Mithras erlebten auch auf dem Boden Oberösterreichs um die erste Hälfte des 3. Dahrhunderts eine Hochblüte. Mithroszellen gab es überall in unserem Land. Widmungen an diesen „Unbesiegten Gott" sind uns aus Bad Ischl und Oberrohr bekannt. Ein sehr schönes Kultbild wurde in Lorch bei Enns gefunden. Gelegentlich der Grabungen in den Bombenruinen der Lin-zer Altstadt konnten Kultbauten des Tempelbezirkes von Lentio mit interessanten Belegen für den Mithrasdienst im 4. Jahrhundert aufgedeckt werden. Mithras war der erklärte Liebling des römischen Militärs auch in den Festungen an der Donau. Alle diese Mysterienreligionen des Ostens trugen eine starke Tendenz zum Mono theismus. Sie forderten von ihren Anhängern ein ernstes Streben noch sittlicher Lauterkeit und boten den Gläubigen zur Uberwindung des Bösen die heilsame Wirkung geheimnisvoller Sühnemittel an. Die Lehre vom Fortleben noch dem Tode schenkte der erläsungsbedürftigen Welt die Hoffnung auf ein besseres Jenseits. Diese wahrhaft providentielle Erneuerung des religiösen Erlebens hat die ganze Gesellschaft durchdrungen und alle Völker des Römischen Reiches auf ihre Ver einigung im Schöße einer universalen Kirche vorbereitet. In einem ungeheuer dynamischen Siegeszug erobert nunmehr die Botschaft ihres göttlichen Stifters Jesus Christus, der sich selber Weg, Wahrheit und Leben nennt, alle Teile des Imperiums. Die aus dem Osten massenhaft importierten Sklaven, die dort ausgehobenen Einheiten des römischen Militärs, die weitgereisten Ver waltungsbeamten und Kaufleute haben die christliche Religion auch in unser Land gebracht. Hier wie überall im Reich warteten auf die junge Kirche, die den An spruch erhebt, die einzig wahre Religion zu verkünden, schwerste Auseinander setzungen mit den bestehenden Kulten. Aber auch die brutale Gewalt von römi schen Kaisern, die die Christen zum Opferdienst vor den Staatsgottheiten zwingen wollten, konnten ihre Verbreitung nicht aufholten. Ja, das Blut der Märtyrer wurde zum Samen für junges, blühendes Leben. In der letzten Phase dieses Kampfes wird aus der anonymen Schar der Bekenner des christlichen Glaubens auf dem Boden Oberösterreichs ein Name deutlich erkennbar: Florianus, eines der Opfer aus der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian (504). Ein Märtyrerkalenderaus dem 6. Jahrhundertvermerkt zum 4. Mai: „In Ufernoricum, im Orte Lauriacum, der Geburtstag Florians, eines ehemaligen Kanzleivorstandes des Statthalters, auf dessen Befehl er mit einem um den Nacken gebundenen Stein von der Brücke in den Ennsfluß gestürzt wurde, wobei ihm, wie alle Umstehenden sahen, die Augen brachen." „Geburtstag für den Himmel" nannte man in altchristlicher Zeit den Sterbetag. In Florian begegnet uns der erste geschichtlich beglaubigte und namentlich bekannte Christ unserer Heimat. Wie sich aus dem Text ergibt, haben wir in ihm keinen Soldaten oder Offizier, sondern den höchsten Zivilbeamten des Statthalters zu sehen. Es liegt die Vermutung nahe, daß er schon während seiner aktiven Dienstzeit als Ohrist bekannt war, und des halb nach dem Ausbruch der Verfolgung als für den römisch^heidnischen Staats dienst untragbar „pensioniert" und „gauverwiesen" wurde. Er begab sich in den Lauriacum benachbarten Stadtbezirk von Cetium-St, Pölten und kehrte, als er von der harten Bedrängnis seiner Glaubensbrüder in Lauriacum-Lorch erfuhr, dorthin zurück, um sie in ihrem Bekenntnis zu stärken. An der Ennsbrücke wurde er erkannt, verhaftet und nach den damals geltenden strafrechtlichen Bestimmungen durch Ertränken hingerichtet. Uber dem Ort seiner Bestattung erhebt sich als würdiges Denkmal das herrliche Stift St. Florian. Kaum ein Jahrzehnt nach diesem Ereignis erhielt das Christentum durch den denk würdigen Vertrag von Mailand unter Kaiser Konstantin (313) die Freiheit. Kaiser wurden Christen und ließen der neuen Religion jedwede Förderung zukommen. Legionsstandarten wurden mit dem griechischen Namenszug Christi „XP" ge schmückt, wie uns die Prägung auf vielen römischen Münzen des 4. Jahrhunderts zeigt. Die Zeit für öffentliche Kirchenbauten war gekommen. Unweit der alten St.-Laurenz-Kirche zu Lorch hoben unsere Archäologen im Johre 1936 innerhalb der Grundmauern der ehemaligen Maria-Anger-Kirche die Reste einer solchen früh christlichen Basilika aufdecken können. Ein besonders kostbares Zeugnis des frühen Christentums in Oberösterreich stellt der Ursa-Grabstein aus Wels dar, den der römische Soldat Flavius Januarius seiner geliebten Gattin Ursa „CRESTIANA FIDELIS", d. h. einer gläubigen Christin, gesetzt hatte. In den letzten Jahren haben die archäologischen Arbeiten des Universitätsdozenten Dr. Amilian Kloiber auf den römerzeitlichen Gräberfeldern von Lauriacum einige sehr wertvolle Beigaben aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts aufgedeckt, die auf das christliche Bekenntnis ihrer Träger schließen lassen. Dazu gehören vor ollem die Fingerringe mit dem Christogramm, Unter anderen erweckt das mit einem Christusrlng ge schmückte Skelett eines ungefähr 16jährigen Mädchens unser ehrfürchtiges Interesse. Diese erste Blüte des Christentums auf dem Boden Oberösterreichs wurde durch den Sturm der Völkerwanderung zerstört. Wie die „Vita Sancti Severini", von Eugippius im Jahre 511 zu Neapel verfaßt, berichtet, hatte der große heilige Severin, als er nach der Hunnenherrschaft in unser Land kam, ein wohlgeordnetes Kirchenwesen vorgefunden. Ihm selber war es aufgegeben, das schwer bedrohte christlich-römische Erbe an der Donau über seinen Tod hinaus zu hüten. Mit dem von Odooker im Jahre 488 befohlenen Abzug der romanischen Bevölkerung aus der verlorenen Provinz noch Italien schließt ein ruhmvolles Kapitel der Geschichte unserer oberösterreichischen Heimat. Eberhard Marckhgott Literatur zum Thema: Kloiber Ämilian, Die Gräberfelder von Lauriacum. Das Ziegelfeld. Linz/Donau, Oberöster reichischer Landesverlag, 1957. Noll Rudolf, Frühes Christentum in Österreich. Wien, Franz Deuticke, 1954. Winter Ernst Karl, Studien zum Severinsproblem. Bernina-Verlag, Klosterneuburg, 1959. Zibermayr Ignoz, Noricum, Baiern und Österreich. Verlag Ferdinand Berger, Horn, Nö., 1956.
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