Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 3/4, 1959

signiert und datiert mit 1712. Die Leinwand, die zur Herstellung des Prachtwerkes benützt wurde, ist aus einem einzigen Stück gewoben (gewiß einzig dastehend in seiner Größe), und es wurde zu deren Anfertigung ein eigener Webstuhl hergestellt, der lange Zeit in München im Rathaus ausgestellt war. Über das Bild finden sich im Stiftsarchiv Kremsmünster zahlreiche Angaben. In einer Notiz vom 14. März 1699 findet sich unter „Sakristei" (Sakristeibuch) die Anmerkung: „Der Altar war wohl fertig, aber wurde nicht aufgesetzt wegen Abgang des bei Wolf bestellten Bildes." Unter dem Datum 21. Mai 1700 — 1706 finden sich folgende Eintragungen: „Briefe des churfürstlich-bayrischen Hof malers und Kämmerer Johann Andreas Wolf an Abt Erenbert und den Kämmerer Weinberger." Am 21. Mai 1700 bereits schrieb er, daß er von des ELämmerers Vater die Nachricht erhalten, Abt Erenbert wünsche von ihm die Verklärung Christi gemalt, worüber er Maß und Grundriß bereits erhalten. Er ver langte ca. 1000 Taler. Am 7. Juni 1700 begehrt er wieder 1500 fi. und sagt, er habe bereits ein Stück Leinwand ohne Naht bestellt; am 12. Dezember begehrt er einen Vorschuß von 200—30011., am S.Jänner 1702, er habe bereits über die Hälfte fertig. Abt Erenberts Nachfolger fordert im Frühjahr 1706 unter angedrohter Exekution die vorgestreckten 200 fi. zurück. In einem Schreiben vom 26. April 1706 an den Abt gibt Wolf alle Gründe der Verzögerung an. Diese werden jedoch von Krems münster widerlegt, da Wolf inzwischen für andere Klöster Bilder geliefert habe. Am 21. Juni 1706 verspricht der Meister das Blatt bis Ende Oktober zu vollenden. Am 31. Juli 1706 schreibt der Kämmererim Namendes Abtes an Wolf, „daß das Bild nicht mehr anständig sei, indem der dazu bestimmte Altar (gemeint ist das vom Garstner Laienbruder Marian Rittinger geschnitzte herr liche, von den vier Evangelisten umgebene Tabernakel) in eine andere Kirche verschenkt worden sei, so daß dem Stifte ein Schaden von 1000 Taler erwachsen, die vorgestreckten 200 fi. soll er zurückzahlen^. Einen Erfolg brachte auch dieser Drohbrief nicht und die Akten schweigen bis 1712. In diesem Jahr findet sich folgende Eintragung: „Joh. Andre Wolf Mallern zu München seyndt für das neue Hochaltarblath die Verklärung Christi accordiertermaßen 1500 fi., dann seinen drei Töchtern anstatt eines ihme versprochenen Recompens 150 fi. zusammen 1650 fi. item dem Herrn Wolf Jakobus Nagel Administrationssecretario zu München für seine wegen nötigen Urgierung dieses Blath gehabte Bemühungen 50 Gulden", ferner „wegen des Webstuhles für das große Extra Blath Transfiguration. Die ist dem Maller Wolf Johann Andree von München gezahlet worden 1000 Daher". Somit war endlich unter Abt Alexander Strasser (1709—1731) das Bild nach Kremsmünster gekommen. In der Mitte des Bildes erscheint, mehr schwebend als stehend, über felsigem Boden, den nur spärlich zartes Gras grünend bedeckt, in erhabener Majestät der verklärte Christus in langem weißem, wie von himmlischem Licht erhelltem Gewand. Von seinem jugendlich-schönen, von blondem Bart und Haar um rahmtem leuchtenden Antlitz geht ein bläulicher, von herrlichem Gelb ins Rötliche spielender Lichtschimmer aus, der wellenartig in hellen Strahlen sich ergießt auf die Engelschar sowie Moses und Elias. All der blendende Glanz, der aus Jesu verklärtem Angesicht gleich einer Sonne uns entgegenstrahlt, vereinigt sich mit dem hellen Scheine, der aus lichten Wolken niederstrahlt vom himmlischen Vater her, der, kaum sichtbar, über dem verklärten Sohne lichtumfiossen schwebt, das gütige Vaterantlitz von schneeig weißem Haar und grauem Bart umspielt. Der Meister hat durch feines Lasieren in des Heilands Antlitz und Glorien schein diese unvergleichlich schönen, durchscheinenden Farbeffekte erzielt: Das Bild verkörperter Reinheit und Heiligkeit! Daher ist es auch nicht zu verwundern, daß jedes Besuchers Auge sich fasziniert auf diese verklärte Lichtgestalt richtet. Zur Linken des Heilandes erscheinen Moses und Elias, letzterer im Vorder grund auf Wolken kniend im erdbraunen, ins Graue schillernden Kleid. Das freudig leuchtende Antlitz ist vom Alter durchfurcht, das Haar weiß, grau der lange, leicht gekräuselte Vollbart und doch so jugendlich hell und frisch der Blick, strahlend vor Glück und Leben empfangend von des Heilands Glorienschein. Hinter Der Tabernakel kam in die Kirche Heiligenkreuz bei Kremsmünster^ heute schmückt er die neue Kirche in Sattledt. An seine Stelle kam in Kremsmünster der herrliche kupfergetriebene und feuervergoldete Tabernakel. ihm erblicken wir Moses in lichtblauem Kleid, die steinernen Gesetzestafeln haltend, die ein Knabe an seiner Seite im Schweben stützt. Da sehen wir ihn, den gewaltigen Führer des Volkes mit dem kühnen, schwarzbartigen Gesicht, zu Füßen der lichtumfiossenen Heilandsgestalt. In der dunklen Erdenzone knien und liegen, geblendet vom über irdischen Licht, von dem sie doch den Blick nicht wenden können, Petrus, Jakobus und Johannes. Ersterer in seinem scharfen Profil dem Elias ähnlich, blickt unverwandt mit offenem Mund auf seinen Meister. Um die kräftige, nackte Brust trägt er ein schmales, karminrotes Tuch, nur leicht mit graubraunem Übergewand bekleidet, hat er sich auf die Knie niedergelassen. Wonnetrunken erhebt er sein Haupt zum Meister empor. Des Lebens Sorgen, die Mühen und Anstrengungen des Fischerhandwerks und nicht zu letzt das Alter haben tiefe Furchen in sein Antlitz eingegraben, wirr ist das graue Haar und weiß der Bart. Aber sein Auge blitzt vor Begeisterung und sein geöffneter Mund spricht: „Hier ist gut sein!" Unter Elias, in gleicher Höhe mit Petrus, lehnt links der Lieblingsjünger Johannes. Das dunkelgrüne Unterkleid und das matt in Rotbraun gehaltene Oberkleid lassen nur den zarten, weichen Hals und die Arme vom Ellbogen an frei. Johannes lehnt mit der Linken gegen den Felsen und das auf diesem liegende Buch gestützt, nach oben zeigend, während er mit der Rechten, ge blendet vom himmlischen Glanz, fast abwehrend gegen den verklärten Meister hinweist. Das schöne, fast mädchenhaftzarte, bartlose Antlitz von langen blonden Locken umwallt, zur ver klärten Heilandsgestalt emporgerichtet, der Mund, aus dem die blendend weißen Zähne verstohlen glänzen, kaum merklich ge öffnet. Ja, so sieht des Meisters Lieblingsjünger, der reine Engel im Fleisch aus, so selig verklärt, so weltentrückt und unschuldig rein das Auge, das nie der Sünde Schmutz getrübt, so leuchtend die Stirne, auf der in übernatürlicher Schönheit die keusche Seele sich widerspiegelt. Und ganz im Vordergrund kauert in licht blauem Mantel am Boden Jakobus, das bartlose, aber wetter gebräunte, dunkelhaarige Haupt verzückt nach oben gewendet. Mildes, freudiges Lächeln umspielt leise den schöngebildeten Mund. Unterhalb der Petrusfigur findet sich die Signatur: 1712 / AW / Monachii. Nun kommen wir zur lichten hellen Engelschar! Man weiß wirklich nicht, wo anfangen, so viele der seligen Geister umschwe ben den verklärten Heiland, und man weiß nicht, welche man zuerst betrachten und bestaunen soll, so schön sind sie alle. Zu des Heilands Füßen, im Schatten kaum sichtbar, gucken drei geflügelte Engelköpfchen hervor, links zur Seite zwischen Christus und Elias schwebt ein allerliebstes, nacktes Englein, die reichen Falten des schneeig weißen Kleides haltend, selbst leicht schwebend und nach vorne blickend, herab auf die verzückten Apostel. Unterhalb der Rechten Jesu erscheint ein geflügeltes Englein mit gekräuseltem Lockenhaar, gleich dem ersteren, aber dem Be schauer mit der Rückseite zugekehrt, das reich gefaltete herab wallende Kleid haltend. Dieses Englein unterstützt ein anderes, das fast ganz in den Falten des Kleides verborgen, ebenfalls zum Heiland blickt, die Händchen voll Staunen und Anbetung vor der Brust gefaltet. Etwas rechts oberhalb Petri Haupt schwebt ein großer geflügelter Engel. Lockenkopf, Brust und Arme sowie die schön geformten zarten Hände sind unbekleidet, indes der Faltenwurf des lichtroten Kleides den rechten Arm teilweise bedeckt. Hinter dieser Engelsgestalt erfreut das Auge ein aller liebster pausbackiger Putto, in kindlicher Unbefangenheit zum „Göttlichen Kinderfreund" aufblickend, die Händchen fromm nach Kinderart gefaltet, der Typus eines reinen, unschuldigen Kindleixis. Links von ihm sehen wir einen teilweise zart beklei deten großen Engel mit Flügeln, das dunkelgelockte Haupt dem Beschauer zugekehrt, geheimnisvoll staunend, fast traumverloren und doch wiederum auffordernd. Was will er uns künden? Mit der Linken weist er auf sein Ohr, das soeben des himmlischen Vaters Stimme vernommen, die Rechte hält er gegen den Mund, als wollte er sagen: „Sei still und horch!" Schon fesseln uns zwei große Engel, der eine oberhalb des zuletzt geschilderten mit leichten, weit ausgebreiteten Flügeln und rei chem, wallendem Kleid, das lockige, verzückte Angesicht gegen die Lichtgestalt gerichtet, die zarten bloßen Arme über dem entblößten Hals anbetend übereinandergelegt. Und weiter ruht mit Wohlgefallen unser Blick auf einer der herrlichsten Engel16

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