„Tod des hl. Joseph" in Garsten Die unter Abt Anselm Angerer von den Carlones erbaute Kirche wurde 1693 feierlich durch den Passauer Bischof geweiht. An dieses Fest anknüpfend, werden in einer Chronik die Altäre beschrieben, darunter der des hl.Joseph, der durch den Pinseides von seinem Kurfürsten hochgeschätzten Malers Johann Andrä Wolf aus München verherrlicht worden sei. Dieses Meisterwerk, heißt es weiter, in dem mit größter Naturwahrheit und Treue darge stellt wird, wie sich unter dem Gebet und Segen der bei dem Sterbenden knienden Maria und ihres Sohnes seine Seele vom Körper losringe, sei mehr durch Bitten des Abtes als durch Geld verheißungen, die kontraktlich auf 550 fl. festgesetzt waren, in den Besitz des Klosters gekommen. Das Bild war in München in der Jesuitenkirche öffentlich ausgestellt, hat zahlreiche Bewunderer gefunden und dem Abt Anselm so gut gefallen, daß er es in Kupfer stechen und 1000 Abdrücke davon machen ließ. Ob das Werk erst 1693 oder schon früher nach Garsten kam, ist nicht erwähnt^. Der Heilige, dessen Haupt, von schwarzem Bart umrahmt, be sonders ausdrucksvoll hervortritt, ruht auf einem bildeinwärts gestellten Lager, Maria und Jesus zu Häupten des Sterbenden, durch einen die Kerze haltenden Engel zu einer harmonischen Gruppe vereint, bilden ein intimes geschlossenes Ganzes. In dieser Gruppe, die durch das Zusammenklingen der nahegerückten Hände — der segnenden des göttlichen Sohnes, der gefalteten Marias und der haltenden des Engels — noch einmal verbunden ist, schweben mit der Taube des Hl. Geistes allerliebste kleine Putten mit aufgeschlagenem Buch, Blumenkränzen, weißen und roten Lilien. ^ Die Malweise des Bildes spricht dafür, daß es nicht oder nicht viel vor 1693 entstand. V:,,' , m .Ä-r V '• I s \y\ fa' N'- ' I /, ^7 '4 P-y* fl — * • In dämmernder Nacht, fast schon außerhalb des Lichtscheines der Kerze, gewahren wir noch zwei große betende und Weihrauch gefäße schwingende Engel in blauen und gelben Gewändern. Rührend in seiner Geste ist der kleine Himmelsknabe links unten in dem hellblauen Fähnchen, der mit der Sanduhr in der Hand mitleidig und zugleich selbstbewußt den Puls des Sterbenden fühlt. In altkluger Gebärde deutet er an, daß der Tod nahe. Das Entscheidende ist, von der gelungenen Komposition abge sehen, in diesem Bild das Licht, das von der einzigen Lichtquelle, der zwischen Maria und Jesus flackernden Kerze, ausgeht und Köpfe, Hände und Gestalten ähnlich wie in des Künstlers „Abend mahl" von Landshut (um 1690) erhellt, doch leuchtet es hier nicht so kleinteilig in unruhig zitternden Flecken, sondern es legt sich überall wie ein milder Schimmer über die gesamte Bild fläche. Dabei lockert es die Komposition und bindet sie an den gemeinsamen dunklen Hintergrund. Interessant ist ein Vergleich des Garstener Bildes mit dem „Tod des hl. Joseph", aus dem Jahre 1685 datiert und signiert, einst Hochaltarbild des Josefspitales in München, jetzt in einem Gang dortselbst. Wir ersehen daraus, wie sehr sich Wolf in den wenigen zwischen beiden Schöpfungen liegenden Jahren von fremden Einflüssen in kompositioneller und koloristischer Hinsicht frei gemacht hat. Während das Münchener Altarblatt noch in eine untere und obere Zone zerfällt, tritt uns in Garsten eine weit zwanglosere, zusammengefaßtere Komposition entgegen. Maria und Jesus sind, wie schon erwähnt, zu Häupten des Sterbenden vereint, nicht mehr wie in München auf Kopf- und Fußende verteilt. Auch das Licht hat nicht wie im Münchener Bild das Harte und Trennende, sondern erfüllt mit seinem warmen Schein die gesamte Bildfläche. In den graphischen Sammlungen Mün chens findet sich eine Zeichnung, die den Bildgedanken und -aufbau klar zeigt und sich durch zügige Konturen und freieren Strich besonders in Wiedergabe von Haar und Falten von dem noch mehr Kleinlichen der Skizze zum Altarbild Münchens aus dem Jahre 1685 unterscheidet. Im Vergleich zur Zeichnung ist das in Garsten zur Ausführung gelangte Altarbild, in dem die auf dem Entwurf noch weit ausgreifenden Arme Mariens und Jesu hereingeholt und diese Gruppe durch die Gestalt des kerzen tragenden Engels abgerundet ist, in innerer Geschlossenheit über die Skizze hinausgewachsen. Es macht sich hier ein Vorstoß in Richtung einer Auflockerung und Vereinheitlichung deutlich bemerkbar. Die „Verklärung Christi" in Kremsmünster Hinterläßt schon das Bild in Garsten auf jeden Besucher einen nachhaltigen Eindruck, so überwältigt der Anblick des Hoch altarbildes in Kremsmünsters altehrwürdigem Heiligtum. Fas ziniert und zugleich mit magischer Gewalt hingezogen steht man vor diesem prächtigen, durch Komposition wie Farbwirkung gleich fesselnden Riesengemälde. Schon früher hatte Wolf für österreichische Kirchen gearbeitet, so 1685 für die Jesuitenkirche zu Innsbruck die Apotheose des hl. Judas Thaddäus, 1693 das früher erwähnte Altarbild für Garsten. Aber mit den Seitenaltarbildern blieb Wolf doch immer hin nur einer unter den vielen meist österreichischen Malern. In Göttweig nun war es 1694 die Himmelfahrt Mariens, wie acht Jahre später in Kremsmünster, das den ganzen sakralen Raum beherrschende Hauptwerk, das Hochaltarbild, das von den kunstsinnigen Äbten ihm, dem fremden Künstler, anvertraut ward, und dies in zwei Stiften, die zu den allerersten Österreichs gehören, die in einem Atem mit Melk und St. Florian genannt werden. Damit war Wolf mit einem Schlag an die Seite der ersten österreichischen Maler seiner Zeit vorgerückt. Die bereits unter Abt Johannes (1672—1689) bestellte Llimmelfahrt Mariens kam 1694 unter Abt Berthold nach Göttweig auf den Hochaltar, eines der bedeutendsten Altarbilder aus des Meisters Hand, 5,80 Meter hoch, 3,80 Meter breit; drei Handzeichnungen, hievon zwei koloriert, bewahren die graphischen Sammlungen zu München und Aschafienburg. Leider hat sich eine Skizze zum Kremsmünsterer Hochaltarbild nicht erhalten. Die „Verklärung Christi" in Kremsmünster ist Wolfs gewaltigstes Werk, zugleich das größte Altarbild Oberösterreichs, grandios schon in seinen Ausmaßen von sechseinhalb Meter mal vier Meter,
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