Stahlhersteller der ganzen Welt geworden. Durch den Entschluß, die Aktien der Brassert-Oxygen-Technik-Gesellschaft anzukaufen, ist eine rein österreichische Erfindung auch international in öster reichische Hände zurückgebracht worden. Die Brassert-Oxygen-Technik-Gesellschaft in Zürich hat bis heute mit 35 erstrangigen Stahlherstellern aus aller Welt Lizenzverträge abgeschlossen, die einen Ausbau von 30 Millionen Tonnen LD-Stahl beinhalten. Die österreichische Wirtschaft bezieht aus diesen Lizenzverträgen wesentliche Einnahmen in Devisen, aber darüber hinaus ist das LD-Verfahren zu einem großen österreichischen Exportartikel der Zweiten Republik geworden. Für die VÖEST und für die Alpine ist der Verkauf dieser geistigen Produkte interessant, aber es interessiert sie darüber hinaus auch die Erbauung solcher Stahlwerke in aller Welt. Die VÖEST hat sich vor sedis Jahren mit der weltbekannten Firma Krupp in Essen zu einer Arbeitsgemeinschaft vereinigt, die gemeinsam LD-Stahlwerke errichtet. In wenigen Wochen wird das LD-Stahlwerk in Rourkela in Indien fertig, und in nächster Zeit werden solche Gemeinschaftsbauten in Spanien und Australien durchgeführt. Die VÖEST wäre nie in den internationalen Hüttenwerksbau hineingewachsen, wenn sie diese Ehe mit der Firma Krupp nicht geschlossen hätte. Heute ist es so weit, daß die VÖEST nicht nur LD-Stahlwerke, sondern auch Walzwerksanlagen in aller Welt errichtet. Das neue Grobblech walzwerk der VÖEST ist zu wesentlichen Teilen im eigenen Maschinenbau und Stahlbau der VÖEST gebaut worden. Erst vor kurzem erhielt die VÖEST von der Maxhütte in Regensburg, deren Generaldirektor Burkart bei der Feier anwesend war, einen Auftrag über ein komplettes Kaltwalzwerk. Damit wird dokumentiert, daß die VÖEST auch auf dem Sektor des Baues von Walzwerken existent ist. Den lebendigen Rahmen des großen Festaktes bildeten etwa 3000 bis 4000 VÖEST-Arbeiter und VÖEST-Angestellte, die im neuen Stahlwerk nicht nur auf dem Hüttenflur, sondern auch auf der Öfenbühne, auf allen Wagen und Pfannen, auf den Gießständen und Stegen standen und mit ihrem Beifall für die Gäste, die Redner und für das Werk nicht sparten. Besonders herzlich begrüßt wurde Vizekanzler Dr. Pittermann, der das Werk, seine Leitung und seine Belegschaft zum erfolgreichen Aufbau und zu dem modernen neuen Betrieb der Stahlproduktion beglückwünschte. Stürmischer Beifall klang auf, als Bundespräsident Dr. Schärf daran erinnerte, daß in einer neuen Welt Eisen und Stahl ihren kriegerischen Wert verlieren und zu Materialien des fried lichen Aufbaues werden. Mit dem Druck auf einen Hebel löste der Bundespräsident schließlich ein Sirenensignal aus und gab damit das Zeichen zum Beginn eines neuen Schmelzvorganges. Vor den Augen der tausendköpfigen Zuschauermenge floß das Roheisen in den Tiegel, und die Sauerstofflanze senkte sich herab, um mit den Blasen zu beginnen. In etwa 350 Personenkraftwagen und zahlreichen Autobussen fuhren die Gäste dann hinüber in die neue, 500 Meter lange Grob blechwalzwerkshalle, die bereits im Vorjahr fertiggestellt, aber erst anläßlich der Anwesenheit der hohen Gäste offiziell in Betrieb genommen wurde. Wieder boten sich den Besuchern rotweißrote Fahnen auf dem Weg, in der Halle, über dem Walzgerüst, und wieder trat der Bundespräsident auf eine Tribüne, von der aus er das Zeichen zum Beginn eines neuen Walzvorganges gab. Glühend und zischend schoben sich die breiten Bleche, mit denen die VÖEST in die erste Reihe der Grob- und Schiffsblecherzeuger Mitteleuropas getreten ist, über den Rollgang, und selbst die eingefleischten Walz werker, die zu vielen Hunderten Zeugen des festlichen Schauspieles waren, freuten sich des Augenblicks, in dem das mächtige Walz gerüst, eines der wenigen Exemplare dieser Größe in Europa, vor den Augen der Gäste einen Block Rohstahl nach dem anderen in Blech verwandelte. Man erinnerte sich dabei, daß vor wenigen Monaten das erste Hochseeschiff aus diesen Blechen, die „LINZERTOR", die Jungfernreise über den Atlantik absolvierte und dal? voraussiditlich im nächsten Jahr das zweite Hochseeschiff aus LDStahl, die „WIENERTOR", vom Stapel laufen wird. Der Abend dieses Tages sah die Belegschaft in beiden Betrieben wieder bei der routinemäßigen Arbeit an den Tiegeln, Kranen und Kokillen, an den Öfen, Maschinen und Steuerständen. Beim Schichtwechsel flatterte noch das Rot-Weiß-Rot zwischen den Hallen und rief den Arbeitern und Angestellten der VÖEST noch einmal ins Bewußtsein, daß dieser Tag unter den vielen Fahnen nicht nur ein innerbetriebliches Fest, sondern eine Demonstration der weltweiten Anerkennung für eine pionierhafte österreichische Gemeinschaftsleistung war. Blick in die große Halle des neuen Stahlwerkes der VÖEST in Linz während des Festaktes anläßlich der Inbetriebnahme
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