(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 1/2, 1959

,,Morselli oder Kheisersstrüzele" (mit Gewür- zen vermengte Zucke11waren) und Ze ltl „auf den Tisch" (zur Mahlzeit). Auch Papier für · ein Buch.regal bezog ,die Schreibstube einmal. Damals führten die Apotheken noch man- cherlei Artikel, die ,darauf hinweisen, daß sich die Apotheken möglicherweise aus Kram- oder Gewürzläden entwickelt !haben. Die Apot!heke „Zum Schwarzen Adler" am Hofberg versorgte die Kanzleien des Land- hauses mit Siegelwachs und lieferte an die Landstände in Pestzeiten Räucherwerk und Medikamente. In der Hofberg-Apotheke kauften die Stände a uch das für die Instand- haltung und Reinigung der Waffen in der Rüstkammer verwendete Baumöl. Besonders erwäJrnt sei die Lieferung von Oblaten für den in der Landhau skirche -gefeierte n evange- lischen Gottesdienst, wor über die ständi schen Geschäiftsbücher in den Jahren 1613 bis 1619 A,ufschluß geben. Die Ausbildung der Apotheker vollzog sich damal s und noch lange Zeit nach1her in hand- werklichen Formen, indem sich die Apotheker ihren Nachwuchs selbst heran zogen. Meist war eine sechsjähri ge Lehrzeit und außerdem die genügende Kenntnis ,der lateinischen Sprache vorgeschrieben. Auf Hochschulen ausgebildete Apotheker waren in den ersten beiden Jahrhunderten der Neuzeit noch selten. Erst durch die Sanitätsordnung Maria Theresias vom Jahre 1770 wm,de es in Oster- reich z ur Vorschri,f t, daß jeder Aporheker an einer erbländi schen Universität ,geprüft sein mü sse. FrüJ1Zeitig bemühten sich in Oberösterreich die Landstände, das Gesundh eitswesen durch Sanitätsordnungen und Vorsch rifcen für die ei nzelnen Berufsgr,uppen zu re,geln. Ihren hygienischen Stab bildeten die von ihnen be- soldete n Landschaftsphysiker ( = Arzte), deren es im Jahre 1593 schon fünf gab. Die- sen oblag außer der gesundheitlichen Be- treuun g der Landschaftsrnioglieder die Aus- arbeitung von Gutachten über wichtige Fragen der Gemndheitspflege, die regelmäßige Visitation der Apotheken und die Prüfung und Überwachung ,der Wundärzte, Bader und Apotheker des ,ganzen Landes. Sie hatten z,u Pestzeiten a us ihrer Mitte eine n Magister sanitatis (Pestarzt) z u wäh len, der die Be- handlu ng der · Pestkranken allei n besorgen mußte. Schon 1552 hatten die Arzte ein Gutachten über die Apotheken mit dem Entwurf einer für das ganz e Land geltenden Apotheker- ordnung ausgearbeitet. 1571 wur,de eine aus 30 Artike ln beste'hende allgemeine Sani täts- ordnun,g für das Land ob •der EnQs verfaßt, die allerdings erst 1597 in Kraft trat. Um 1615 erhielten die Apooheker ihre eigenen Artikel, die durch ,das den Linzer Apothekern von Kaiser Karl VI. im Jahre 1717 erteilte Privileg abgelöst wurden. Maria Theres: :i stellte sch ließlid, in ihren Patenten von 1770 und 1773 das gesamte Österreichische Sanitäts- wesen auf neue Grundlagen, wodurch ein er- seits der Einfluß der Landstände fast völlig verschwand und anderersei ts die in ,den ein- zelnen Ländern bisher mehr oder we111ger eige nständige Entwick lung in eine einheit- liche Bahn ,gelenkt wurde. Da dem Beruf des Apothekers damals wie heute im Rahmen des Gesundheitswesens eine w ichtige und verantwortungsvolle Auf- gabe zukam, ist es vers tändlich, daß die Re- - .. . ! - - -- .. , , ~ ~ Das Haus mit der im Jahre 1674 errichteten Apotheke „Zur Goldenen Krone" (,,Wasserapotheke") am Hauptplatz; 1872 im Zuge der Ausgestaltung des Brückenkopfes (Bau der eisernen Donaubrücke) abgerissen. Nach einer alten Photographie Unten: Johann van Beethoven, der Bruder des großen Komponisten, Inhaber der „Wasserapotheke" von 1808 bis 1816. Gemälde von Ludw ig Grosz, 1841, im Historischen Museum der Stadt Wien. Att/- nahme Pressestelle der Stadt Wien, Bilderdienst gieru11Jgss tell en bestrebt waren , sich einen ent- sprechenden Einfluß auf .die Besetzung der Apotheken zu sichern und die Arzneiberei- tung un,d -verwahrung laufend zu über- wachen. Seit 1552 verlangten daher die Ord- nungen von allen, die sich um die Erlaubnis zur Führung einer Apotheke bewarben, daß sie sich einer Prüfung durch das Koll egi um der Landschaftsärzte unterzögen. Ob das Examen, das unt er Beiziehung eines Apothe- kers und verschiedener Vertreter der Orts- obrigkeit abgehalten werden sollte und eine uheore tische und praktische Erprobung vor- sah, tatsächlich immer durchgeführt worden ist, bl,eib t für die erste Zeit zweifelhaft. Prüfungszeugnisse sind jedenfalls erst seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts er- halten geblieben. Außer der P r üfung schrieben die Ordnungen auch die Ablegung eines BeTufseides vor. An- sons cen war der Apotheker als Bürger und Gewerbetreibender, sofern er nicht als Hof- oder Landschaftsapotheker eine Sonderstel- lung genoß, der Juri sdiktion der Stadt unter- worfen und mußte vor der Übernahme der Apotheke den gewöh nl ichen Bürgereid leisten. Die Landschaftsärzte hatten im Interesse der Volksgesundheit durch regelmäßige Visita- tionen da-fi.ir w sorgen, daß in den Apoohe- ken alle wichti gen Medikamente vorrätig und sachgemäß gelagert waren , die zusam- mengesetzten Arzneien jedoch nach Vorsclu-ift des Arztes und entsprechend dem jeweils vorgeschriebenen amtlichen Arzneibuch (Pharmakopöe, Dispensatorium) frisch z ube- reitet w urden. Auch h ierin ist es in ,der Praxis woh l nicht immer so streng zugegangen , und in der ersten Zeit sind, wie wir wissen, oft- mals Jahrz ehnte ver,gangen, bis eine offizielle Apothekenvisitation zustande kam. Immerhin sind uns zahlreiche Nachrichten über Apothe- kenuntersuchungen, denen ja zu Pestzeiten oder bei anderen epidemischen Krankheiten besondere Bedeutung zukam, bis in die Mitte des 18. J ahrhundens erhalten geblieben. A ls dr itte ,Linzer Pharmakothek ,errichtete im Jahre 1674 Nikolaus G i I t g e s , der vorher a ls Provisor (Geschäfcsfü hr.er ) in der Apo- theke „Zum Weißen Adler" tätig ,gewesen wa r, am Hauprplatz die Apot1heke „Zur Gold enen Krone", die ihrer Lage wegen viel- fach a·uch Apotheke am Wassertor oder ein- fach Wasserapotheke gena nnt wur,de (heute im westlichen Finanzgebä ude unter 1 gebracht). Ihr Inhaber in den JaJ,ren 1808 bis 1816 war Johann van Beethoven , der Bruder des großen Komponisten. Er begründete auch als erste Apotheke in Urfahr 1816 die Apotheke „Zum Goldenen Adler" (heute Hauptstraße Nr. 30). Aus der langen Reihe der Männer, die in den alten Linzer Apotheken seit dem 16. J a hr- hundert zum Wohle der Bürgerschaft ihre Arzneien bereiteten, seien nur einige bedeu- tende Namen her-vorgehoben . -Ein angesehe- ner und ti.ichti,ger Apotheker war der a us 61

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2