spa nien, woselbst die neuere Naturlehre, wie sie es verdienet, aufgenommen worden? Seit wie lange ist es denn gefährlich, den Verstand der Cathollschen in solchen Din gen aufzuklären, die der Urheber der Na tur unseren Untersuchungen dargestellt hat? Heißt das auf eine würdige Weise von der Religion dencken, wenn man dafürhält, daß sie Gefahr lauffe, wann sie gründlicti ge lehrte Männer aufnimmt, und In Ihrem Schoos ernähret? Hat sie der Unwissenheit und Einsterniß etwas zu dancken? Das sey ferne, daß wir also dencken soltenl Wir sind vielmehr überzeuget, daß ein jeder, der eine gründliche Erkänntniß der Wunder der Natur besitzet, weit geschickter als an dere sey, ein tugendhafter Mensch, ein Christ und ein Catholicke zu seyn. Fahren Sie also fort. Ehrwürdiger Herr, die Finster nisse zu bestreiten, welche den Verstand in demjenigen Felde noch verdunkeln, wel ches sie anbauen. Haben Sie nur Geduld und Muthl" Nun, wir wissen, daß Abt Nollet richtig ge antwortet hotte, und wir wissen, daß auch weiterhin die Kirche eine eifrige Förderin der Wissenschaften war und es auch ge blieben ist. An eine Verwertung der Elek trizität war aber weder zu Abt Nollets Zel ten noch hundert Jahre später zu denken. Immerhin liefen (wenn auch ohne prak tische Ergebnisse zu zeltigen) ab 1820 Ver suche, jene Lichtbogenerscheinungen zur Beleuchtung zu verwenden, die entstehen, wenn elektrischer Strom zwischen zwei Lei tern eine Unterbrechung zu überspringen hat. Um 1848 kam man so zur Konstruktion der ersten Flammbogenlampen, doch besaß man nicht genügende Strommengen (Strom war nur aus kostspieligen Batterien und nur in begrenzter Menge erzeugbar). Erst als Werner v. Siemens 1866'das elektrodynami sche Prinzip endeckt hatte und als von dort an große Mengen Elektrizität erzeugt wer den konnten, bekam die Elektrizität freies Wachstum und entwickelte sich In erstaun lichster Welse. Um das Jahr 1880 besaß man schon sehr gut funktionierende Bogen lampen, die man zur Beleuchtung von Plät zen, Höfen, Eabriksälen, Markthallen usw. verwendete. Auf der ersten Internationalen elektrischen Ausstellung (Paris 1881) sah man zum er sten Male in Europa die Edisonsche elek trische Glühlampe. Zugleich war aber auch schon eine österreichische Glühlampe, näm lich die von J. Kremenetzky erfundene, aus gestellt. Die nächste Internationale elek trische Ausstellung (1882 in München) zeigte schon eine Vielfalt von Glühbirnenmustern und auf der dritten Internationalen elektri schen Ausstellung (1883 in Wien) stellten schon mehrere Österreicher, wie Kreme netzky, Krizlk, Pietta, Puluj u. a. m., die von ihnen konstruierten Glühlampen aus. Man besaß Strom, man hotte Lampen. Da mit kami die elektrische Beleuchtung zuerst langsam, dann immer schneller In „Mode" und es drängte sich auch die Frage auf, ob elektrischer Strom für Zwecke der Kirchen beleuchtung herangezogen werden könne. Der da und dort spürbare Widerstand kam nicht so sehr aus relgiösen, sondern mehr aus ästhetischen Gründen: verschiedentlich sah man die naturhafte Wachskerze als die einzig gegebene und zulässige Lichtquelle für Gotteshäuser an. Diese Bedenken wurden aber bald zurück- \: " I. i I' i' I' r t 1 t| I w rZ i p f, Pfarrexpositur, Kirchenneubau, Innen raum. Besonders zu beachten die schlichten und doch wirksamen Beleuchtungs körper. Die technische Zweckform herrscht vor.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2