(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 1/2, 1959

Daß der große Stausee, der von Mitte Mai bis M itte November gefüll t und an modernen Verkehrsstraßen gelegen sein wird, ohne Zweifel viele Erholungsuchende und Schaulustige anziehen wird, versteht sich von selbst. Die Seefläche hat eine Größe wie der Wolfgangsee. Das ruhige Wasser und die zahlreichen geschützten Sonnenplätze tragen dazu bei, daß sich der Speichersee ebenso erwärmen wird wie unsere Salzkammergutseen. Ein Landschafts- schutzgesetz wird die Verbauung der Seeufer in einem ver- nünftigen Rahmen halten müssen, so daß der Vorbeiziehende überall an den See herankommen kann. Der besondere Vorteil des Speichersees Kastenreith liegt aber darin, daß er als größter Badesee Ostösterreichs in leicht erreichbarer Nähe der Groß- städte Linz, Graz und Wien liegt. Der Fremden- und Durchzugs- verkehr wird damit dem ganzen mittleren Ennstal neue Erwerbs- möglichkeiten bringen. Nach den Berechnungen der Ennskraftwerke-AG werden die Gesamtkosten rund 3 Milliarden Schilling betragen. Die Auf- bringung dieser Mittel verteilt sich auf 6- 7 Jahre, so daß die erforderlichen Jahresraten im Mittel etwa 500 Millionen betragen werden. Da aber für den österreichischen Energieausbau ent- sprechend der Verbrauchszunahme jährlich allein etwa 1,5 - 2 Mil- liarden S aufgebracht werden müssen, wird Kastenreith neben anderen großen Energiebauten realisiert werden können. Die Gesamtbaukosten des Speicherkraftwerkes Kastenreith bleiben nach Ansicht führender Fachleute in einem Rahmen, der den Speicher Kastenreith in die vorderste Reihe der ausbauwürdigen österreichischen großen Speicherprojekte rücken läßt. Nach Vorliegen des detaillierten Entwurfes von Kastenreith wurde von den Landeshauptleuten Oberösterreichs und der Steiermark eine Expertenkommission zur Überprüfung des Pro- jektes und zur vergleichenden wirtschaftlichen Betrachtung mit anderen Ausbauvarianten an der mittleren Enns eingesetzt. Wenn auch die Kommission nicht in allen Fragen zu einer einhell igen Auffassung gelangte, so erarbeitete sie doch alle Grundlagen, die zur Beurteilung des Speicherkraftwerkes Kasten- reith und zu einem Vergleich mit anderen Ausbauvarianten notwendig waren. Die Ansicht des Vorsitzenden der Kommission, Herrn Prof. Dr. Grengg, Kastenreith sei ein Übergangstyp zwi- schen Laufwerk und Langspeicherwerk, zugleich aber auch Kurzspeicherwerk, bestens gelegen und ein Wasserkraftprojekt hohen Ranges, das zu seiner Verwirklichung das einhellige Zu- sammenwirken aller Beteiligten und somit den Vorrang im österreichischen Gesamtausbauprogramm erfordere, wird durch ein gesondert erstattetes Gutachten der beiden ausländischen Kommissionsmitglieder ergänzt. Herr Direktor Dr. Fuchs von de1: Rhein-Main-Donau-AG und Herr Direktor Dr. Ing. Blank von der Elektrowatt Zürich faßten als namhafte europäische Energiefachleute ihr Gutachten in folgenden Schlußfolgerungen zusammen: Das Speicherkraftwerk Kastenreith ist die vom gesamten öster- reichischen Gesichtspunkte aus anzustrebende Lösung für den Ausbau der Enns in der zur Diskussion stehenden Strecke. Es erlaubt, aus der vorhandenen Rohwasserkraft ein Höchstmaß an Ertra~ wirtschaftlich zu gewinnen. Von noch wesentlicherer Bedeutung als die nach dem Verbund- tarif nachzuweisende Wirtschaftlichkeit des Speicherkraftwerkes Kastenreith ist unserer Auffassung nach die Tatsache, daß Kasten- reith offensichtlich unter den in Österreich möglichen Speicher- projekten mit an erster Stelle steht - nach den der Kommission zur Verfügung stehenden Unterlagen besser wäre als die anderen zur Diskussion stehenden Großspeicherprojekte - und überdies das einzige nahe dem Verbrauchsschwerpunkt liegende derartige Projekt wäre. Diese einmalige Möglichkeit würde durch den Ausbau der Enns auf dieser Strecke mit Laufwerksstufen für immer verbaut werden. Im Hinblick auf die zu einer Entscheidung drängenden Verkehrs- fragen und im Interesse der Bevölkerung des Ennstales ist eine eheste Entscheidung anzustreben. Nach Vorliegen dieser Untersuchungen, welche die hohe energie- wirtschaftliche Qualität des Speicherprojektes Kastenreith er- wiesen haben, hat die Verbundgesellschaft den Baubeginn in ihrem Finanzierungs- und Ausbauprogramm für das Jahr 1961 festgesetzt . Dieses Programm wurde bereits vom Ministerrate genehmigt. 48 DIE AKTUELLEN Wassermenge, Gefälle, die geologi schen und morphologischen Verhältnisse des Flußgrunde s sowie der Talf lanken, Entfer- nung von den Energieverbrauchsschwer- punkten und sch l ießlich die an einem Ge- wässer gegebenen was serrechtlichen Ver- hältnisse b i 'jen die Grundlagen für die Bewe rtung einer Wasserkraft. Die e rwähnten Vorbedingungen sind an der Enns sehr günstig, und zwar nicht nur an jenen Flußabschnitten, welche bereits durch die fünf in Betrieb stehenden Groß- kraftwerke der Ennskraftwerke-AG mit einer mittleren Gesamterzeugung. von 826 Mio kWh genützt werden, sondern auch an den sehr weiten Strecken des noch un- verbauten Flusses, die alle-in das beacht- liche Gesamtpotent ial von rund 1,4 Mill iar- den kWh besitzen . Zu ihrer Nutzung hat d ie Ennskraftwerke-AG fünf weitere große Werke projektiert, von denen die zwischen den bestehenden An- lagen Großraming und Ternbe-rg gelegene Stufe Losen stein im Herbst 1958 zu bauen begonnen worden ist. Losenstein wurde als Niederdruck- Staukraftwerk in der an der Enns üb l ichen Bauweise geplant, und es ist vorgesehen, daß es so wie a ll e anderen An lagen an der unteren Enns fm Sehwellbetrieb ge- führt werden so l l. Die Le istung beträgt 32 MW und das mittlere Jahresarbeitsver- mögen 172 Mio kWh . Die Bauarbeiten sind voll angelaufen und gehen programm- gemäß weiter, wobei die hier bereits ab 1956 geleisteten größeren Vorarbeiten sich vorteilhaft auswirken. Beim Hauptbauwerk sind derzeit ca. 500 Arbeiter eingesetzt. Hier wurde das An- schlußgleis zum Bahnhof geschaffen, der große Bauhof samt allen notwendigen Werkstätten errichtet und das Wohn lager für eine Be legschaft von 500 bis 600 Mann erbaut, welches mit Zentralheizung, Was- serspülung, Badebaracken, San itätsräu- men und e-inem großen Speisesaal mit Küche ausgestattet ist. Die Betonherste l lung erfolgt vo l lautoma- tisch in einem Voege leturm, der eine Stun- denleistung von 60- m 3 besitzt. Es ist seh r interessant, daß hier mit dem Ziele einer äußerst wirtschaftlichen Betonherstellung folgender Weg beschritten wurde: Die Be- tonzusch lagstoffe werden aus dem Aushub des künftigen Unterwasserkana ls des pro- jektierten Werkes St. Pantaleon gewonnen und dort an Ort und Stelle in einer eigens dazu errichteten großen Kiesaufbereitungs- anlage gewaschen und nach den Korngrö- ßen sortiert . Der Abt ransport des aufberei- teten Kieses nach Losenstein erfolgt mit der Bundesbahn. Der e-igent l iche Kraftwerksbau, also de r von Wehranlage und Krafthaus, wird sich in drei Bauphasen unter dem Schutze- von Fangdämmen vo ll ziehen. De r eben fert ig gewordene, an das l inke Ennsufer ange- schlossene Fangdamm I hat die Baug rube 1 geschaffen, in we lcher der zwischen Wehr- anlage und Krafthaus angeordnete mäch-

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