Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 3/4, 1959

Selbstbildnis von Johann Andreas Wolf in der Alten Pinakothek in München Gottfried Engelhardt Zwei Hauptwerke des bayerischen Hofmalers Johann Andreas Wolf in Oberösterreich Johann Andreas Wolf wurde am 11. Dezember 1652 als Sohn des Malers Jonas Wolf in München geboren. Betrachtet man die künstlerische Laufbahn und Entwicklung des Meisters, so führt sie über eine kurze Beeinflussung durch Schönfeld zu Karl Loth, der sich, gebürtiger Münchner, bereits in jungen Jahren in Ve nedig niederließ. Unter dem Namen Carlotto brachte es dieser begabte Künstler zu hohem Ruhm^. Durch ihn übertrug sich der Einfluß eines Caravaggio, Ribera und vor allem der Venetianer mit ihrem leuchtenden Kolorit auf Wolf. Als drittes und letztes Vorbild wird Raffael Santi genannt, dessen Zeichnungen und Gemälde zeitlebens von bedeutender Wirkung auf Wolfs Schaffen blieben. Ist doch selbst bei seinem größten Spätwerk, der „Verklärung Christi" in Kremsmünster, ein Anklang an Raffaels gleichnamige Darstellung in Christi Haupt, in Elias und der Gestalt Petri sowie dem „Gletschergrün" in den Schattenpartien des weißen Kleides Christi unverkennbar. Im übrigen aber geht der genial begabte Künstler bald seine eigenen Wege. Neben all den aufgezeigten Einflüssen wird Wolf zum selbständigen Träger eines neuen sich anbahnenden Gene rationsgeistes. Charakteristisch für seine Blütezeit sind die kleinen Köpfe, die Streckung aller Proportionen, die schmalen Gelenke, eng anliegenden Gewandfalten sowie die Tendenz einer beherr schenden Körper- und Ausdruckslinie. Wolf war kein rascher ^ Neben Wolf waren Michael Rottmayr v. Rosenbrunn, Johann Carl v. Reselfeldt, Peter Strudel und Daniel Saiter (Syder) Loths Schüler. — In Ober österreich finden sich Bilder von Carl Loth in Kremsmünster: „St. Petrus und Paulus" und „St. Johannes und Paulus"; in Christkindl die ,.Kreuzigung Christi". — Von Peter Strudel stammen die Altarbilder der hl. Kunigunde und Magdalena in Garsten; die für den Floriani- und Kreuzaltar in St. Florian gemalt wurden, wurden durch andere ersetzt. — Die Altarbilder St. Katharina und St. Bernhard in Schlierbach, die Kreuzabnahme der Abteikapelle zu Kremsmünster, ein St. Augustinus für St. Florian (jetzt in der Gemälde galerie) sowie ein St. Qiiirinus für Kleinmünchen stammen von Michael Rottmayr. — St. Agapitus und Candida in der Kremsmünsterer Stiftskirche sind Werke Syders. — Über Reselfeldt siehe „Oberösterreich" Jg. 6, H. 1/2 (Sommer 1956). Arbeiter, machte für jedes Bild meist mehrere Skizzen; er ließ die Auftraggeber oft lange warten, wie wir dies in Kremsmünster und Göttweig sehen. Freilich dürfte zu dieser Zeit die geschwächte Gesundheit viel zur Verzögerung beigetragen haben. Vom Künstler sind uns 75 Ölgemälde erhalten, 71 Ölbilder sind ver schollen; außerdem geben uns noch III Handzeichnungen, die meisten in den graphischen Sammlungen in München, einen interessanten Einblick in sein künstlerisches Schaffen. In Öberösterreich gilt außer den beiden zu besprechenden Haupt werken in Garsten und Kremsmünster noch ein Bild als des Meisters Werk. Es ist dies der „Tod der hl. Theresia" in der Karmeliterkirche in Linz. Der archivalische Beleg weist zwar auf Wolf, doch spricht die ganze Malweise und die Art der Personen typen für Wolfs Schüler Degler, der auch noch einige von Wolf unvollendet hinterlassene Bilder zu Ende gemalt hat. Unter den verlorengegangenen Werken wären das 1699 für die Stiftskirche St. Florian bei Linz gemalte „Letzte Abendmahl", der „Abschied Jesu von den Jüngern", die „Fußwaschung" und zwei Supra porten aus den Jahren 1700 und 1707 für die gleiche Kirche zu erwähnen. Charakteristisch für die erste Schaffensperiode (1672 — 1693) ist der individuelle, vor allem in der Lichtführung unruhige Stil, dessen Komposition meist in einem diagonal geschnittenem pom pösen Dreiecksaufbau besteht. In der folgenden Periode (1693 — 1708) bahnt sich eine Einheit im Bildaufbau an, das Dreieck system wird abgelöst durch den einheitlich zusammenfassenden Bogenschwung und das Diagonalkreuz. Die Figuren werden in ihrer Bewegung ruhiger, eine inner e Kompositionsgeschlossenheit in nicht mehr flackernder, sondern ausgeglichener-, das ganze Bild durchflutender Lichtgebung sind für diese Entwicklung be zeichnend. Der Luftraum weitet sich, Säulenarchitektur und Durchblick in die Landschaft vertiefen die perspektivische Wir kung.

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